Miller bittet zum Abfahrtstanz

Sotschi · Der alte Mann und der Schnee: Bei seinen fünften Spielen will Bode Miller seine bewegte Karriere mit Abfahrtsgold krönen. Zu Hause erwartet ihn die Fortsetzung des erbitterten Sorgerechtsstreits um seinen Sohn.

Morgan weicht nicht von seiner Seite. Wenn Bode Miller bei den Olympischen Spielen in Sotschi irgendwo auftaucht, ist seine sehr blonde und sehr schlanke Frau nie weit. Wer es nicht besser wüsste, müsste meinen, dass Morgan nicht nur auf ihn abfährt, sondern auch mit ihm. Miller ist längst mehr als der berühmteste Ski-Rennläufer der Gegenwart, er ist auch Ehemann - und Vater.

Wenn Miller an diesem Sonntag als gefährlichster Herausforderer von Weltmeister Aksel Lund Svindal aus Norwegen um den Thron in der alpinen Königsdisziplin kämpft, sitzen seine beiden Kinder jedoch zu Hause in den USA. Und das hat nur zum Teil damit zu tun, dass Morgan, die in schwarzen Leggings und mit blauem Pelzkragen-Anorak noch mehr als Miller selbst die Blicke auf sich zieht, keines der Miller-Kinder geboren hat.

Millers Tochter Dacey, 5, lebt bei ihrer Mutter. Mit der Mama von Nate, die er im Internet kennen lernte, liegt Miller in einem erbitterten Sorgerechtsstreit. Der Fall, bei dem öffentlich schmutzige Wäsche gewaschen wird, bestimmt in den USA die Debatte über Rechte von Müttern und Vätern mit. Miller wird seinen Sohn erst wieder nach den Spielen sehen, dann soll der Sorgerechtsprozess wieder aufgenommen werden.

Wie frei fährt es sich in solch einer Situation Ski? 2010, als er in der Super-Kombination nach drei Mal Silber und ein Mal Bronze bei Olympia endlich Gold gewann, habe er sich mental viel stärker gefühlt, sagt Miller. Direkt über den Fall sprechen möchte er nicht. Er will bei seinen fünften Spielen endlich Abfahrts-Gold gewinnen. Das hat er schon zu Saisonbeginn erzählt, als er sich nach eineinhalb Jahren Pause und einer Knie-Operation um 13 Kilogramm leichter zurückmeldete. Spätestens, seit Miller im Januar Zweiter bei der Abfahrt in Kitzbühel wurde, erscheint Gold nicht mehr als der kühne Traum eines eigenwilligen, alternden Stars.

"Ich fordere mich selbst raus"

Miller ist mit 36 Jahren nach Didier Defago (Schweiz) der älteste Abfahrer im Feld. Aber er zeigt noch immer die waghalsigsten, verrücktesten und spektakulärsten Fahrten. "Wir gehen die Sache von zwei völlig verschiedenen Seiten an", sagt er über Svindal: "Er kalkuliert das Risiko, um gewinnen zu können. Ich fordere mich selbst heraus, pushe mich an meine Grenzen und gehe dabei manchmal zu viel Risiko ein."

Kann er trotzdem gewinnen? Beim ersten Training war Miller der Schnellste, beim zweiten belegte er trotz eines Fehlers Platz sechs. Danach tat ihm sein Knie weh. "Aber in meinem Alter fühlt sich eh nichts mehr gut an", scherzt er. Doch das hielt ihn nicht davon ab, vor Morgan ein Tänzchen aufzuführen. Am Sonntag bittet Miller dann erneut zum Tanz.

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