Lobinger kämpft gegen die Leukämie

München · Der einstige Weltklasse-Stabhochspringer war einer der auffälligsten deutschen Leichtathleten. Nun ist der 44-Jährige schwer erkrankt.

 2011 war Tim Lobinger beim Pfingstsportfest in Rehlingen zu Gast. Der einstige Stabhochspringer von Weltformat sorgte überall, wo er auftauchte, für gute Unterhaltung. Foto: Ruppenthal

2011 war Tim Lobinger beim Pfingstsportfest in Rehlingen zu Gast. Der einstige Stabhochspringer von Weltformat sorgte überall, wo er auftauchte, für gute Unterhaltung. Foto: Ruppenthal

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Der frühere Weltklasse-Stabhochspringer Tim Lobinger kämpft gegen Leukämie. Der 44 Jahre alte einstige Leichtathletik-Star unterzieht sich derzeit in seiner Wahlheimat München einer Chemotherapie gegen die Blutkrebserkrankung. "Bisher reagiert Tim positiv auf die äußerst aggressive Behandlung, was ihn und die behandelnden Münchner Ärzte vorsichtig optimistisch stimmt. Dennoch wird der Heilungserfolg von vielen Faktoren abhängen", heißt es in der Erklärung seines Managements vom gestrigen Donnerstag.

Lobinger war 1997 der erste deutsche Stabartist, der im Freien die Sechs-Meter-Marke überwand. 2003 gewann er in Birmingham die Goldmedaille bei den Hallen-Weltmeisterschaften. Über viele Jahre hinweg war der extrovertierte Athlet eine der prägenden Figuren seiner Sportart: Der einstige Teamsprecher des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) galt auch als streitbarer Geist und legte sich schon mal mit den Funktionären an.

DLV-Chef Clemens Prokop wünscht Lobinger alles Gute bei der Genesung und glaubt an dessen Heilung. "Tim ist ein Kämpfer. So habe ich ihn in vielen Jahren unserer langen und freundschaftlichen Bekanntschaft immer erlebt. Und deshalb bin ich überzeugt davon, dass er alles geben wird, um diese Krankheit zu besiegen", sagt der Verbandspräsident. Die Nachricht habe ihn "sehr betroffen" gemacht, meint Prokop, "sie war ein Schock für uns alle. Jetzt kann ich ihm nur alles Gute wünschen, dass die Behandlung greift und die Krankheit geheilt werden kann." Sein früherer Kollege Danny Ecker sagt: "15 Jahre lang sind wir zusammen durch die Welt gereist. Die Nachricht hat mich total geschockt."

Lobinger war nicht nur ein Kämpfer - auch für eine Show war das Vermarktungs-Talent zu seiner aktiven Zeit oft zu haben. Bei seinem Triumph beim Weltcup-Finale 2003 in Monaco zeigte er im Überschwang der Gefühle gar seinen nackten Hintern und wurde dafür mit einer Geldstrafe vom Weltverband IAAF belegt. Lobinger nahm's locker. "Ich habe so eine dicke Haut, ich vertrage so viel Kritik", sagte er damals.

Auch im Saarland war Lobinger mehrfach zu Gast, startete in den Jahren 2010, 2011 und 2102 beim Pfingstsportfest in Rehlingen. Einen ganz besonderen Ausflug hatte er im Oktober 2006 gewagt, als er als Pilot bei der Rallye St. Wendeler Land mitfuhr, um seine Grenzen auszutesten, wie er sagte.

Nach seiner Leichtathletik-Karriere arbeitete er vier Jahre lang als Athletiktrainer bei den Fußballern von RB Leipzig. 2016 kehrte er aus privaten Gründen mit seiner Familie nach München zurück. Dort baut Lobinger derzeit ein funktionelles Trainingszentrum auf und hat sich als Athletiktrainer für Spitzensportler spezialisiert.

Ende 2016 meldete sich Lobinger noch voller Tatendrang. Einige Wochen später verschob der viermalige Olympia-Teilnehmer und 15-malige deutsche Meister ein Telefon-Interview, weil er mit Fieber im Bett lag. "Unmittelbar nach der Diagnose der Krankheit im März wurde die stationäre Behandlung eingeleitet, die mehrere Chemotherapien und eine kommende Stammzelltransplantation umfasst", lässt Lobinger nun mitteilen. Zu weiteren Details will er sich nicht äußern. Genauso wenig möchte er, dass über seine Krankheit spekuliert wird. Deshalb machte er sie nun öffentlich.

Bei Freiluft-Europameisterschaften hat Lobinger, der in Rheinbach geboren ist und unter anderem für Bayer Leverkusen, den ASV Köln und die Stadtwerke München startete, drei Medaillen gewonnen: Silber 1998 in Budapest und 2006 in Göteborg sowie Bronze 2002 in München. 1997 sprang er in Köln-Müngersdorf deutschen Rekord mit 6,00 Metern. Erst 2012 hatte der Olympia-Zweite Björn Otto diese Marke um einen Zentimeter übertroffen. Verwehrt blieb Lobinger eine Medaille bei Olympischen Spielen und Freiluft-Weltmeisterschaften.

2011 ehrte der DLV den Stabhochspringer bei den nationalen Titelkämpfen in Kassel mit dem Rudolf-Harbig-Preis. Seitdem trieb er seine berufliche Karriere weiter voran. Sein Kampfgeist und seine Physis als langjähriger Leistungssportler, das hofft Lobinger, wird ihm auch in der nun so schwierigen Situation helfen.

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