Mit 74 plus x nach BerlinDrei Saarländer in Berlin dabei, weitere dürfen sich noch Hoffnungen machen

Berlin. Die derzeit beste Hochspringerin der Welt, Ariane Friedrich, und ein halbes Dutzend weiterer Medaillenkandidaten führen das 74-köpfige deutsche Team an, das bei der Leichtathletik-WM vom 15. bis 23. August für ein neuerliches "Sommermärchen" in Berlin sorgen will

Berlin. Die derzeit beste Hochspringerin der Welt, Ariane Friedrich, und ein halbes Dutzend weiterer Medaillenkandidaten führen das 74-köpfige deutsche Team an, das bei der Leichtathletik-WM vom 15. bis 23. August für ein neuerliches "Sommermärchen" in Berlin sorgen will. Auch drei saarländische Athleten sind dabei: Susanne Hahn (Marathon), Bianca Kappler (Weitsprung) und Lisa Schorr (4x100-Meter-Staffel). Mit Sicherheit wird sich das Team nach der DLV-Gala in Wattenscheid am 2. August noch vergrößern, da der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) bei der ersten Nominierungsrunde konsequent auf die Benennung einiger Sportler verzichtete, die die Normen erst einmal erfüllt haben. "Ich rechne mit 85 plus x Teilnehmern", prognostizierte Sportdirektor Jürgen Mallow gestern bei der Pressekonferenz 39 Tage vor dem WM-Auftakt.

Damit wird die Rekord-Teilnehmerzahl von 95 Sportlern bei der WM 1995 in Göteborg verfehlt. "Es nutzt nichts, wenn wir eine Rekordzahl nominieren und dann keine Leistungen abgeliefert werden", sagte Mallow, der in der hohen Zahl nominierter Sportler ein Indiz sieht, dass die deutsche Leichtathletik "den Weg aus dem Tal" geschafft hat.

Neben Ariane Friedrich hoffen vor allem die Werfer auf Edelmetall. Aussichtsreich ins Rennen gehen Betty Heidler (Hammer), Robert Harting und Franka Dietzsch (Diskus) sowie Speerwerferin Christina Obergföll, die im vergangenen Jahr mit Bronze die einzige Olympia-Medaille erkämpft hatte. Vor zwei Jahren in Osaka hatten die Deutschen sieben WM-Medaillen (zwei Gold, zwei Silber, drei Bronze) gewonnen - bis auf Stabhochspringer Danny Ecker sind alle wieder dabei.

Überraschend wurden wegen ausstehender zweiter Normerfüllungen noch keine Einzelstarter für die 100-Meter-Sprints nominiert. "Die Normen können laut unseren Ausschreibungen bis zum 2. August erbracht werden. Deshalb haben wir darauf verzichtet, Athleten zu benennen, die nur einmal die Norm gelaufen sind. Man kann aber sicher sein, dass wir bei der WM auch Einzelstarter über die Sprint-Distanzen erleben werden." Die einzige Ausnahme machte der DLV bei der Nominierung der 4x400-Meter-Staffel der Frauen, die bisher die Norm knapp verfehlt hatte. Damit sind alle vier Staffeln bei der WM dabei.

Gleichfalls fehlt noch Hürdenmeisterin Carolin Nytra auf der Nominierungsliste, die bei den nationalen Titelkämpfen in Ulm mit 12,78 Sekunden eine Glanzzeit gelaufen war, damit aber erst zum ersten Mal die Norm geknackt hatte. "Natürlich ist sie dabei", bestätigte Mallow. Das Publikum wird also auf jeden Fall auch in Berlin das deutsche Traumpaar feiern können: Ihr Freund, der 8,49-Meter-Weitspringer Sebastian Bayer, steht natürlich auf der Nominierungsliste.

Am härtesten war das Ausscheidungsrennen bei den Stabhochspringern, bei denen mit Björn Otto und Tim Lobinger zwei prominente Norm-Erfüller auf der Strecke blieben. Hingegen wurde Malte Mohr nominiert, der in Ulm Zehnter geworden, aber zuvor bereits 5,80 Meter gesprungen war. dpa

Saarbrücken. Auf 50:50 bezifferte Lisa Schorr vorgestern ihre Nominierungschancen. Umso größer war die Freude der 27-jährigen Sprinterin des SV schlau.com Saar 05, dass sie schon gestern ihr Ticket für Berlin erhielt. Sie gehört zum 4x100-Meter-Staffel-Aufgebot. Vater und Trainer Werner Schorr teilte ihr per Telefon am Nachmittag die Botschaft mit. "Ich bin überglücklich", freute sich die Studentin, die jetzt an der Uni noch Dinge regeln muss wie Klausuren verlegen.

Auch Weitspringerin Bianca Kappler (LC asics Rehlingen) kann für Berlin planen, hat die Nominierung in der Tasche. Marathonläuferin Susanne Hahn (Saar 05) war schon vor sechs Wochen nominiert worden. Hoffen darf noch 400-Meter-Hürdenläuferin Tina Kron, die die Norm von 55,60 Sekunden noch laufen will. Auch die Speerwerfer Matthias de Zordo und Alexander Vieweg haben noch Möglichkeiten, die Norm zu werfen. Für 400-Meter-Läufer Simon Kirch (alle Saar 05) scheint der WM-Zug nach seinem Vorlauf-Aus bei der DM dagegen abgefahren. mwe

Meinung

Neue Gesichter, neue Typen

Von SZ-Redakteur

Kai Klankert

Das Aufgebot für Weltmeisterschaft im eigenen Land ist noch nicht komplett, zeigt aber schon jetzt: Der Generationenwechsel in der deutschen Leichtathletik ist vollzogen.

Vor vier, fünf Jahren klagte jeder vermeintliche Experte, es kämen keine Stars nach Lars Riedel, Steffi Nerius und Franka Dietzsch. Heute stellen wir begeistert fest, dass Sebastian Bayer, Ariane Friedrich, Christina Obergföll oder Michael Schrader frech und unbekümmert die Weltspitze erklommen haben. Eine tote Leichtathletik sieht anders aus. Vielmehr hat die deutsche Leichtathletik jetzt neue Gesichter. Neue Typen. Jung, zielstrebig und hungrig nach Erfolgen.

Die Atmosphäre im Berliner Olympiastadion wird sich in etwas mehr als einem Monat trotz der Erwartungshaltung leistungsfördernd auswirken. Auch auf Athleten, die der Deutsche Leichtathletikverband gar nicht zu seinen Medaillenkandidaten zählt. Ein Debakel wie bei den Olympischen Spielen vor einem Jahr in Peking, als lediglich Obergföll eine Bronzemedaille gewann, ist nicht zu erwarten.

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