Kroaten ärgern sich über das „dümmste Spiel der Welt“

Lens · 120 Minuten Anti-Fußball – so könnte man das bezeichnen, was Kroatien und Portugal im Achtelfinale abgeliefert haben. Während die Portugiesen nach dem 1:0-Sieg nach Verlängerung im Viertelfinale stehen, hadern die Kroaten damit, dass sie die „größte Chance dieser Generation“ vergeben haben.

 Der Kroate Domagoj Vida kniet enttäuscht auf dem Rasen, im Hintergrund feiern die Portugiesen den Viertelfinal-Einzug. Foto: pena/dpa

Der Kroate Domagoj Vida kniet enttäuscht auf dem Rasen, im Hintergrund feiern die Portugiesen den Viertelfinal-Einzug. Foto: pena/dpa

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Weit nach Mitternacht rang Ivan Rakitic noch immer um Fassung. "Ich habe noch nie so viel Trauer und Tränen gesehen", sagte er nach dem Achtelfinal-K.o. der Kroaten - und schüttelte den Kopf: "Manchmal ist Fußball das einfachste Spiel, und manchmal ist es das dümmste Spiel der Welt." Der Ex-Schalker fühlte sich nach der 0:1 (0:0)-Niederlage nach Verlängerung gegen Portugal um die Chance seines Lebens gebracht. Denn der Weg ins EM-Finale war geebnet.

Kroatien war nach dem 2:1-Sieg gegen Titelverteidiger Spanien kein Geheimfavorit mehr. Und alle Welt- und Europameister standen auf der anderen Seite des Spielplans, wären erst im Finale ein Gegner geworden. Kroatiens goldene Generation mit Champions-League-Sieger Luka Modric und dem vermeintlich besten Mittelfeld der EM schien ihrer Krönung entgegenzustreben.

Doch dann - nach 116 Minuten eines quälend langweiligen, ereignislosen Spiels am Samstag in Lens - kam der Niederschlag wie aus dem Nichts. Ricardo Quaresmas Kopfballtor nach dem ersten Torschuss des Spiels durch Cristian Ronaldo zerstörte die Träume. "Uns allen war bewusst, dass es die größte Chance dieser Generation war", sagte der Kroate Vedran Corluka. Die Gelegenheit, aus dem Schatten der WM-Dritten von 1998 mit Torjäger Davor Suker zu treten, war verspielt.

Mit einer Mischung aus Angst vor der eigenen Courage und Ratlosigkeit angesichts der sturen Defensiv-Taktik der Portugiesen, die wie in den Vorrundenspielen enttäuschten und mit vier Unentschieden nach regulärer Spielzeit im Viertelfinale stehen. "Die bessere Mannschaft fährt nach Hause", sagte Rakitic. Die Eindrücke der Vorrunde hatten daran keinen Zweifel gelassen. Doch was die 33 523 Zuschauer am Samstag in 120 Achtelfinal-Minuten erlebten, warf die Frage auf: Wie will man weiterkommen, wenn der Ball nicht ein einziges Mal auf das gegnerische Tor kommt? Ein Kopfball von Ivan Perisic an den Pfosten unmittelbar vor dem 0:1. Ein Schuss von Domagoj Vida in der Nachspielzeit der Verlängerung knapp neben das Tor. Das waren die einzigen gefährlichen Annäherungen an das Ziel in zwei Stunden Anti-Fußball.

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