Klingenthal steht kopf

Klingenthal · Nicht Oslo, nicht Lahti, nicht Falun: Im kleinen Klingenthal im sächsischen Vogtlandkreis beginnt am kommenden Wochenende der Skisprung-Weltcup. Auch das warme Wetter kann die Vorfreude nicht trüben.

Ganze 10 000 Einwohner, ein Harmonika-Museum als Top-Attraktion und rundherum viel Nadelwald: Das kleine Klingenthal im Vogtland lockt eher selten internationale Gäste an. Am kommenden Wochenende aber steht die beschauliche Gemeinde wieder einmal kopf. Denn nicht in Oslo , Lahti oder Falun beginnt der Weltcup der Skispringer , sondern im Naturpark Erzgebirge.

Die Wahl mag überraschen, ist aber wohlüberlegt. "Klingenthal ist genau der richtige Ort. Ähnlich wie in Planica erwartet uns ein Festival. Dort kommt alles zusammen, was wir brauchen, um Emotionen zu erzeugen", sagt Walter Hofer vom Internationalen Skiverband (Fis). Athleten sehen das ähnlich. "Die Leute in Klingenthal sind einfach sportverrückt, das sind Sportnarren. Ich hoffe, dass sie wieder Vollgas geben", sagt der Sachse Richard Freitag , der bei seinem Heimspiel auf eine Top-Platzierung hofft. So wie im Oktober, als er das Mattenspringen gewann - vor 8500 begeisterten Zuschauern.

Eine volle Hütte wird auch am kommenden Wochenende erwartet. Genau das ist der größte Trumpf Klingenthals. Jahrelang starteten die Weitenjäger im finnischen Kuusamo vor fast leeren Rängen in die Saison. Vor einem Jahr erhielt dann erstmals die Vogtland-Arena den Zuschlag. Zwar sorgten 2013 der starke Wind und der damit begründete Startboykott von Topspringer Gregor Schlierenzauer aus Österreich für einigen Wirbel. Das Fis-Fazit für den Weltcup-Auftakt in Klingenthal fiel dennoch positiv aus.

Ein wenig Sorgen macht dieser Tage das warme Wetter im Vogtland. Eingelagerten Schnee wie im Vorjahr gibt es nicht, die künstliche Schneeproduktion läuft seit einer Woche auf Hochtouren. Immerhin: "In diesem Jahr wird der Schnee nicht braun, sondern sicher weiß", sagt Alexander Ziron, Geschäftsführer des VSC Klingenthal . Doch die Schneekanonen fressen Geld - von 110 000 Euro ist die Rede. Am Ende wird Klingenthal unter anderem deshalb wohl wieder ein Minus machen. "Es stellt sich die Frage, ob sich auf Dauer defizitäre Veranstaltungen lohnen. Der Vogtland-Arena fehlt zudem noch immer die regionale Identifikation", wurde VSC-Präsident Manfred Deckert unlängst zitiert. Dabei ist Klingenthal ein Traditionsort. "Skispringen hat ihn bekannt gemacht", sagt Sven Hannawald , der dort zu DDR-Zeiten das Skifliegen lernte. Olympiasieger Helmut Recknagel startete 1960 für Klingenthal , Manfred Deckert (Vierschanzentournee-Sieger 1982) und Matthias Buse (Weltmeister 1978) stammen auch von dort. Bis heute legendär ist die 1990 gesprengte Aschbergschanze, von Einheimischen liebevoll "Asch" genannt. Fehlt nur noch der erste deutsche Weltcup-Sieger in der Vogtland-Arena. Außer auf Freitag ruhen Hoffnungen besonders auf Skiflug-Weltmeister Severin Freund . "Es ist für uns sehr angenehm, auf einer Schanze zu starten, die uns vertraut ist", sagt der Mannschafts-Olympiasieger.

weltcup-klingenthal.de

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Auf einen BlickDie Weltcup-Saison der Skispringer startet am kommenden Wochenende in Klingenthal mit einem Mannschaftswettbewerb (Samstag) und einem Einzelspringen (Sonntag). Der zweite Weltcup in Deutschland findet mit zwei Einzel- und einem Mannschaftsspringen vom 30. Januar bis 1. Februar 2015 in Willingen im Schwarzwald statt.Höhepunkte der Saison sind die Vierschanzentournee mit den Stationen Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen sowie die Weltmeisterschaften Ende Februar im schwedischen Falun. red

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