Leichtathletik Wielands Weg nach London ist kompliziert

Saarbrücken · Der 22-Jährige vom LAZ Saar 05 hat die WM-Norm im Zehnkampf zwei Mal geschafft, doch Chancen hat er wohl nur im Weitsprung.

Verbissen kämpfen die besten Leichtathleten Deutschlands und auch des Saarlandes, um die Norm für den Saison-Höhepunkt, die Weltmeisterschaften im August in London, zu knacken. Der frühere Stabhochsprung-Weltmeister Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken) hat sie noch nicht, seine Lebensgefährtin, die Weltklasse-Weitspringerin Sosthene Moguenara (LAZ Saar 05), auch nicht. Und Sprinter Laura Müller (LC Rehlingen) ist nah dran, über 200 und 400 Meter, mehr aber auch nicht.

Die Norm allein ist allerdings keine Garantie, tatsächlich im Londoner Olympiastadion einlaufen zu dürfen. Keiner weiß das besser als Luca Wieland. Der Zehnkämpfer des LAZ Saar 05 hat die WM-Norm von 8100 Punkten in diesem Jahr schon zwei Mal übertroffen – am 13. April in Azusa/USA (8201) und am 8. Juni in Eugene/USA (8146). Wieland ist hinter Rico Freimuth (8365) und Mathias Brugger (8294) der drittbeste Deutsche. Drei Zehnkämpfer fahren zur WM nach London – doch Wieland wird relativ sicher nicht dabei sein, und die Hintergründe sind durchaus kurios.

Der 22-Jährige hat seine Bestleistung in diesem Jahr um mehr als 400 Punkte gesteigert, er ist die Nummer elf der Weltrangliste. „Luca hat den Sprung in die erweiterte Weltspitze geschafft“, sagt Lothar Altmeyer, der Präsident des Saarländischen Leichtathletik-Bundes (SLB), anerkennend. Doch die Wettkämpfe in den USA, in Azusa und Eugene, waren College-Wettbewerbe, weil Wieland an der University of Minnesota studiert hat. Und diese gelten nicht als offizielle Norm-Wettkämpfe des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Dazu hätte Wieland Ende Mai in Götzis/Österreich antreten müssen – oder an diesem Wochenende bei der letzten Gelegenheit in Ratingen.

„Ich wusste von Anfang an, dass das kompliziert werden könnte, weil die College-Saison in den USA für mich ungünstig liegt. Aber die Regenerations-Zeit bis Ratingen ist einfach zu knapp“, sagt Wieland, der seit Mittwoch wieder im Saarland ist. Das Prozedere ist klar: Schaffen die deutschen Top-Zehnkämpfer Kai Kazmirek und/oder Arthur Abele, die beide in Götzis nicht starten konnten, in Ratingen die Norm, ist Wieland raus – auch wenn sie vielleicht knapp unter der Bestleistung des Saarländers liegen. Schaffen sie es nicht, wird es interessant. Dann könnte der DLV Wieland theoretisch mitnehmen. SLB-Präsident Altmeyer, der in der Nominierungs-Kommission des DLV sitzt, glaubt das aber nicht. Denn der DLV könnte Kazmirek aufgrund seiner Leistung aus der Vorsaison nominieren. „Es wäre vermessen, einen Athleten, der zu den Top fünf der Welt zählt, zuhause zu lassen, weil er in Ratingen vielleicht an einer Hürde stürzt“, sagt Altmeyer.

Altmeyer erhält den Nominierungs-Vorschlag des DLV für den Zehnkampf am Montag, also unmittelbar nach Ratingen. Wielands Chance bestünde im Grunde darin, dass Kaczmirek und Abele völlig von der Rolle sind oder sich ernsthaft verletzten. Er selbst will „erst einmal Ratingen abwarten“. „Aber so ganz aus dem Auge habe ich London nicht verloren“, sagt er.

Das liegt auch daran, dass er seine langjährigen Verletzungsprobleme im Beinbeuger in den Griff bekommen und sich seither enorm weiterentwickelt hat. „Ich wusste, dass das in mir steckt. Und ich weiß, dass es noch weiter nach oben gehen kann. Ich warte auf den Zehnkampf, in dem ich alles optimal zusammensetzen kann“, sagt er. Gehofft hatte er, dass er das bei den College-Meisterschaften in Eugene Anfang Juni schafft. „Da wollte ich eine Punktzahl raushauen, damit der DLV bei mir nicht Nein sagen kann. Aber das war nicht mein Wettkampf, am zweiten Tag hatte es auch geregnet“, erinnert sich Wieland, der trotzdem die WM-Norm knackte.

Und wenn es im Zehnkampf nicht klappen sollte, wonach es aussieht, kommt Luca Wieland vielleicht durch die „Hintertür“ zu einem WM-Start in London. Im Weitsprung. „Ich habe nur drei Weitsprung-Wettkämpfe in diesem Jahr gemacht. Ich kann da was draufpacken“, sagt der 22-Jährige. Seine Saisonbestleistung steht bei 7,78 Metern. Damit ist er Drittbester in Deutschland. Die Norm liegt bei 8,15 Metern. Einen ersten Versuch zum Reinfinden und Jetlag-Ablegen unternimmt Wieland an diesem Samstag beim Sprung-Meeting in Dillingen. Spätestens bei den deutschen Meisterschaften in Erfurt (8./9. Juli) will er angreifen. Dort startet er auch im Hochsprung (Bestleistung 2,20 Meter), „aber nur zum Spaß“.

Kein Spaß ist unterdessen die Planung seiner Zukunft. Die Olympischen Spiele 2020 in Tokio sind das Ziel, „denn es fühlt sich so an, als wäre es gerade erst der Anfang“, sagt Wieland. Sein Studium in den USA hat er mit einem Bachelor in Unternehmens-Management abgeschlossen. Die Frage, wo und wie es nun weitergeht, ist völlig offen. Rückkehr in die USA, Verbleib in Deutschland oder gar im Saarland? „Ich führe gerade viele Gespräche. Bis September, Oktober bin ich ganz sicher im Saarland. Was danach kommt, darüber entscheide ich irgendwann im Sommer“, sagt Wieland. Am liebsten nach einer erfolgreichen WM-Teilnahme auf der Insel.

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