Mit neuer Inspiration am Ball

Oslo · Noch einmal Fußball-Weltmeister werden: Bundestrainer Joachim Löw will 2018 bei den Titelkämpfen in Russland erneut auf den WM-Thron. Danach muss aber noch lange nicht Schluss sein.

In die Seele von Joachim Löw zu blicken, ist kein einfaches Unterfangen. Der Bundestrainer steht seit mehr als einem Jahrzehnt im Rampenlicht und bewegt sich dort - abgesehen von gelegentlichen stressbedingten Aussetzern an der Seitenlinie - sicher und elegant. Reporterfragen handelt er meist souverän-routiniert ab. Da hilft es, wenn Überraschendes passiert - wie am Samstag im Ullevaal-Stadion. Ob er, Löw, Schuldgefühle habe, wenn seine Weltmeister verlieren, wurde er gefragt. Nicht von einem Reporter, sondern von einem der eigens geladenen Kinder der deutschen Schule in Oslo . Löw lächelte verlegen. Es sei schön, Nationaltrainer zu sein, sagte er, "und schwer manchmal. Wenn man verliert, gibt es Enttäuschungen, und da sind die Tage auch nicht so einfach".

Kein einfacher Sommer

Es war ein letzter Gedanke an den zu Ende gehenden Sommer, der für Löw nach dem EM-Aus im Halbfinale kein leichter war. Erst nach einigen Tagen Bedenkzeit entschloss er sich damals, seinen Vertrag mit dem Deutschen Fußball-Bund bis 2018 zu erfüllen - eine Selbstverständlichkeit war das nicht. Seine "längste Zeit als Bundestrainer " liege schon hinter ihm, sagte Löw, der seit 2006 amtiert, zuletzt. Doch das große Ziel, in Russland als erst dritte Nationalmannschaft nach Italien (1934/1938) und Brasilien (1958/1962) den WM-Titel zu verteidigen, reizt ihn zu sehr. Und nicht nur das. Er habe sich neu "inspirieren lassen", betonte Löw am Samstag. Dabei habe er die Motivation gefunden, "Dinge, die wir falsch gemacht haben, zu verbessern oder zu verfeinern".

Die Spielidee weiterentwickeln, die Probleme vor dem Tor lösen, den nach der WM 2014 eingeläuteten und nun voranschreitenden personellen Wandel moderieren - all das sind Aufgaben, die Löw antreiben. "Ich finde immer Reizpunkte und Verbesserungsmöglichkeiten, das macht mir nach wie vor Spaß", sagte er.

Wer ihm zuhörte, musste glauben, dass für Löw 2018 längst nicht Schluss sein muss. Oder, Herr Löw? "Das beherrscht meine Gedanken nicht, was darüber hinaus ist", sagte er am Vorabend des ersten WM-Qualifikationsspiels in Norwegen (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht beendet), "das verbietet sich im Moment. Das ist noch zu weit weg. Wir haben wichtige Aufgaben, auf die wir uns voll konzentrieren".

Löw lebt seinen Spielern vor, was er von ihnen fordert: Mut, vor allem aber Bereitschaft zur Veränderung. Als Bastian Schweinsteiger am vergangenen Mittwoch nach seinem letzten Länderspiel nach seiner Beziehung zu Löw gefragt wurde, sagte er, es sei für ihn "schön gewesen zu sehen, wie auch er als Trainer sich weiterentwickelt hat". Löw ist souveräner geworden - vor allem im internen Umgang. Er lässt sich inzwischen viel mehr auf seine Spieler und deren Ideen ein. Kritik von außen nimmt er sich nicht mehr so zu Herzen. Es sei denn, er sieht einen Angriff auf seine innersten Überzeugungen. Wie in dieser Woche. Er finde es ignorant, wenn jemand über Testspiele wie jenes gegen Finnland (2:0) schreibt, sie "bringen keinen weiter". Wann, fragte Löw, solle er dann junge Spieler heranführen? "Das ist für mich ein großes Ziel." Schließlich hat er noch viel vor.

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