Mehr als nur ein Vorspiel für Hawaii

Frankfurt · Ironman-Weltmeister Sebastian Kienle will bei der EM am Sonntag in Frankfurt seinen Vorjahressieg wiederholen. Die Hitze und ein starkes Teilnehmerfeld erschweren allerdings die Mission Titelverteidigung.

Sebastian Kienle schmunzelt kurz, als er sein Erfolgsrezept für die gut achtstündige Tortur durch das Rhein-Main-Gebiet verrät. "Wer schneller unterwegs ist, ist früher im Ziel", sagt der Ironman-Weltmeister vor der EM am kommenden Sonntag in Frankfurt . Temperaturen bis zu 40 Grad erwarten die Athleten - an das Triathlon-Mekka von Hawaii will Kienle dennoch nicht denken. "Weder jetzt noch am Sonntag", sagt er, "ich will das Rennen einfach beenden. Dann habe ich die Qualifikation für Kona in der Tasche."

In Kona auf Hawaii findet wie in jedem Jahr im Oktober der Saisonhöhepunkt statt. Die Weltmeisterschaft liegt zwar noch Monate entfernt, aber dennoch liefert das Rennen in Frankfurt einen kleinen Vorgeschmack auf die WM. Das liegt zum einen an den Temperaturen, zum anderen am erstklassigen Teilnehmerfeld: Unter anderem fordern Ex-Champion Frederik Van Lierde (Belgien) und Peking-Olympiasieger Jan Frodeno (LAZ Saarbrücken ) Kienle zum Duell. Für den wird es die erste echte Standortbestimmung in diesem Jahr. "Jan liebt die Hitze, und auch Freddy kann sich lange auf hohem Niveau quälen. Es wird spannend", sagt Kienle, der "viel trinken und ansonsten alles wie immer" machen will.

Seinen Sahnetag aus dem vergangenen Jahr wird er aber trotzdem nur schwer toppen können: Ausgerechnet an seinem 30. Geburtstag hatte er vor Jahresfrist zum ersten Mal die 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen in Frankfurt als Schnellster absolviert. 7:55:14 Stunden bedeuteten gleichzeitig einen Streckenrekord, der 2015 außer Reichweite scheint - vermuten zumindest die Organisatoren. "Unser Appell an die Athleten ist: Geht es etwas ruhiger an, der Sonntag wird kein Tag, um persönliche Bestzeiten aufzustellen", sagte Renndirektor Björn Steinmetz mit Blick auf die erwarteten Temperaturen. Die 40-Grad-Marke soll dabei nicht ganz erreicht werden. 14 Tonnen Eis und riesige Salzvorräte sollen die Gesundheit aller Beteiligten so gut es eben geht gewährleisten.

Dass jedoch selbst die beste Vorbereitung nach dem Startschuss schnell nur noch Makulatur sein kann, wissen Kienle und vor allem Frodeno aus eigener Erfahrung. Frodeno, bei seiner Premiere 2014 auf Hawaii Dritter, beendete seinen ersten Ironman überhaupt im vergangenen Jahr in Frankfurt nach drei Reifenpannen und von Krämpfen geplagt auf dem dritten Platz. "Ein Rennen ohne Zwischenfälle", sagt der 33-Jährige, sei das Ziel. Die Gesundheit spielt schon mal mit. Die Verletzungen im Rippenbereich, die sich Frodeno bei einem Radsturz im Frühjahr in Australien zugezogen hatte, sind auskuriert. Ein Ödem unter der Kniescheibe, das er sich bei einem Sturz mit dem Stadtrad in seinem momentanen Wohn- und Trainingsort Girona (Spanien) holte, bremste ihn zwar beim Lauftraining aus. Die Form aber passt, wie Frodenos Sieg beim "halben" Ironman 70.3 in Barcelona vor sechs Wochen beweist.

Neben den beiden deutschen Vorzeigeathleten und Van Lierde rechnen sich der einstige Vize-Weltmeister Andreas Raelert (Rostock, früher Saarbrücken) sowie 2013-Europameister Eneko Llanos aus Spanien zumindest Außenseiterchancen aus. "Das Rennen wird ein Ausmaß und eine Bedeutung bekommen, die es bisher noch nicht gegeben hat. Es ist das zweitwichtigste Rennen knapp hinter Hawaii, das Nonplusultra der Triathlon-Szene ist vor Ort", schwärmt Thomas Dieckhoff, der Ironman-Geschäftsführer in Europa.

Bei den Frauen dürften die Schweizer Vize-Weltmeisterin Daniela Ryf und Landsfrau Caroline Steffen den Sieg unter sich ausmachen. Für die deutsche Ironman-Meisterin Julia Gajer (Hannover) und Sonja Tajsich (München) wäre der Sprung aufs Podest ein Erfolg.

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