Mit dem Finger in der Nase

St Wendel · Der Saarländer Sascha Weber startet am Wochenende bei der Radcross-WM im niederländischen Hoogerheide. Für den Radprofi aus St. Wendel der Saisonhöhepunkt des Radcross-Weltcups.

"Mit dem Finger in der Nase", so sagt er selbst, wurde Sascha Weber 2003 Saarlandmeister auf der Straße. Auf Anhieb: ohne Training, ohne Vorbereitung und ohne neueste Technik unter dem Hintern. Der damals 15-Jährige Weber radelte damals allen anderen auf Anhieb davon: Auf einem schon zu der Zeit in die Jahre gekommenen alten Kotter-Stahlrahmen, "noch mit Rahmenschaltung", fügt er hinzu und muss lachen, als er sich an seine ersten Schritte im Radsport erinnert.

Denn für den gebürtigen Saarbrücker sind die Radcross-Weltmeisterschaften am kommenden Wochenende im niederländischen Hoogerheide (1.-2.2.) schon fast Routine. Es ist seine achte WM. Doch die Zeiten haben sich geändert. Seit drei Jahren ist er Profi und fährt heute die neueste Technik. Und der Radsport-Zirkus geht ihm offensichtlich ganz gut ab. "Das heißt eigentlich nur Aktion", sagt er strahlend, "wir sind ständig unterwegs". "Wir", das sind er und seine Freundin Britta Frensch, die ihn, wenn es ihr Semesterplan erlaubt, bei den Weltcup-Rennen begleitet. Doch Sascha Weber zu begleiten, bedeutet, im Wohnmobil durch ganz Europa zu düsen, immer den Radrennen hinterher, mehr als 30 000 Kilometer im Jahr.

"Das kann schon auch stressig sein", gibt er zu. Im Winter Radcross, im Sommer Straßenrennen. Profi eben. Daher würde er nach dem Weltcup und der WM lieber zwei Wochen mit seiner Freundin Urlaub machen. Doch dann stehen für ihn erstmal zwei Wochen Trainingslager an mit seinem neuen belgischen Continental-Team "veran classic doltcini". Für ihn bedeutet das eines: keine Pause. "Es gibt schon die Momente, in denen gar nichts mehr geht", sagt Weber. Einer, wie nach dem Weltcup-Rennen in Rom, "da war der Akku einfach alle".

Oder als Jan Ullrich und Ivan Basso wegen Dopingverdachts suspendiert wurden. "Das war meine schlimmste Zeit", gibt er zu und ärgert sich: "Seitdem werden wir alle in eine Schublade gesteckt. Das ist echt schade". Und ein Grund, warum er im Ausland fährt. Denn nirgends wurde der Radsport so abgefertigt wie in Deutschland. "In Belgien stehen bei jedem Rennen mindestens 40 000 Menschen am Straßenrand, bei einer WM sind es oft 60 000 oder mehr", sagt Weber und freut sich schon auf seinen Saisonhöhepunkt, die Weltmeisterschaft am Wochenende.

"Ein Platz unter den ersten 25 ist realistisch", sagt er, "aber im Radcross kann einfach viel passieren". Stürze, Defekte oder einfach mal ein schlechtes Frühstück. "Wenn du auf der Straße einen schlechten Tag hast, rollst du im Peloton mit", sagt Weber, "im Radcross geht das nicht, da nimmt keiner Rücksicht, das ist einfach nur Vollgas". Aber auch das scheint ihm ganz gut zu passen. Selbstbewusst tritt er auf, manchmal ein wenig kompromisslos, aber ehrlich und gerade heraus. "Manchmal ist er vielleicht auch ein wenig hitzköpfig", sagt seine Freundin und muss schmunzeln. "Aber nur, wenn es nicht nach meinem Plan läuft", meint er, "ich erwarte von anderen das, was ich gebe: 100 Prozent". Ganz egal ob mit oder ohne Finger in der Nase.

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