Löw wird Härtefälle wohl vertagen
Frankfurt · Heute nominiert Bundestrainer Joachim Löw seinen vorläufigen Kader für die WM und das Aufgebot für das Länderspiel gegen Polen. Den derzeit nicht fitten Stammkräften wird Löw wohl eine neue Frist einräumen.
Sonderrechte für Sami Khedira, eine Hintertür für Miroslav Klose und Mario Gomez und ein Hoffnungsschimmer für den früheren Saarbrücker Jugendspieler Erik Durm von Borussia Dortmund oder den Uchtelfanger Patrick Herrmann von Borussia Mönchengladbach: Wenn Bundestrainer Joachim Löw heute sein erstes WM-Geheimnis lüftet und den mindestens 26 Mann starken vorläufigen Kader beruft, sind Überraschungen möglich - und das Zittern für vermeintliche Stammspieler nicht zu Ende.
Bis zum endgültigen Meldeschluss bei der Fifa am 2. Juni wird Löw seine Auserwählten noch auf Herz und Nieren testen. Für einige könnte es dann noch ein böses Erwachen geben, für Torhüter René Adler wohl sogar schon heute. Der Hamburger wird wohl im vorläufigen Aufgebot fehlen.
Insgesamt wird Löw in der DFB-Zentrale in Frankfurt sogar bis zu 40 Spieler und damit eine nie da gewesene Anzahl berufen, weil er zudem noch den Not-Kader für das Länderspiel gegen Polen (13. Mai in Hamburg) benennt. Diese Partie bezeichnete Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff deshalb als "Zukunftsspiel".
Der größere WM-Kader ist wegen zahlreicher Verletzungen und Formschwächen nötig. Löw hatte bereits geklagt, dass aktuell "nur sieben, acht Spieler" in Topform seien. Immerhin können nach dem verpassten Finaleinzug von Bayern München in der Champions League außer Khedira alle Profis sofort mit ins Trainingslager nach Südtirol.
Löw kündigte an, dass er die schlechte Kunde an die knapp Gescheiterten selbst übermitteln werde. Außer bei den Torhütern. So dürfte Torwarttrainer Andreas Köpke gestern bei Adler angerufen haben, um dem zuletzt als Nummer zwei gesetzten HSV-Profi mitzuteilen, dass er nicht zur WM fährt. Als wahrscheinlich gilt, dass Löw neben der Nummer eins Manuel Neuer (Bayern) den Dortmunder Roman Weidenfeller nominiert. Um den dritten Platz gibt es einen spannenden Dreikampf zwischen Ron-Robert Zieler (Hannover), Bernd Leno (Leverkusen) und Marc-André ter Stegen (Mönchengladbach).
Die nach langen Verletzungen erst zurückkehrenden Stürmer Klose (Lazio Rom) und Gomez (Florenz) wird Löw wohl berufen, um sich in Südtirol noch mal einen Eindruck zu verschaffen. Dahinter dürfen sich der Gladbacher Max Kruse und der Hoffenheimer Kevin Volland Hoffnungen machen.
Im Mittelfeld wird Ilkay Gündogan nach fast einjähriger Verletzungspause sicher nicht berufen werden. Wohl aber Khedira, der nach überstandenem Kreuzbandriss wieder im Kader von Real Madrid steht. Bei ihm werde er zur Not eine Ausnahme von der Regel machen, nur zu 100 Prozent fitte Spieler mitzunehmen, hatte Löw bereits angekündigt: "Es gab auch in der Vergangenheit Spieler, die angeschlagen zu einem Turnier gefahren sind, aber die eine Mannschaft nun mal eben braucht - etwa aufgrund der Persönlichkeit oder der riesigen Erfahrung des Spielers. So einen kann sich ein Kader grundsätzlich leisten."
Richtige Härtefälle wird es für Löw wohl erst bei der endgültigen Nominierung geben. Bis dahin müssen sich neben Khedira, Klose und Gomez wohl vor allem auch die Schalker Benedikt Höwedes und Julian Draxler beweisen.
Gegen Polen fallen 18 Spieler wegen des Pokalendspiels zwischen den Bayern und Dortmund, dem englischen FA-Cup-Finale mit dem Arsenal-Trio Per Mertesacker, Lukas Podolski und Mesut Özil sowie der laufenden Saison in Italien und Spanien aus. Deshalb können im März gegen Chile nominierte Akteure wie André Hahn oder Matthias Ginter ebenso auf eine Einladung hoffen wie Herrmann, Volland, Aaron Hunt von Werder Bremen oder Nicolai Müller von Mainz 05.
Zum Thema:
Auf einen BlickDer WM-Fahrplan der deutschen Fußball-Nationalmannschaft: 8. Mai: Nominierung des erweiterten WM-Kaders.13. Mai: Testspiel gegen Polen in Hamburg und Meldeschluss für den vorläufigen Kader mit maximal 30 Spielern bei der Fifa.17. Mai: DFB-Pokalfinale FC Bayern gegen Borussia Dortmund in Berlin. 21. Mai: Start des Trainingslagers im Passeiertal in Südtirol.1. Juni: Länderspiel gegen Kamerun in Mönchengladbach.2. Juni: Meldeschluss für den 23-Mann-Kader bei der Fifa.5. Juni: Treffpunkt in Mainz nach zwei freien Tagen.6. Juni: Benefizländerspiel gegen Armenien in Mainz.7. Juni: Abflug von Frankfurt nach Brasilien.16. Juni: Erstes WM-Vorrundenspiel gegen Portugal in Salvador. dpa