Logisches Scheitern mit Nachgeschmack

Donezk. Man hatte absehen können, dass es zum Schluss noch einmal knallt. Alles andere wäre irgendwie nicht standesgemäß gewesen. Also vergaß der Franzose Samir Nasri nach dem 0:2 (0:1) im EM-Viertelfinale gegen Spanien seine Kinderstube. Statt altkluge Fragen zu stellen, solle er doch bitte seine eigene Mutter beschlafen, empfahl der 24-Jährige einem Journalisten in nicht jugendfreiem Ton

 Franck Ribery zeigte eine engagierte Leistung gegen Spanien, doch ein Ribery reichte nicht zum Weiterkommen. Foto: Suki/dpa

Franck Ribery zeigte eine engagierte Leistung gegen Spanien, doch ein Ribery reichte nicht zum Weiterkommen. Foto: Suki/dpa

Donezk. Man hatte absehen können, dass es zum Schluss noch einmal knallt. Alles andere wäre irgendwie nicht standesgemäß gewesen. Also vergaß der Franzose Samir Nasri nach dem 0:2 (0:1) im EM-Viertelfinale gegen Spanien seine Kinderstube. Statt altkluge Fragen zu stellen, solle er doch bitte seine eigene Mutter beschlafen, empfahl der 24-Jährige einem Journalisten in nicht jugendfreiem Ton. Wahlweise könne man die Angelegenheit auch an der frischen Luft klären - nach alter Väter Sitte.Trainer Laurent Blanc kritisierte gestern Nasris Wortwahl als "bedauerlich". Obwohl Blanc gleichzeitig die Medien für den Umgang mit seinen Spielern tadelte, war seine Einschätzung des Ausrasters eindeutig: "Für Nasris Image ist das sehr schlimm, aber auch für das der Mannschaft."

Nach dem Ausscheiden tauchten sie dann also doch noch einmal auf, die zuletzt wieder oft zitierten Dämonen von Knysna. Der erzürnte Nasri bediente sich passenderweise exakt jener Formulierung, mit der Stürmer Nicolas Anelka bei der Skandal-WM vor zwei Jahren Trainer Raymond Domenech in der Kabine bedacht hatte. "Ein logisches Ende", titelte Frankreichs größtes Sportblatt "L'Equipe".

Ganz so schlimm wie in Südafrika ist die osteuropäische Sommerreise aber doch nicht verlaufen. Frankreichs Equipe hat sich diesmal nicht bis auf die Knochen blamiert, sie hat sogar das von Trainer Blanc im Vorfeld ausgegebene Minimalziel erfüllt: Den ersten Sieg bei einem großen Turnier seit der WM 2006 wolle er mit seinem Team einfahren, hatte der Coach gesagt. Das gelang. Mehr aber auch nicht.

Einziges französisches Erfolgserlebnis bei der EM: ein 2:0 gegen Gastgeber Ukraine. Davor: ein schlaffes 1:1 gegen mauernde Engländer. Danach: ein peinliches 0:2 gegen bereits ausgeschiedene Schweden. Und dann das 0:2 gegen Spanien, das man wahlweise als achtbar oder als verdient bezeichnen kann. Blancs Team zeigte in der Vorrunde gerade zu viel zum Sterben, im Viertelfinale bei weitem nicht genug zum Überleben.

"Wenn man verliert, fehlt es einem immer an etwas", sagte Blanc: "Ich weiß nicht, ob es der Ehrgeiz war oder die technische Genauigkeit." Das klang so, als ob er an beidem so seine Zweifel gehabt hätte. Dennoch fand der 46-Jährige, dass "meine Jungs alles gegeben haben." Das aber war offensichtlich nicht genug gegen kaum mehr als solide Spanier.

Was also hat Frankreich gefehlt bei diesem Turnier - außer gelegentlich die Kinderstube im gegenseitigen Umgang? Zum einen sicher der "technische Leader", den die Nation seit Zinedine Zidanes Rücktritt 2006 angestrengt sucht. Weder Karim Benzema noch Nasri oder ein anderer konnten diese Rolle auch nur ansatzweise ausfüllen. Desweiteren mangelte es schlicht an Spielern von internationaler Klasse. Gegen Spanien konnte neben Franck Ribery und Torhüter Hugo Lloris lediglich dem unermüdlichen Yohan Cabaye und nach der Pause noch Florent Malouda dieses Niveau attestiert werden. Benzema, der gegen seine spanischen Clubkollegen von Real Madrid fahrig bis übermotiviert wirkte, blieb erneut vieles schuldig. Der hochgelobte Stürmer fährt ohne EM-Tor in den Urlaub.

Das Zusammenspiel zwischen ihm und dem erneut fleißigsten Franzosen Ribery scheiterte dennoch öfter, als es klappte. "Zwei, drei Mal hätten wir sie in Schwierigkeiten bringen können, aber uns hat letztendlich die Technik gefehlt", sagte Blanc, dessen Zukunft ungewiss ist. Ob er seinen nach der EM endenden Vertrag verlängern wird oder darf? Verbandspräsident Noel Le Graet kündigte an, sich mit Blanc "in den nächsten acht Tagen" zusammenzusetzen. dapd

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