Ringer-Bundesliga „Bei uns ist immer etwas anderes“

Burghausen · Ringer des KSV Köllerbach scheiden im Viertelfinale um die deutsche Meisterschaft aus. Deutliche Worte von Altmeister Andrij Shyyka.

 Der Abend in Burghausen in einem Bild zusammengefasst: Hüseyin Dincay (links) und Thomas Geid (rechts) schauen bedröppelt drein, ihr Schützling Mihail Sava (vorne) hat in der Klasse bis 71 Kilogramm keine Chance gegen seinen Gegner aus Burghausen.

Der Abend in Burghausen in einem Bild zusammengefasst: Hüseyin Dincay (links) und Thomas Geid (rechts) schauen bedröppelt drein, ihr Schützling Mihail Sava (vorne) hat in der Klasse bis 71 Kilogramm keine Chance gegen seinen Gegner aus Burghausen.

Foto: Roman Hölzl/Roman Hoelzl

Andrij Shyyka war nicht mehr zu beruhigen. Der Freistilringer des KSV Köllerbach hatte zwar seinen Kampf in der Klasse bis 75 Kilo gegen Johann Steinfurt per Schultersieg für sich entschieden, danach bejubelte aber Wacker Burghausen den ungefährdeten Einzug ins Halbfinale um die deutsche Ringer-Mannschaftsmeisterschaft. Der amtierende Titelträger gewann am Samstagabend verdient mit 17:11 gegen die Saarländer. Schon den Hinkampf vor einer Woche hatten die Bayern bereits mit 13:10 für sich verbuchen können.

„Wenn man sieht, was Burghausen hier aufzieht . . . und wir? Wollen wir mit Riegelsberg und Heusweiler mitringen, oder haben wir Ambitionen, deutscher Meister zu werden? Bei uns ist immer etwas anderes. Letztes Jahr waren die Ungarn nicht da. Diesmal kommen Absagen, einige haben keinen Bock. Ich habe auf diese Scheiße auch keinen Bock mehr“, redete sich der 38-Jährige in Rage, „es war doch zu erwarten, dass wir verlieren, wenn wir mit so einer Mannschaft anreisen. In der Runde stehen wir stark, und in den Playoffs dann so eine Scheiße.“

Istvan Vereb beispielsweise hatte dem Verein abgesagt. Nach der misslungenen Weltmeisterschaft war der Ungar nie in Form gekommen, hatte gesundheitliche Probleme und schaffte es nicht, für die 86 Kilo Freistil das Gewicht zu machen. Dort kämpfte am Samstag Pajtim Sefaj, ein griechisch-römisch-Ringer bis höchstens 75 Kilo. Sefaj tat sein Bestes, unterlag aber technisch unterlegen gegen Kakhaber Khubezhty nach 3:19 Minuten. Gleiches passierte Nachwuchsmann Kilian Schäfer in der Klasse bis 98 Kilo griechisch-römisch gegen Ramsin Azizsir nach 1:58 Minuten.

Dort hatten viele beim KSV auf Gennadji Cudinovic gehofft, der trotz falscher Stilart sicher mehr Gegenwehr hätte leisten können. „Die Mannschaft hat sich nach dem Hinkampf getroffen und die Niederlage analysiert“, erklärte KSV-Chef Hilmar Rehlinger, „man hat verschiedene Möglichkeiten für den Rückkampf besprochen, auch dass Gennadji ringt. Er hat sich Bedenkzeit erbeten und dann abgesagt.“ Über die Hintergründe des Streits wird seit Wochen gemunkelt – sich öffentlich erklären will aber niemand. Auch dass Shyyka sein Kapitänsamt bereits vor Wochen abgegeben hat, wurde nicht kommuniziert. „Im Sinne der Mannschaft hätte man ringen können. Aber will man zu Olympia und hat dann Angst, sich zu verletzen, kann ich das auch verstehen. Das muss halt jeder für sich entscheiden“, sagte Shyyka und verwies darauf, dass man die Dinge intern klären müsse.

„Als Sportler will man immer gewinnen. Wir hatten in diesem Jahr die große Chance, deutscher Meister zu werden. Weil einige Komponenten aber nicht gepasst haben, sind wir verdient ausgeschieden“, sagte Etienne Kinsinger, der zumindest seinen Kampf gegen Andreas Maier (66 Kilo Greco) mit 6:1 gewinnen konnte. Außer Shyyka und Kinsinger punkteten noch Laszlo Szabo (80 Kilo griechisch-römisch, 6:1 gegen Michael Widmayer) und Oleksandr Khutsiansivskyi (130 Kilo Freistil, 9:0 gegen Erik Thiele). Valentin Seimetz (61 Kilo Freistil) und Marc Antonio von Tugginer (75 Kilo griechisch-römisch) unterlagen nach guten Vorstellungen knapp, Steven Ecker (57 Kilo griechisch-römisch) und Mihail Sava (71 Kilo Freistil) dagegen deutlich.

Beim KSV muss man nun schleunigst mit der Aufarbeitung der Saison beginnen. Dass mit Timo Badusch der zweite Kapitän und ein deutscher Leistungsträger nach einer Schulterverletzung kurz vor den Playoffs ausfiel, gehört auch zu den Gründen für das Scheitern. Doch das war sicher nicht alleine ausschlaggebend. „Gegen Burghausen kann man verlieren, aber die Art und Weise tut weh“, sagte Kinsinger, „wir müssen vieles kritisch hinterfragen. Es liegt auf der Hand, dass wir viele Fehler machen. Jeder muss sich selbst an die Nase fassen – Sportler, Trainer, Verantwortliche, wir sind ein Verein. Es wird Zeit, dass wir uns einmal kritisch miteinander auseinandersetzen. Das ist in der Vergangenheit vielleicht zu selten geschehen.“ Andrij Shyyka sagte sogar: „Wir müssen alles ändern. Alles.“

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