Mercedes mit eigenem Werksteam in der Formel 1

Stuttgart. Nach 55 Jahren startet Mercedes in der kommenden Formel-1-Saison wieder mit einem eigenen Werksteam. Der deutsche Autobauer werde dafür die Mehrheit am Konstrukteurs-Weltmeister Brawn GP erwerben, sagte gestern Daimler-Chef Dieter Zetsche

Stuttgart. Nach 55 Jahren startet Mercedes in der kommenden Formel-1-Saison wieder mit einem eigenen Werksteam. Der deutsche Autobauer werde dafür die Mehrheit am Konstrukteurs-Weltmeister Brawn GP erwerben, sagte gestern Daimler-Chef Dieter Zetsche. Der Rennstall fährt künftig unter dem Namen Mercedes Grand Prix und soll im Silber-Design an den Mythos von Juan Manuel Fangio anknüpfen, der 1955 im letzten Werks-Boliden aus Stuttgart Weltmeister wurde.

Als Fahrer sind Nico Rosberg und Nick Heidfeld im Gespräch, Titelverteidiger Jenson Button steht vor dem Abschied. Der Brite könnte bei McLaren-Mercedes mit Landsmann Lewis Hamilton die Fahrerpaarung bilden.

Mit dem Brawn-Team werde das Engagement von Mercedes in der Königsklasse "sehr viel effizienter", versprach Zetsche. Von seiner 40-Prozent-Beteiligung am bisherigen Formel-1-Partner McLaren will sich Daimler bis 2011 trennen. Die Interessen der Unternehmen hätten nicht mehr zu 100 Prozent übereingestimmt, weil McLaren immer stärker als eigenständiger Autohersteller auftreten wolle, erklärte Zetsche. Mercedes bleibt den Briten aber mindestens bis 2015 als Motorenlieferant und Sponsor treu. "Mit McLaren wurde wirklich eine friedliche Lösung gefunden", versicherte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug. "Beide Seiten gehen aus der Situation als Gewinner hervor", befand McLaren-Chef Ron Dennis. Das Team wird auch im nächsten Jahr als McLaren-Mercedes an den Start gehen. Damit fahren von nun an vier Silberpfeile in der Formel 1.

Der Daimler-Betriebsratschef Erich Klemm verurteilte die Entscheidung. "Der Ausstieg bei McLaren wäre für Mercedes eine Chance gewesen, den insgesamt kostspieligen und in seiner Wirkung umstrittenen Formel-1-Zirkus zu verlassen. Wir haben kein Verständnis dafür, dass der Vorstand mit dem Ausstieg gleich wieder ein neues Formel-1-Abenteuer beginnt", schimpfte Klemm. Daimler kämpft seit mehr als einem Jahr mit der Branchenkrise. Zetsche hatte deshalb im Frühjahr einen massiven Sparkurs eingeschlagen. Der Konzernchef betonte, mit der Brawn-Übernahme könne Mercedes seine Kosten für die Formel 1 künftig um bis zu 75 Prozent senken. Teamchef bei Mercedes GP soll "Superhirn" Ross Brawn bleiben, der schon Rekord-Weltmeister Michael Schumacher zu sieben Titeln führte und zuletzt mit Button die Weltmeisterschafts-Krone gewann.

Meinung

Richtig und sinnvoll

Von SZ-Redakteur

Walter Koster

Die Musterehe zwischen McLaren und Motorenpartner Mercedes ist gescheitert, auch wenn die Trennung in gegenseitigem Einvernehmen erfolgte. Wer wie Mercedes wie ein Fels in der Brandung zur Formel 1 steht, kann sich auf Dauer vom Partner nicht gängeln lassen und bei Entscheidungen immer nur abnicken. Mercedes hatte nach 15 Jahren Bevormundung die Schnauze voll. Mit einem eigenen Werksteam unter dem Namen Mercedes aufzutrumpfen, ist das einzig Richtige und Sinnvolle. Was der Autohersteller mit der Geldvernichtungs-Maschine Formel 1 den Mitarbeitern seines Konzerns zumutet, ist eine andere Baustelle.

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