Lahm nach links, rechts wackelt Boateng

Danzig. Einmal kehrte Joachim Löw seine strenge Seite heraus. Der sonst immer freundliche Bundestrainer ließ keinen Zweifel daran, dass die Vergnügungsnacht von Jerome Boateng kurz vor der Abreise der deutschen Nationalmannschaft zur Fußball-EM inakzeptabel sei. Der 23-Jährige wurde abgewatscht

Danzig. Einmal kehrte Joachim Löw seine strenge Seite heraus. Der sonst immer freundliche Bundestrainer ließ keinen Zweifel daran, dass die Vergnügungsnacht von Jerome Boateng kurz vor der Abreise der deutschen Nationalmannschaft zur Fußball-EM inakzeptabel sei. Der 23-Jährige wurde abgewatscht. Der Vorfall lag zwar Tage zurück, aber Löw wollte gestern klarstellen, was er von der Verfehlung hielt. "Dass mir das nicht gefallen hat, ist klar. Es war seine freie Zeit, aber das von Sonntag auf Montag zu machen, war nicht in Ordnung", sagte Löw.Boateng hatte sich wenige Stunden vor dem Abflug nach Polen mit dem Nacktmodell Gina-Lisa Lohfink in einem Hotel in Berlin amüsiert - offenbar bis in die Morgenstunden. Löw drohte Boateng damit, seinen Platz als rechter Außenverteidiger im Spiel gegen Portugal am Samstag (20.45 Uhr/ARD) zu verlieren. Als ernsthafte Alternative nannte er Lars Bender, den er im Training auf dieser Position testete, obwohl Bender diese Aufgabe bei Bayer Leverkusen noch nie erfüllt hat. "Jerome hat jetzt eine Bringschuld", sagte Löw.

Es war wohl nur ein Warnschuss für Boateng, der bei Hertha BSC wegen diverser Eskapaden mal aussortiert worden war. Denn Löw wird den Verteidiger von Bayern München wohl in der Startelf lassen. Die Aufgabe, die er zu lösen hat, ist schwer. Der rechte Verteidiger wird im ersten Gruppenspiel gegen Cristiano Ronaldo antreten müssen. Der könne Spiele alleine entscheiden, warnte Löw. "Er ist sehr dynamisch, sehr schnell und hat einen sehr guten Torabschluss mit beiden Beinen und dem Kopf", lobte Philipp Lahm. In den Halbfinal-Spielen der Champions League gegen Real Madrid gelang es ihm für die Bayern, Ronaldo weitgehend auszuschalten. Aber in der Nationalelf entschied sich Löw trotzdem, Lahm als linken Verteidiger aufzustellen. Eine riskante Entscheidung mit Blick auf die stärkere portugiesische rechte Seite mit auf Ronaldo, der nun gegen Boateng, bei den Bayern meist Innenverteidiger, spielen darf. Und es gibt weitere Bedenken. Die Achse aus Abwehrchef Per Mertesacker, Bastian Schweinsteiger, Schaltzentrale im defensiven Mittelfeld, und Miroslav Klose, dem einzigen Stürmer, läuft nicht rund. Mertesacker brach gestern das Training ab und begab sich in die Obhut der Ärzte, die Entwarnung gaben - sein Einsatz sei nicht gefährdet. Schweinsteiger hat noch kleine Zweifel an seiner Fitness: "Es geht mir gut. Ich taste mich langsam wieder an die Spritzigkeit heran." Und das neue, gleichzeitig alte Bulletin von Löw zu Klose lautete: "Er hatte ein paar Probleme mit dem Rücken."

"Es ist ein großes Ziel, den Titel zu holen. Ob es klappt, wissen wir nicht", sagte Lahm, "wir haben seit 2010 einen Schritt nach vorne gemacht." Eine These, die wohl nur ein Sieg gegen Portugal untermauern kann. dapd

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