Mit Maßarbeit zum Weltmeister
São Paulo. Nach seinem Champions-Coup genoss Triumphator Jenson Button die Champagner-Dusche, verbeugte sich mit umgebundener britischer Flagge immer wieder, reckte beide Fäuste in den Himmel und küsste inbrünstig die Kameras
São Paulo. Nach seinem Champions-Coup genoss Triumphator Jenson Button die Champagner-Dusche, verbeugte sich mit umgebundener britischer Flagge immer wieder, reckte beide Fäuste in den Himmel und küsste inbrünstig die Kameras. Mit einer weltmeisterlichen Aufholjagd hat sich der Brawn-Mercedes-Pilot beim packenden Großen Preis von Brasilien vorzeitig die Krone gesichert und Sebastian Vettels minimalen Formel-1-Titeltraum zerstört.
"We are the Champions", brüllte der Brite nach Überqueren der Ziellinie auf Rang fünf überglücklich und schrie: "Yeah, yeah." Der trotz großartigen Kampfes nur Viertplatzierte Vettel gratulierte seinem Widersacher sichtlich niedergeschlagen: "Jenson hat die meisten Punkte gesammelt. Glückwunsch, mehr gibt es nicht zu sagen." In Mark Webber gewann am Sonntag in São Paulo der falsche Red-Bull-Pilot.
Beim BrawnGP-Team und dem Button-Clan brachen nach vollbrachter Titel-Tat alle Dämme. Trotz eines leichten Regenschauers herrschte Samba-Stimmung und der Sekt floss in Strömen. "Es ist mehr als eine Erleichterung. Alle Erinnerungen, die guten und die schlechten, gehen dir durch den Kopf", schilderte Button den bewegenden Moment. "Es ist großartig, hier als Champion zu sitzen. Ich habe es verdient. Das war das beste Rennen meines Lebens. Was ich zu tun hatte, habe ich gemacht."
Button profitierte bei seinem Titel-Triumph auch von seinem schwächelnden Teamkollegen Rubens Barrichello, der die Pole Position nicht zum langersehnten Heimsieg nutzen konnte und sich nach einem Plattfuß kurz vor Schluss sogar mit Rang acht begnügen musste. Button lieferte dagegen mit seinem fünften Platz Maßarbeit ab. "Die letzten Rennen waren etwas stressig", räumte der 29-Jährige ein. "Aber dieses Rennen war der perfekte Weg, Weltmeister zu werden."
Aggressiv und präzise raste er vom scheinbar aussichtslosen Startplatz 14 in die Punkte und zum Titel. BrawnGP sicherte sich als Krönung zudem schon vor dem Saisonfinale am 1. November auch den Konstrukteurs-Titel. "Ich bin so voller Gefühle. Das ist wirklich emotional. Mein Herzschlag war wirklich wahnsinnig hoch, ich hatte nur ein Glas Rotwein", sagte Papa John Button tief bewegt. "Jenson wollte diesen Traum immer wahr machen. Jetzt ist er Weltmeister - und das für immer."
In der Fahrerwertung führt Button vor dem Finale mit 89 Punkten uneinholbar vor Sebastian Vettel (74). Für den Heppenheimer war es nur ein schwacher Trost, Barrichello (72) als Gesamtzweiten noch abgefangen zu haben. Für Button wird die Rennpremiere in Abu Dhabi in zwei Wochen zum entspannten Schaulaufen.
"Jenson hat die meisten Punkte gesammelt. Glückwunsch, mehr gibt es nicht zu sagen."
Ein enttäuschter Sebastian Vettel
Meinung
Ein würdiger Weltmeister
Von SZ-Redakteur
Walter Koster
Wer von Startplatz 14 durchs Formel 1-Feld pflügt und den WM-Titel einfährt, der hat ihn verdient. Auch wenn er wie Jenson Button von Fehlern und Unfällen der Konkurrenz profitiert, das Rennen nicht gewonnen hat und Fünfter wurde. Dieser Platz hat dem neuen Weltmeister genügt. Und der Brawn-Pilot hat am Ende alles richtig gemacht. Vor allem aber hat Button alle Kritiker Lügen gestraft, die ihm vorgeworfen haben, aufgrund seines Punktepolsters in der zweiten Hälfte zu sehr auf Nummer sicher gefahren zu sein. Mit seiner minimalistischen Herangehensweise hat Button aber die nötigen Punkte gehamstert. Der Brite hat den Titel auf seine Art geschafft, keiner war ihm dicht auf die Pelle gerückt. Keiner war so fehlerlos und keiner so souverän in Niederlagen. Tugenden, die einen Weltmeister auszeichnen.