„Jogi“ wird auf jeden Fall neuer Rekordmann Hat Löw Herberger schon überholt?

Frankfurt · Mit seinem 168. Länderspiel wird Joachim Löw am Samstag zum Rekord-Bundestrainer. Doch die offiziellen Zahlen stimmen wohl nicht.

 „The Best“ (der Beste), wie hier in futuristischer Schrift bei der Weltfußballer-Gala steht, ist Joachim Löw nach der WM für viele nicht mehr. Was die Zahl der Spiele als Bundestrainer angeht, ist er aber die Nummer eins.

„The Best“ (der Beste), wie hier in futuristischer Schrift bei der Weltfußballer-Gala steht, ist Joachim Löw nach der WM für viele nicht mehr. Was die Zahl der Spiele als Bundestrainer angeht, ist er aber die Nummer eins.

Foto: dpa/Frank Augstein

Für einen Blick in die Geschichtsbücher des deutschen Fußballs hat Joachim Löw keine Zeit. Vor den Schlüsselspielen in der Nations League in den Niederlanden und bei Weltmeister Frankreich grübelt der Bundestrainer über Taktik und Personal. Eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit würde den 58-Jährigen vermutlich aber ohnehin nur verwirren. Dass er erst am Samstag (20.45 Uhr/ZDF) in Amsterdam den legendären Sepp Herberger überholt und mit 168 Länderspielen zum alleinigen Rekord-Bundestrainer aufsteigt, ist nicht richtig. Die offiziellen Zahlen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) stimmen nicht: Löw ist schon längst die Nummer eins.

Der DFB führt Herberger zwar mit 167 Länderspielen (94 Siege, 27 Unentschieden, 46 Niederlagen), doch an dieser Zählweise gibt es gut begründete Zweifel. Die Herberger-Biografen Jürgen Leinemann und Karl-Heinz Schwarz-Pich sowie Fußball-Historiker Udo Muras haben erhebliche Bedenken angemeldet. Der Fehler hänge „mit den Wirren um die Ablösung von Herbergers Vorgänger, dem ersten Reichstrainer Otto Nerz, im Olympia-Jahr 1936 zusammen“, schrieb Muras schon vor zwei Jahren in der Welt. Der Weltmeistertrainer von 1954 habe die Nationalmannschaft lediglich in 162 Länderspielen betreut, von denen 92 gewonnen wurden (26 Unentschieden, 44 Niederlagen).

Löw hätte Herberger demnach schon mit seinem 163. Länderspiel abgelöst – dem 0:1 zum WM-Auftakt in Moskau gegen Mexiko. Ob Herbergers 162 Länderspiele stimmen, ist aber auch nicht sicher bewiesen. Herberger machte selber immer unterschiedliche Angaben. Löw, der bisher 109 Siege bei 31 Unentschieden und 27 Niederlagen feierte, interessieren diese Zahlenspiele ohnehin nicht sonderlich. „Solche Statistiken sind für mich nicht relevant. Es spielt für mich eine eher untergeordnete Rolle“, sagte der Weltmeistertrainer von 2014.

Für die Fußball-Historiker ist Herbergers Länderspiel-Anzahl als Bundestrainer aber schon interessant. Das Ende von Reichstrainer Nerz kam nach offizieller Darstellung nach dem Olympia-Aus in Berlin beim 0:2 gegen Norwegen. Tatsächlich war Herberger beim nächsten Spiel am 13. September in Polen (1:1) als „Betreuer“ der Mannschaft dabei. Doch schon zwei Wochen später saß Nerz in Prag (2:1 gegen die Tschechoslowakei) wieder auf der deutschen Bank – und auch Herberger wusste nichts von seiner angeblichen Ernennung zum Chef. Das bringt er in einem Schreiben an Nerz zum Ausdruck, aus dem Biograf Leinemann zitiert. „Ich habe keine Ahnung, was eigentlich los ist“, schreibt er da.

Ob Herberger nun bereits im November 1936 in Berlin beim 2:2 gegen Italien seinen offiziellen Einstand als Erbe des dann endgültig ausgeschiedenen Nerz gab, oder das Amt erst 1937 übernahm, ist unklar. Selbst der DFB hält eine eingehende wissenschaftliche Prüfung der Geschichte für „wünschenswert“. Gut, dass Löw für einen Blick in die Geschichtsbücher eh keine Zeit hat.

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