Australian Open Siegemund meldet sich wieder zurück
Melbourne · Ein Kreuzbandriss warf die Tennisspielerin aus der Bahn. Bei den Australian Open zeigt sie nun aufsteigende Form.
Laura Siegemund musste sich zwingen, die Stimmung nicht zu sehr zu genießen. Das Publikum in der Melbourne Arena war auf ihrer Seite, die Zuschauer sangen ihren Namen – wie hatte sie dieses Gefühl vermisst. Doch Siegemund brauchte ihre Konzentration, die „Grundspannung“, wie sie es selbst nennt. Auf der anderen Seite des Netzes stand ja nicht irgendeine Tennisspielerin, sondern die zweimalige Australian-Open-Siegerin Viktoria Asarenka.
„Daher konnte ich mir nur manchmal erlauben, die Atmosphäre aufzusaugen“, sagte Siegemund (30) später, „es war ein schmaler Grat“, den sie allerdings mit Bravour meisterte. Nach 2:42 Stunden hatte Siegemund die Weißrussin mit 6:7 (5:7), 6:4, 6:2 bezwungen und sich knapp 20 Monate nach ihrem Kreuzbandriss im linken Knie endgültig zurückgemeldet. Es war ihr erster Erfolg bei einem Major seit den US Open 2016 – „und der beste Sieg nach meiner Verletzung“.
Im Mai 2017 hatte Siegemund beim Sandplatzturnier in Nürnberg den schweren Rückschlag erlitten, kurz nachdem sie beim hochklassig besetzten Event in Stuttgart ihren mit weitem Abstand größten Triumph gefeiert hatte. „Es war ein harter Weg zurück“, sagte die einstige Weltranglisten-27. (aktuell Position 146) nun erleichtert. Ein Weg, der sich jedoch gelohnt hat. Außer ihr schaffte von den deutschen Frauen nur Wimbledonsiegerin Angelique Kerber den Einzug in die zweite Runde am heutigen Mittwoch (9 Uhr unserer Zeit, gegen die Brasilianerin Beatritz Haddad Maia). Siegemund trifft als nächstes morgen auf Hsieh Su-Wei aus Taiwan.
Schon im vergangenen Jahr war sie auf die Tour zurückgekehrt. Mit Anlaufschwierigkeiten, „weil der Körper noch in der Aufarbeitung war und erst sein Gleichgewicht wieder finden musste“, wie Siegemund dem Internetportal tennisnet.com unmittelbar vor den Australian Open erzählt hatte. „Ich hatte zwar schon länger das Gefühl, dass ich wieder sehr gut spiele, vielleicht sogar besser als vorher, aber auf diesem Level muss vieles zusammenkommen, damit man gewinnt“, sagte die Schwäbin nun.
Auch wenn Viktoria Asarenka nach der Geburt ihres Sohns Leo und einem anschließenden Sorgerechtsstreit weit von der Form früherer Tage entfernt ist, gibt der Sieg Siegemund enormes Selbstvertrauen. Sie habe es sich selbst beweisen müssen, dass sie wieder auf dem alten Level spielen kann, sagte sie: „Das war heute ein wichtiger Schritt nach vorne.“
Entscheidende Veränderungen in ihrer Karriere hatte Siegemund schon während ihrer Pause eingeleitet. Zunächst erkannte sie, wie sehr ihr der Sport noch immer am Herzen liegt. Die Psychologin mit dem Bachelor-Abschluss ist vielseitig interessiert, „in der Auszeit habe ich aber gemerkt, wie viel Bock ich noch habe“. Auch auf die langen Reisen, die zum Profi-Dasein im Tennis dazugehören – die sie vorher allerdings oft gestört hatten.
Zudem ordnete die frühere Nummer 27 der Welt ihr Team neu. In der Vorbereitung auf Australien arbeitete sie mit einem Fitnesscoach und einem Physiotherapeuten zusammen, die ebenso wie ihr Freund Antonio Zucca, der auch ihr Sparringspartner ist, aus Italien kommen. Die neue Sprache lernt Siegemund bereits fleißig. Ein wenig Ablenkung vom Tennis tut ihr noch immer gut – solange es nicht direkt auf dem Feld ist, weil die Zuschauer ihr so frenetisch zujubeln.