Mit festen Ritualen zum großen Erfolg

Saarbrücken · Der Saarländer Jürgen Doberstein boxt heute in Berlin in einer ungewöhnlichen Atmosphäre um zwei Titel des Weltverbandes IBF – er verteidigt seinen Mediteranean-Gürtel und will den EM-Gürtel seines Gegners.

 Bei Frisörin Tina Fust in Dudweiler sieht Boxprofi Jürgen Doberstein sein Spiegelbild, heute wird ihm im Kampf um den IBF-Europa-Titel Cagri Ermis gegenüber stehen. Foto: Wieck

Bei Frisörin Tina Fust in Dudweiler sieht Boxprofi Jürgen Doberstein sein Spiegelbild, heute wird ihm im Kampf um den IBF-Europa-Titel Cagri Ermis gegenüber stehen. Foto: Wieck

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Zum Frisör geht Profiboxer Jürgen Doberstein spätestens alle zwei Wochen, manchmal wöchentlich - und trotzdem gibt es auch für ihn ganz spezielle Besuche bei Tina Fust in Dudweiler - immer kurz vor den Kämpfen. Ein Ritual. "Das ist für mich Entspannung", sagt Doberstein, streckt die Beine aus und legt seinen Kopf rücklings ins Waschbecken. Seine Nervosität kann er vor seinem Duell um den IBF-Europameisterschafts-Titel mit den Deutsch-Türken Cagri Ermis heute in der Universal Hall in Berlin dennoch nicht gänzlich verbergen. Seine Füße, die kaum stillhalten, verraten ihn.

Mehr Zeit für die Familie

"Wenn man sich zu gut fühlt, denkt man viel nach, und das ist nicht gut", sagt Doberstein, der in dieser Woche nur noch einmal täglich leicht trainiert und versucht hat, komplett runterzufahren. Jede Ablenkung scheint ihm entgegen zu kommen. "Ich nehme mir wieder mehr Zeit für die Familie", sagt der frisch gebackene Vater, "treffe meine engsten Freunde, trinke viel Tee, gehe in die Kirche". Es ist immer derselbe Ablauf vor den Kämpfen: kleine Laufeinheiten, tägliches Wiegen, um sein Gewicht zu kontrollieren, mit dem Hund rausgehen, die Trainingsanzüge abholen und eben zum Frisör gehen. "Ich bin froh, wenn ich ein paar Sachen zu tun habe", sagt Doberstein, "das lenkt mich ein wenig ab". Denn die ganz große Aufregung kommt früh genug. Heute, in Berlin , in einer neuen Atmosphäre. Vor genau 500 Gästen in der Universal-Halle, die an den Tischen um den Ring herum platziert sind.

Schließlich gehört der 31-jährige Cagri Emris, auch wenn er als Nummer 91 der unabhängigen Weltrangliste weit hinter Doberstein (18.) geführt wird, zu seinen stärksten Gegnern. Dass er so weit hinten geführt wird, liegt auch daran, dass er lange verletzt war und bis Ende 2014 über ein Jahr keinen Kampf bestreiten konnte.

Doberstein musste seinerseits in der Vorbereitung auf die Dienste des Trainer-Urgesteins Manfred Wolke verzichten. "Er war leider krank und konnte mir deshalb nicht helfen, aber ich denke, ich bin auch so sehr gut vorbereitet", sagt der 26-Jährige, der unter anderem mit Artur Hein in Stuttgart trainiert hat: "Wir haben bei der Auswahl der Sparringspartner darauf geachtet, dass sie seine Größe und den selben Stil haben."

In den maximal zwölf Runden geht es heute um zwei Titel des Weltverbandes IBF - den Mediteranean-Titel, den Doberstein im November eroberte, und den IBF-Europe East/West-Titel von Ermis. "Ich weiß nur, dass ich den Hauptkampf der Veranstaltung mache", sagt Doberstein, "mehr interessiert mich nicht, nur dass ich seinen Gürtel haben will".

WM-Titel weiter im Visier

Doch selbst mit diesem Gürtel wäre Doberstein längst nicht an seinem Ziel, um einen großen WM-Titel einer der vier Top-Verbände boxen zu dürfen. Denn die Tür scheint, zumindest in Deutschland, verschlossen zu sein. Artur Abraham, Robert Stieglitz und Felix Sturm , die in der deutschen Rangliste im Supermittelgewicht direkt vor Doberstein geführt werden, scheinen nur noch gegeneinander boxen zu wollen. "Das nervt überhaupt nicht", sagt Doberstein gelassen, "manche Dinge muss man hinnehmen, wie sie sind. Es wird nur eine Frage der Zeit sein. Die Rangliste interessiert mich nicht. So lange nicht, bis ich ganz oben bin."

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