Lisicki lässt Deutschland vom großen Titel träumen

London · Sabine Lisicki steht im Finale von Wimbledon. Die 23 Jahre alte Berlinerin gewann gestern gegen Agnieszka Radwanska aus Polen mit 6:4, 2:6, 9:7 und ist die erste deutsche Tennisspielerin im Wimbledon-Endspiel seit Steffi Graf 1999.

Mit einem Schlag löste sich die ganze Anspannung. Die Last der Geschichte, der Erwartungsdruck, die nervliche Belastung des Halbfinal-Krimis - alles fiel von Sabine Lisicki ab. Mit einer gezielten Vorhand hatte sie ihren zweiten Matchball gegen Agnieszka Radwanska verwandelt und war 14 Jahre nach Steffi Graf ins Finale von Wimbledon eingezogen. In ihrer Box feierten die Eltern Richard und Elisabeth das 6:4, 2:6, 9:7 ihrer Tochter, die in der Partie viele Fehler machte, aber im dritten Satz ein 0:3 aufholte.

Nur noch ein Schritt fehlt Lisicki, um nach Cilly Aussem und Graf als dritte Deutsche das bedeutendste Tennisturnier der Welt zu gewinnen. "Ich kann nicht glauben, dass ich im Finale stehe", sagte Lisicki und strahlte übers ganze Gesicht. Vor dem Match hatte sie eine Nachricht von Graf bekommen, die hatte sie im Endspurt beflügelt: "Die letzten Spiele waren so aufregend, wir haben beide so hart gekämpft. Es war eine Schlacht da draußen, aber ich habe immer daran geglaubt, dass ich das Match gewinnen kann. Egal wie der Spielstand war."

Im Endspiel morgen (14 Uhr) gilt die Berlinerin als Favoritin, auch wenn die Französin Marion Bartoli in ihrem Halbfinale wie ein Wirbelwind über die angeschlagene Kirsten Flipkens aus Belgien hinweg fegte. Nur 62 Minuten brauchte die Finalistin des Jahres 2007 für den 6:1, 6:2-Erfolg und damit 66 Minuten weniger als Lisicki.

Die 23-jährige Deutsche hat in diesen Tagen von Wimbledon jedoch nicht nur Titelverteidigerin Serena Williams und nun Vorjahresfinalistin Radwanska aus dem Turnier geworfen, sie hat auch das Publikum auf ihrer Seite. Die Briten feiern "Boom Boom Bine" bei jeder Gelegenheit und preisen die aufschlagstarke Deutsche aufgrund ihrer emotionalen Auftritte auf dem Court als "Doris Becker". Gegen Bartoli hat Lisicki zudem eine positive Bilanz. Dreimal schlug sie die Nummer 15 im Ranking bisher, nur die erste Begegnung, 2008 in Wimbledon im zarten Alter von 18 Jahren, verlor Lisicki. Für diese Niederlage revanchierte sich Lisicki im Viertelfinale 2011, als sie erstmals das Halbfinale im All England Club erreichte.

Damals verpasste sie den großen Wurf gegen Maria Scharapowa, nun war sie bereit und revanchierte sich damit auch für ihre Fed-Cup-Kollegin Angelique Kerber, die 2012 das Halbfinale gegen Radwanska verloren hatte.

Das öffentliche Interesse für Sabine Lisicki hat die ARD zu einem Vorstoß beim Pay-TV-Sender Sky veranlasst. Das Erste möchte das Finale morgen live übertragen. Das bestätigte Sky, ohne Details zum Stand der Verhandlungen zu nennen. Die ARD wollte sich gestern nicht äußern.