Marozsan schießt Deutschland ins Endspiel

Göteborg · Die in Saarbrücken aufgewachsene Dzsenifer Marozsan hat die deutsche Frauen-Nationalmannschaft gestern ins Finale der Fußball-EM geschossen. Beim 1:0-Halbfinalsieg gegen Gastgeber und Favorit Schweden zeigten die DFB-Frauen gestern Abend ein begeisterndes Spiel.

Mit einer Weltklasseleistung haben die deutschen Fußball-Frauen Gastgeber Schweden im Halbfinale ihrer Heim-Europameisterschaft bezwungen und ihren Traum vom achten Titel wachgehalten. Die aus Saarbrücken stammende Spielmacherin Dzsenifer Marozsan bescherte dem Rekord-Europameister gestern Abend mit dem Siegtreffer in der 33. Minute zum 1:0 (1:0) in Göteborg das sechste EM-Finale in Serie. Im Endspiel trifft das Team von Bundestrainerin Silvia Neid am kommenden Sonntag in Solna (16 Uhr/ARD und Eurosport) auf Norwegen oder Dänemark. Die beiden skandinavischen Teams bestreiten heute in Norrköping (20.30 Uhr) das zweite Halbfinale.

Während Schweden in Bestbesetzung auflief, verzichtete Neid in der Startelf auf die angeschlagene Toptorjägerin Celia Okoyino da Mbabi. Die Stürmerin hatte sich beim 1:0 im Viertelfinale gegen Italien eine Oberschenkelzerrung zugezogen, saß aber für den Notfall auf der Bank. Für sie rückte Anja Mittag in ihrem "Heimspiel" - sie spielt seit zwei Jahren für den FC Malmö - in die Sturmspitze. Marozsan kehrte auf die Spielmacher-Position zurück.

Der Titelverteidiger ließ sich von der fantastischen Kulisse von 16 608 frenetischen Fans im ausverkauften Stadion Gamla Ullevi nicht beeindrucken. Die DFB-Elf begann konzentriert und spielfreudig. Chancen zuhauf in der ersten Viertelstunde, in der die Schwedinnen Mühe hatten, sich unter dem deutschen Druck zu sortieren, waren die Folge. Beide Mannschaften schenkten sich nichts, spielten mit offenem Visier auf Angriff. Die starke Marozsan (10.) setzte zunächst einen Kopfball über das schwedische Tor. Dann brach in der temporeichen Partie die Zeit der Schwedinnen an, die sich immer mehr aus der Umklammerung befreiten.

In der 33. Minute schlug dann die große Stunde der oft gescholtenen Marozsan. Nach einer tollen Kombination über Nadine Keßler und Anja Mittag spitzelte die Edeltechnikerin den Ball vorbei an der herausstürzenden Torhüterin Kristin Hammerström. Marozsans Ball trudelte zur verdienten Führung dicht neben dem Pfosten ins Netz. "Es war ein Fifty-fifty-Ball. Und zum Glück habe ich reingegrätscht, und er ist reingegangen", sagte Marozsan direkt nach dem Spiel im Fernsehen. Simone Laudehr hatte kurz vor der Pause mit einem Kopfball erneut Pech, als Hammerström gemeinsam mit dem Pfosten das 2:0 verhinderten.

Die Schwedinnen, die noch nie ein großes Turnierspiel gegen ihren Angstgegner gewannen, drängten nach dem Wechsel weiter auf den Ausgleich, liefen aber immer wieder in hervorragende Konter des bärenstarken Rekordchampions, der nur im Abschluss Schwächen zeigte. So konnte sich Mittag (60.) die Ecke frei vor Hammerström aussuchen, schoss der schwedischen Torfrau aber in die Arme. In der 62. Minute brandete Jubel im Stadion auf, als Lotta Schelin DFB-Torfrau Nadine Angerer mit einem Schlenzer zum vermeintlichen Ausgleich überwand. Doch die Schweizer Schiedsrichterin Esther Staubli pfiff die Aktion wegen eines vorangegangenen Foulspiels an Krahn ab.

Das Glück des Tüchtigen hatte dann Angerer, die immer wieder Kopf und Kragen riskierte, als Josefine Öqvists Schuss (70.) an den Pfosten klatschte. Als auch die turbulenten Schlussminuten und die vier Minuten Nachspielzeit überstanden waren, war der deutsche Jubel groß. Die norwegische Frauen-Nationalmannschaft geht heute Abend (20.30 Uhr/Eurosport) im skandinavischen Duell mit Dänemark als Favorit in das zweite Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft in Schweden. Die einst stets zur Weltspitze gehörenden Norwegerinnen haben unter dem zurückgekehrten Trainer-Guru Even Pellerud wieder den Anschluss an Europas Elite geschafft. Bereits 1995 hatte Norwegen mit Pellerud den Weltmeistertitel gewonnen.

Im letzten Gruppenspiel gewann seine Mannschaft 1:0 gegen die DFB-Auswahl und setzte sich im Viertelfinale souverän mit 3:1 gegen Spanien durch. Die Tore schossen die erfahrene Solveig Gulbrandsen (24.), die Spanierin Irene Paredes (43./Eigentor) und die für Turbine Potsdam spielende Ada Hegerberg (64.). Das spanische 1:3 fiel in der Nachspielzeit.

Die Däninnen gelten im Kampf um den Einzug ins Finale (Sonntag, 16 Uhr in Solna) heute in Norrköping als Außenseiter. Allerdings schaffte es die Elf von Kenneth Heiner-Möller im Viertelfinale, den Turnierfavoriten Frankreich im Elfmeterschießen (4:2) auszuschalten. Die spielerisch hoch überlegenen Französinnen konnten nur eine ihrer vielen Torchancen in 120 Minuten (1:1) nutzen. Dänemark hatte sich erst per Losentscheid gegen die nach der Vorrunde punktgleichen Russinnen fürs Viertelfinale qualifiziert.

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