Mit einem Sturm an die Weltspitze

Köln · Bei der Heim-WM war für die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft im Viertelfinale Schluss. Beendet ist der Aufschwung aber nicht.

 Die deutschen Eishockey-Nationalspieler um Dennis Seidenberg verlassen nach dem Viertelfinale das Eis. Foto: Becker/dpa

Die deutschen Eishockey-Nationalspieler um Dennis Seidenberg verlassen nach dem Viertelfinale das Eis. Foto: Becker/dpa

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Leon Draisaitl und Co. wurden auf der Ehrenrunde mit stehenden Ovationen gefeiert, die deutschen Eishockey-Helden nahmen Abschied von der Heim-WM - Olympiasieger Kanada war zu stark. Trotz eines überragenden Torhüters Philipp Grubauer unterlag die Mannschaft von Bundestrainer Marco Sturm im WM-Viertelfinale von Köln am späten Donnerstagabend dem Titelverteidiger mit 1:2 (0:1, 0:1, 1:0).

Als das WM-Aus besiegelt war, prasselte von allen Seiten Lob auf Marco Sturm herab. Die Spieler priesen ihn in den höchsten Tönen, der Präsident sprach schon über eine Vertragsverlängerung, nur der Eishockey-Bundestrainer selbst wollte schnell weg.

"Ich fliege jetzt erst mal zurück nach Florida", kündigte der 38-Jährige an. In seiner Wahlheimat kann der langjährige NHL-Profi in aller Ruhe seine ersten zwei Trainerjahre bilanzieren, die das deutsche Eishockey nach dem Absturz zurück in die Weltspitze gebracht haben. "Die Fakten sprechen für sich", sagte Verbandschef Franz Reindl: "Die Entwicklung ist kometenhaft." Mit der zweiten WM-Viertelfinalteilnahme in Folge kletterte die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) erstmals seit sechs Jahren wieder auf Platz acht der Weltrangliste. "Von 13 auf acht in zwei Jahren - sensationell", meinte Reindl.

Damit nicht wie 2011 mit der Trennung von Uwe Krupp der Aufwärtstrend jäh gestoppt wird, will der DEB-Präsident vorzeitig mit Sturm über eine weitere Zusammenarbeit reden. "Es gibt keinen Zweifel, dass man verlängert", sagte Reindl und kündigte Gespräche "im Sommer oder Herbst" an. Der Vertrag des Trainer-Neulings hatte sich mit der Qualifikation für die Olympischen Spiele in Pyeongchang schon automatisch bis 2018 verlängert.

Über ein noch längeres Engagement hat sich Sturm noch keine Gedanken gemacht, "das ist noch viel zu weit weg". Der einstige Weltklassestürmer hatte aber mehrmals betont, dass die Arbeit beim DEB kein kurzes Intermezzo bleiben soll. "Mir macht es wirklich viel Spaß mit den Jungs", sagte er: "Ich bin für alles offen."

Geht es nach den Spielern, sollte Sturm lieber heute als morgen seine Unterschrift unter einen neuen Vertrag setzen. "Er hat uns sehr, sehr gut gecoacht", lobte NHL-Verteidiger Dennis Seidenberg seinen nur drei Jahre älteren Trainer: "Jeder will für ihn spielen." Und Christian Ehrhoff, der ebenfalls lange zusammen mit Sturm in der Nationalmannschaft spielte, ergänzte: "Er hat bisher eine super Arbeit gemacht. Ich hoffe, dass er noch längere Zeit Nationaltrainer bleibt."

Sturms größtes Verdienst ist es, die besten deutschen Spieler wieder für die Auswahl begeistert zu haben. NHL-Jungstar Leon Draisaitl und Torhüter Philipp Grubauer etwa flogen sofort nach ihrem Playoff-Aus aus Nordamerika ein und halfen mit, ins Viertelfinale einzuziehen. Außerdem hat der Trainernovize das Umfeld der Nationalmannschaft professionalisiert und sich mit dem früheren Mannheimer Meistermacher Geoff Ward viel Erfahrung an die Bande geholt. "Er hat ein Händchen dafür, die richtigen Leute auf die richtigen Positionen zu setzen", sagte Reindl: "Er hat alles auf ein Topniveau gehoben."

Der DEB-Präsident weiß, dass Sturm mit seiner erfolgreichen Arbeit auch die NHL-Clubs auf sich aufmerksam machen wird. "So ist das Geschäft", sagte Reindl. Auch Ehrhoff glaubt, dass der Bundestrainer bald in seiner Wahlheimat ein gefragter Mann sein könnte: "Er hat sicher persönlich auch noch andere Ziele. Wenn er weiter so erfolgreich arbeitet, wird sich das für ihn auch erfüllen."

Zum Thema:

Verband plant vorerst keine Heim-WM Der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) hat bislang keine Pläne für die nächste Eishockey-Weltmeisterschaft im eigenen Land. "Ich glaube, dass es jetzt länger dauert - zehn, elf, zwölf Jahre", sagte DEB-Präsident Franz Reindl gestern. Die laufende WM, die gemeinsam mit Frankreich ausgerichtet wird, findet sieben Jahre nach dem zuvor letzten Heim-Turnier statt. Reindl zeigte sich zufrieden mit der Zuschauerresonanz, obwohl das deutsche Viertelfinale mit 16 653 Besuchern nicht ausverkauft war. Zum ersten Viertelfinale in Köln (Finnland gegen USA) war die Arena mit 8986 Zuschauern nicht einmal zur Hälfte gefüllt. In Paris kamen zu den beiden Viertelfinals insgesamt 14 261 Zuschauer. Die angestrebte Marke von 600 000 Zuschauern für die gesamte Veranstaltung ist überschritten.

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