Mit einem geliehenen Boot nach Rio?

Saarbrücken · 2015 war ein schwieriges Jahr. Und auch 2016 begann nicht gerade vielversprechend. Im Februar ging ihr Boot kaputt. Doch davon lässt sich Anja Noske nicht unterkriegen. Am Wochenende möchte sie ihr Ticket für Olympia in Rio lösen.

 Anja Noske wirkt vor dem Wochenende der Entscheidung gelöst und selbstbewusst. Die Rückschläge im Jahr 2015 haben sie stärker gemacht.

Anja Noske wirkt vor dem Wochenende der Entscheidung gelöst und selbstbewusst. Die Rückschläge im Jahr 2015 haben sie stärker gemacht.

Foto: Thomas Wieck

Mit der Sprotte rein ins Boot für Rio de Janeiro - das ist das große Ziel von Anja Noske . Die Leichtgewichts-Ruderin des Rudervereins Saarbrücken ist am Wochenende bei der deutschen Kleinboot-Meisterschaft in Köln gefordert. Dort muss sie sich im Einer gegen die direkte Konkurrenz um den Platz im leichten Doppelzweier bei den Olympischen Spielen durchsetzen. "Mein Einer-Boot hieß Copa Cabana, aber es ging im Februar bei einem Sturm kaputt. Jetzt habe ich mir ein Boot geliehen, das Sprotte heißt", erzählt die 29-Jährige und ergänzt mit einem Lächeln: "Das Rudern habe ich im "Hai" gelernt. Vom Hai zur Sprotte - das sollte klappen."

Noske wirkt gelöst und selbstbewusst. Und das, obwohl die Vorbereitung auf die Meisterschaft nicht gerade optimal für die Lehramts-Studentin lief. Das Testwochenende in Leipzig Anfang April musste sie krankheitsbedingt absagen. Ein Infekt der Atemwege machte ihr zu schaffen.

Schwieriges Jahr 2015

"Ich finde es bescheuert, abzumelden, aber im Endeffekt bin ich froh, dass ich es gemacht habe. So hatte ich Zeit, mich vollständig zu erholen", sagt die Olympia-Sechste von London. Sie sei trotz der Pause fit und gut vorbereitet. "Die Leistungsüberprüfungen sind gut ausgefallen, und auch das Training auf der Meisterschaftsstrecke in Köln ist gut verlaufen. Daher bin ich optimistisch", so Noske.

Dabei hat sie ein schwieriges Jahr hinter sich. Erstmals seit 2008 war sie nicht Teil des Leichtgewichts-Doppelzweiers, stattdessen musste sie im nicht-olympischen leichten Doppelvierer Platz nehmen. "Ich habe zwei Wochen gebraucht, das zu verarbeiten. Es war extrem bitter und ärgerlich. Aber im Nachhinein war diese Zeit nicht nur sehr hart, sondern auch sehr lehrreich", sagt die 29-Jährige. Generell sei sie eine Person, die "versucht aus allem das Positive herauszuziehen, egal, wie schlimm die Situation auch ist". So wurde sie eben Weltmeisterin im neuen Boot.

Streit ist beigelegt

Schlimm war auch der Streit zwischen ihr und Marie-Luise Dräger, der anderen Leistungsträgerin im Leichtgewichtsrudern. Es ging 2009 und 2012 so weit, dass die beiden nicht mehr zusammen gefahren sind. Doch heute ist das anders: "Wir sind beide älter und reifer geworden. Wir konnten uns im Dezember aussprechen und haben uns die vergangenen beiden Trainingslager das Zimmer geteilt. Da hatten wir eigentlich viel Spaß zusammen", schildert die angehende Biologie- und Chemielehrerin Noske und lacht. Sie hätte auch nichts gegen den Olympia-Zweier Noske-Dräger - im Gegenteil: "Wenn wir beide unsere Stärken richtig in ein Boot bekämen, könnte es relativ weit nach vorne gehen."

Dass sie wieder so gut gelaunt ist, liegt auch an ihrem neuen Trainer. Harald Blum ist seit 2014 für sie zuständig und hat die Nachfolge ihres langjährigen Trainers Uwe Bender übernommen. Sie komme "super mit Harald hin. Er ist ein guter Gegenpol. Je angespannter ich werde, desto entspannter wird er. Er holt mich runter und hat mir den Spaß zurückgebracht".

Mit dem wiedergewonnenen Spaß will Anja Noske am Wochenende vor allem Bundestrainer Marcus Schwarzrock überzeugen. Dafür hat sie sich eine Taktik zurecht gelegt. "Im Vorlauf und Viertelfinale geht es darum, schnell an der Spitze zu liegen und möglichst Körner zu sparen. Im Halbfinale und im Endlauf wird es dann auf die Bahnvergabe und die Tagesform ankommen", erklärt die gebürtige Lüneburgerin, die Saarbrücken als ihr Zuhause bezeichnet. So gelassen und ruhig, wie sie wirkt, kann am Wochenende für sie eigentlich nichts schiefgehen - wenn die Sprotte sie hoffentlich zur Copa Cobana bringt.

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