Krönung für Japans Königin

Frankfurt. Irgendwann, als die Stadion-Regie im Frankfurter Stadtwald das Flutlicht für das ausstehende Feuerwerk abgedunkelt hatte, hat sich Homare Sawa nicht mehr für die vielen goldenen Schmuckstücke interessiert. Nicht für den Goldenen Ball als beste Spielerin dieser Frauenfußball-Weltmeisterschaft. Nicht für den Goldenen Schuh als beste Torchützin dieses Turniers (fünf Treffer)

Frankfurt. Irgendwann, als die Stadion-Regie im Frankfurter Stadtwald das Flutlicht für das ausstehende Feuerwerk abgedunkelt hatte, hat sich Homare Sawa nicht mehr für die vielen goldenen Schmuckstücke interessiert. Nicht für den Goldenen Ball als beste Spielerin dieser Frauenfußball-Weltmeisterschaft. Nicht für den Goldenen Schuh als beste Torchützin dieses Turniers (fünf Treffer). Nicht für die Fairness-Trophäe. Und auch nicht für den WM-Pokal. Auf ihrem Spaziergang durch die Nacht trug sie nur ihre Medaille, eine japanische Flagge und ein T-Shirt mit rosafarbenen Nelken und japanischen Schriftzeichen. Oben stand groß: "Champions". Unten klein: "Dankeschön". Die scharfsinnige Strategin hielt ihren trophäenlosen Marsch inmitten des mit goldiger Dekoration übersäten Grüns für die passende Lösung. Alle ihr überreichten Erinnerungsstücke sollten andere tragen.

Auszeichnungen gehören allen

"Diese Auszeichnungen gehören uns allen", erklärte die 32-Jährige später mit ihrer ganz eigenen Bescheidenheit. Um die Frau mit dem gewaltigen Pferdeschwanz drängelte sich die größte Schar der Berichterstatter. Der filigranen Frau ist das fast peinlich gewesen, und sie hat dann ihre Freude versucht zu verstecken. Aber nicht gut genug. Weil sie nach den unzähligen Höflichkeits-Floskeln doch irgendwann sagte: "Ich bin einfach nur erleichtert, ich spiele seit 18 Jahren in der Nationalmannschaft, aber davon wagte ich nie zu träumen."Sawa erzählte ein bisschen von ihrer langen Reise durch fünf WM-Turniere ("ich habe auch die harten Zeiten des japanischen Fußballs erlebt") und von der besonderen Mission im Jahre 2011 ("wir haben für die Menschen in unserer Heimat gesiegt"). Aber dann ließ sie, die schon als Teenager in der ersten japanischen Liga kickte und mit 15 in der Nationalelf debütierte, offen, ob sie auch im Jahre 2015 noch ein sechstes Mal auf der WM-Bühne auftritt. Ihr Nationaltrainer Norio Sasaki möchte das gerne. "Was sie geleistet hat, ist mehr wert als jede Goldmedaille. Sie rennt und rennt", schwärmte der 53-Jährige: "Sie versinnbildlicht exakt den Fußball, den unsere Mannschaft spielen soll. So eine Spielerin darf nicht aufhören, so eine Spielerin will man weiter bewundern."

Sawa ist eine verehrte Institution in der Heimat, weil sie als fast unfehlbar daherkommt. Was erklärt, warum sie selbst nach dem Titelgewinn keine Frage auf Englisch beantwortete, obwohl sie bei Colorado Rush, Atlanta Beat und Washington Freedom in den USA unter Vertrag stand. Sie versteht zwar alles, will aber nirgendwo einen Fehler machen. Erziehungssache.

"Sie war fantastisch"

Der 1,64 Meter großen Spielmacherin werden gerade im weltumspannenden Frauenfußball so gewaltige Kränze geflochten, die beinahe um den Ballungsraum Tokio passen würden. Die frühere amerikanische Nationaltrainerin April Heinrichs sagte, dass wegen Sawa das japanische Angriffsspiel neue Maßstäbe setzen würde. Sawas ehemalige amerikanische Mitspielerin Abby Wambach flötete eine ganz eigene Homare-Hommage: "Welch eine Partie von Sawa. Sie war fantastisch." Und vor allem war sie überall, nicht nur bei der Siegerehrung. "Sie macht Abwehr und Angriff", sagt Sasaki, und vor allem macht Homare Sawa entscheidende Tore. Erst ihr filigraner Volltreffer in der 117. Minute - ein Meisterstück dieser Turnier-Geschichte - ermöglichte den Asiatinnen die Verlängerung. Und dass Japans Nummer zehn dabei zum vierten Mal einen Flugball direkt verwandelte, verriet viel über ihr einzigartiges Gefühl für Raum und Zeit auf dem Rasen.Homare Sawas filigranen Auftritte haftet etwas einmalig Erhabenes an. Es ist irgendwie beruhigend, dass dabei in der Frankfurter Arena niemand das Licht abgedimmt hat.

saarbruecker-zeitung.de/

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