"Leuchtendes Beispiel für ganz Russland"

Moskau. Die Vorstellung ist immer noch befremdlich: Winterspiele unter Palmen. Genau ein Jahr vor Beginn der ersten Olympischen Spiele in Russland haben Präsident Wladimir Putin und IOC-Chef Jacques Rogge gestern Abend im neuen Eispalast von Sotschi den offiziellen Startschuss gegeben. Die Eisarenen an der Schwarzmeer-Küste sind in Betrieb

 Die derzeit wohl größte Baustelle der Welt - der Olympiapark im russischen Sotschi. Foto: Woitas/dpa

Die derzeit wohl größte Baustelle der Welt - der Olympiapark im russischen Sotschi. Foto: Woitas/dpa

Moskau. Die Vorstellung ist immer noch befremdlich: Winterspiele unter Palmen. Genau ein Jahr vor Beginn der ersten Olympischen Spiele in Russland haben Präsident Wladimir Putin und IOC-Chef Jacques Rogge gestern Abend im neuen Eispalast von Sotschi den offiziellen Startschuss gegeben.

Die Eisarenen an der Schwarzmeer-Küste sind in Betrieb. 45 Kilometer weiter im Kaukasus-Gebirge bei Krasnaja Poljana fahren Gondeln zu den alpinen Wettkampfstätten. Ein Jahr vor dem Start sei Sotschi zu rund zwei Dritteln bereit - "als Schaufenster für ein neues Russland", sagt der Chef des Organisationskomitees, Dmitri Tschernyschenko. Mit bisher 37,5 Milliarden Euro kostet Sotschi 2014 schon jetzt fünfmal mehr als ursprünglich geplant. Es ist das teuerste Spektakel der olympischen Geschichte.

Alles nicht so wild, meint Vize-Regierungschef Dmitri Kosak. Mehr als die Hälfte des Geldes komme von Investoren wie den Staatskonzernen und superreichen Oligarchen. Der Kreml hat sie zur Mithilfe verdonnert für Olympia 2014. Organisator Tschernyschenko, der selbst aus der Stadt mit rund 400 000 Einwohnern stammt, betont, dass der Sommerkurort nun endlich ein echtes Wintersportziel sei. 2014 will der Kreml in Sotschi zudem die Führer der Welt zum G8-Gipfel empfangen. Der Sicherheitsaufwand gegen Terroristen ist gigantisch. Die Region liegt in der Nähe von Konfliktgebieten wie dem islamisch geprägten Nordkaukasus und Abchasien, das Russland nach einem Krieg mit Georgien 2008 als unabhängigen Staat anerkannte.

In Sotschi will sich Russland mit einem neuen Flughafen, Straßen und Bahnstrecken, Luxushotels und atemberaubender Natur von seiner besten Seite zeigen. Bei den aktuellen internationalen Wettbewerben loben schon jetzt westliche Sportler die neuen Sportstätten. Doch bei vielen Einheimischen hält sich die Begeisterung in Grenzen. In Internet-Blogs klagen genervte Bürger über Baulärm rund um die Uhr, verpestete Luft und giftigen Bauschutt, Staus durch Lastwagen und über angeblich mehr Kriminalität wegen der vielen Gastarbeiter. Auch Menschenrechtler, etwa von der Organisation Human Rights Watch, und Umweltschützer prangern immer wieder schwere Rechtsverstöße an.

Die Vorwürfe drehen sich um Umweltsünden, zwangsumgesiedelte Bürger und um Gastarbeiter aus den zentralasiatischen Ex-Sowjetrepubliken, die wie Sklaven ausgebeutet würden. Russische Journalisten berichten über Druck von Behörden, kritische Beiträge lieber zu unterlassen.

Die Organisatoren wischen solchen Missklang beiseite. Tschernyschenko redet viel lieber über die Vorzüge Sotschis. Da wären etwa die von der Regierung festgeklopften Hotelpreise, um den in Russland beliebten Preiswucher zu brechen. Der Funktionär preist die Olympiastadt als "leuchtendes Beispiel für ganz Russland".

Risiken? "Das größte Risiko für die Winterspiele ist das Wetter", sagt Tschernyschenko. Satte Plusgrade sind möglich - die wärmsten Winterspiele der Historie, denn das Klima im Süden ist subtropisch. Deshalb horten die Gastgeber in riesigen Depots tonnenweise Schnee für die Wettkämpfe. 430 Schneemaschinen stehen bereit. Die öl- und gasreiche Rohstoffgroßmacht nehme eine horrende Energieverschwendung in Kauf, um den Winter nach Sotschi zu bringen, kritisieren daher Umweltschützer. Vor allem aber mussten die Organisatoren fast alle Sportstätten neu bauen. Viele sollen später übrigens abgebaut und an anderen Orten wieder errichtet werden. dpa

"Sotschi

ist das Schaufenster für ein neues Russland."

Dmitri Tschernyschenko,

 Moderner Blickfang: Das Stadion der Eisschnellläufer ist ein Jahr vor den olympischen Winterspielen fertig. Foto: Kochetkov/dpa

Moderner Blickfang: Das Stadion der Eisschnellläufer ist ein Jahr vor den olympischen Winterspielen fertig. Foto: Kochetkov/dpa

Organisations-Chef von Sotschi 2014

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