Mehr als nur ein Aushilfs-Fahrer

Saarbrücken. Ausgebremst. Aussortiert. Abgeschrieben. Nicht mehr gebraucht. Ein Gefühl, das Nick Heidfeld gut kennt. 2000 kommt der Mönchengladbacher in die Formel 1, gilt als Wunderkind, das in allen Nachwuchsserien Titel eingefahren hat. Doch dann kommt er vom Erfolgs-Weg ab, gerät in die ein oder andere Sackgasse

 Wieder gefragt: Auf das Schreiben von Autogrammen als Formel-1-Pilot musste Nick Heidfeld (rechts) lange warten. Bei der Ankunft in Melbourne durfte der Mönchengladbacher aber direkt ran. Foto: dpa

Wieder gefragt: Auf das Schreiben von Autogrammen als Formel-1-Pilot musste Nick Heidfeld (rechts) lange warten. Bei der Ankunft in Melbourne durfte der Mönchengladbacher aber direkt ran. Foto: dpa

Saarbrücken. Ausgebremst. Aussortiert. Abgeschrieben. Nicht mehr gebraucht. Ein Gefühl, das Nick Heidfeld gut kennt. 2000 kommt der Mönchengladbacher in die Formel 1, gilt als Wunderkind, das in allen Nachwuchsserien Titel eingefahren hat. Doch dann kommt er vom Erfolgs-Weg ab, gerät in die ein oder andere Sackgasse.Bei Sauber stellt er zwar einen gewissen Kimi Räikkönen in den Schatten. Doch am Ende wird Räikkönen befördert - und erhält einen Vertrag bei McLaren. Heidfeld dagegen fährt bei Jordan hinterher, bekommt bei Williams 2005 nur auf den letzten Drücker ein Cockpit - und steht nach dem BMW-Rückzug 2009 auf der Straße. Als Testfahrer bei Mercedes und Pirelli und als Aushilfspilot bei Sauber hält er sich über Wasser. Doch auch bei Sauber musste er sein Cockpit trotz ansprechender Leistungen räumen - für den finanzstarken Mexikaner Sergio Perez. "Ich war wahnsinnig enttäuscht", gibt Heidfeld zu: "Das kann nur einer nachvollziehen, dem man Job und Hobby weggenommen hat." Sogar über einen DTM-Einstieg denkt er nach. Kaum jemand gibt dem 33-Jährigen noch eine Chance in der Formel 1 - außer er selbst. "Ich habe fest daran geglaubt, dass meine Karriere noch nicht vorbei sein darf. Deshalb habe ich im Winter noch härter als sonst trainiert", sagt Heidfeld.

Dann kommt jener 6. Februar. Der Tag, an dem Renault-Pilot Robert Kubica bei einem Rallye-Unfall verunglückt. Als klar wird, dass der Pole lange ausfallen wird, lädt Renault Heidfeld zu Tests nach Jerez ein. Es sind nicht Probefahrten für das Auto, sondern für den Piloten. Mit Vollgas zum Erfolg? Heidfeld fährt die absolute Bestzeit. Schon nach 15 Runden ist er schneller als Renault-Stammpilot Witali Petrow. Am Ende unterbietet er dessen Zeit um mehr als zwei Sekunden.

Ausgerechnet Heidfeld. Vier Jahre lang waren er und Kubica Teamkollegen bei BMW - aber nicht die besten Freunde. Kubica soll sich sogar gegen Heidfeld als Nachfolger bei Renault ausgesprochen haben. Denn er weiß: Heidfeld ist mehr als ein Ersatz. Er ist erfahren, schnell und gilt als jemand, der ein Auto weiterentwickeln kann. "Die Art, wie er von Beginn an mit den Ingenieuren sprach, passte genau", schwärmt Teamchef Eric Boullier. Für Heidfeld ist es wohl die letzte Chance. Aber auch seine größte. Der Renault R 31 ist das beste Auto, in dem er saß. "Ich hoffe, ich kann mich so ins Schaufenster stellen, dass ich meine Karriere noch um ein paar Jahre verlängern kann", sagt Heidfeld, der einen großen Vorteil gegenüber allen anderen Fahrern hat: Kein anderer Pilot kennt die neuen Reifen von Pirelli so gut wie er. Er hat sie als Testfahrer schließlich mit entwickelt. Abschreiben sollte man Heidfeld also nicht. Aussortieren erst recht nicht.

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