Mit dem Tunnelblick durch Peking

Bonn/Saarbrücken. Wenn Susanne Hahn am 17. August die Ziellinie überquert, ist sie rund zweieinhalb Stunden durch Peking gelaufen. Genau 42,195 Kilometer liegen hinter ihr. Gesehen hat die Marathonläuferin vom SV Schlau.com Saar 05 von der chinesischen Hauptstadt dann trotzdem nichts. Denn wenn Susanne Hahn auf der Strecke ist, hat sie den Tunnelblick

 Ein eingespieltes Duo: Susanne Hahn, rechts, und ihr Ehemann und Trainer Frank. "In unserer Beziehung sind wir natürlich gleichberechtigt, aber im Training ordne ich mich ihm unter", sagt die 30-Jährige. "Wenn er sagt, es ist genug, dann ist es genug." Foto: Dietze

Ein eingespieltes Duo: Susanne Hahn, rechts, und ihr Ehemann und Trainer Frank. "In unserer Beziehung sind wir natürlich gleichberechtigt, aber im Training ordne ich mich ihm unter", sagt die 30-Jährige. "Wenn er sagt, es ist genug, dann ist es genug." Foto: Dietze

Bonn/Saarbrücken. Wenn Susanne Hahn am 17. August die Ziellinie überquert, ist sie rund zweieinhalb Stunden durch Peking gelaufen. Genau 42,195 Kilometer liegen hinter ihr. Gesehen hat die Marathonläuferin vom SV Schlau.com Saar 05 von der chinesischen Hauptstadt dann trotzdem nichts. Denn wenn Susanne Hahn auf der Strecke ist, hat sie den Tunnelblick. "Ich konzentriere mich voll und ganz auf das Laufen und blende alles um mich herum aus", sagt die 30-Jährige, der es schon mal passieren kann, dass sie in der Vorbereitung eine Stunde neben ihrem Trainer und Ehemann Frank Hahn herläuft, "ohne ein einziges Wort zu sagen". So kam es auch, dass sie im vergangenen Jahr nach ihrer Teilnahme am Paris-Marathon bei einem Stadtbummel aus allen Wolken fiel. "Ich konnte nicht glauben, an welchen Orten ich noch die Streckenmarkierungen entdeckte. Ich hatte beim Laufen nicht mitbekommen, dass ich dort war", erinnert sie sich lachend.

Überhaupt stiehlt sich oft ein strahlendes Lächeln auf das Gesicht von Susanne Hahn. "Ich bin wirklich ein sehr fröhlicher Mensch", sagt sie. Und Hahn hat in diesen Tagen allen Grund zu lachen. Erst vor zwei Jahren ist sie in Rotterdam zum ersten Mal bei einem Marathon an den Start gegangen, wurde in einer Zeit von 2:32:32 Stunden auf Anhieb Vierte und qualifizierte sich für die EM in Göteborg, wo sie den 14. Platz belegte.

2007 startete sie bei der WM in Osaka, wo sie nach eigenen Worten auf Grund der schwierigen klimatischen Bedingungen ihre Leistung nicht voll abrufen konnte. "Ich war froh, überhaupt wieder heil im Stadion angekommen zu sein", verrät die Athletin. Ganz anders im Mai 2008 beim Gutenberg Marathon in Mainz. In 2:29:33 Stunden unterbot Hahn die Olympia-Norm von 2:31:00 deutlich. Wenige Wochen später hatte sie es dann schwarz auf weiß: Sie darf nach Peking. Der Marathon bei den Olympischen Spielen wird erst der sechste ihrer Karriere sein.

Ehrgeiz, Zielstrebigkeit und Genauigkeit - das sind Eigenschaften, die Hahn sich selbst zuschreibt. Eigenschaften, die es ihr ermöglicht haben, sich den Traum vom Olympia zu erfüllen - die aber auch schnell dazu führen können, dass man zu viel will. Dass sie sich nicht übernimmt, dafür sorgt auch ihr Mann Frank. "In unserer Beziehung sind wir natürlich gleichberechtigt, aber im Training ordne ich mich ihm unter. Da hat er das letzte Wort. Wenn er sagt, es ist genug, dann ist es genug", sagt Hahn und lacht wieder. Frank war es auch, der sie vor zwei Jahren nach ihrem ersten Marathon-Start beruhigen konnte, als sie sich schlimme Blasen gelaufen hatte und befürchtete, bei ihrer kurz bevorstehenden Hochzeit nicht tanzen zu können. "Er hat mit dieser typischen Marathonläufer-Blessur Erfahrung und wusste, dass bis dahin alles weg sein würde." Der Brautwalzer war also nicht in Gefahr.

Für Peking hat Susanne Hahn sich bei allem Ehrgeiz vor allem eines vorgenommen. "Ich will meine Leistung abrufen und nicht einfach nur hoffen, irgendwie ins Ziel zu kommen", sagt sie und spielt auf Osaka an. Auch in Peking werde es heiß und feucht sein. Sie vermutet, dass auch die anderen Athletinnen viel Respekt vor den Klimabedingungen haben und es langsam angehen lassen werden. Sie hat sich vorgenommen, unter die besten 40 zu laufen.

Nach ihrem Lauf will Hahn auf jeden Fall bis zum Ende der Spiele bleiben und auch noch einige andere Wettkämpfe live verfolgen. "Da ich selbst Einzelkämpferin bin, möchte ich mir in Peking vor allem Mannschaftssportarten ansehen, zum Beispiel Handball, Hockey oder Beachvolleyball", erklärt sie. Außerdem stehen Erkundungstouren durch die Stadt auf dem Programm - und dann garantiert ohne Tunnelblick.

 

 

 

 

 

 

 

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