"Kleinod" STTB-Halle sah großen Sport

Die Sporthalle in der St. Ingberter Gartenstraße, 1957 erbaut, wird wohl aus dem Stadtbild verschwinden. Von 1957 bis 1977 war sie Heimstatt für den Saar-Handball. Dann kaufte sie der Landessportverband für das Saarland, der sie dem Saarländischen Tischtennis-Bund (STTB) zur Verfügung stellte. Doch auch diese Ära ging jetzt zu Ende

Die Sporthalle in der St. Ingberter Gartenstraße, 1957 erbaut, wird wohl aus dem Stadtbild verschwinden. Von 1957 bis 1977 war sie Heimstatt für den Saar-Handball. Dann kaufte sie der Landessportverband für das Saarland, der sie dem Saarländischen Tischtennis-Bund (STTB) zur Verfügung stellte. Doch auch diese Ära ging jetzt zu Ende. Regionale und überregionale Tischtennis-Großereignisse finden künftig in der neuen Multifunktionshalle an der Saarbrücker Hermann-Neuberger-Sportschule statt. Offiziell ist die Halle in der Landeshauptstadt seit 1. Januar in erster Linie Heimstätte für den Saarländischen Tischtennis-Bund, seinen Trainingsbetrieb und seine Titelkämpfe. Die Halle in St. Ingbert ist marode und nicht mehr zeitgemäß. Sie hat ihre Premiere am 2. November 1957 erlebt - als Halle des Handball-Verbands Saar (HVS). Damals wurde sie als "Kleinod" gefeiert und hatte doch die beachtlichen Ausmaße von 40 mal 20 Meter.Es war eine Kraftanstrengung des Verbands für seinen in den Nachkriegsjahren immer größer werdenden Kreis von Sportlern, der vom Feld in die Halle drängte. Handballtaugliche Hallen waren Anfang der 50er-Jahre noch nicht vorhanden. Mehrere Jahre lang wurde der Landesmeister in der neu erbauten Haßlocher Pfalzhalle ermittelt. An diesen Meisterschaften durften allerdings nur die sechs Mannschaften der höchsten Klasse teilnehmen. Dominierend damals: der SV St. Ingbert, die SG Hassel und der TV Erbach. Titelkämpfe in der Pfalz - das konnte natürlich kein Dauerzustand sein.

So halfen die Handballer sich selbst. Der saarländische Verband kaufte von der Stadt St. Ingbert ein Grundstück in der heutigen Gustav-Clauss-Anlage, fing am 4. Juli 1955 an zu bauen und hatte sein "Wohnzimmer" am 1. November 1957 fertiggestellt. Offiziell eröffnet wurde das "Mekka" der saarländischen Handballer am Samstag, 2. November 1957, vor 2000 Zuschauern.

"Nur schöne Erinnerungen"

Sportliches Haupt-Ereignis dieses Tages war ein Ländervergleich zwischen den Auswahlmannschaften des Saarlands und Bremens, der 19:19 endete. Der damalige SZ-Sportchef Hansgünther Adam, selbst (feld-)erprobter Auswahltorwart des von September 1950 bis Februar 1957 sportlich autonomen Saarlandes, bemerkt anschließend in einem Artikel, dass die von Fritz Spengler (Olympiasieger 1936 im Feldhandhall) betreute Saar-Mannschaft noch einiges lernen kann. Adam: "Die Gäste boten zweifellos die reifere Leistung. Sie hatten Vorteile in der Ballbehandlung, wirkten taktisch klüger und bewiesen auch im Durchbrechen der gegnerischen Sperrkette das ausgeprägtere Können."

Vier Wochen später gab es dann den ersten Vergleich mit einem Nationalteam in der Halle. Zu Gast waren die Holländer, die ein Jahr zuvor in Amsterdam im letzten offiziellen Länderspiel des Weltverbands-Mitglieds Saarland ein 20:20 zugelassen hatten. Das Team von Fritz Spengler glänzte auch diesmal, gewann vor 1250 Zuschauern mit 23:22.

Die Länderspiele konnten mit jeweils elf Siegen und Niederlagen bei zwei Unentschieden ausgeglichen gestaltet werden. Die Halle hat in den zwei Jahrzehnten ihres "Handball-Daseins" viele interessante Spiele gesehen. Hans-Joachim Müller, ehemaliger Saarauswahl-Spieler und Verbands-Präsident, hat "nur schöne Erinnerungen", vor allem an die Spiele mit der Saarauswahl. Müller: "Die Halle war gegen die Schweiz und gegen Rumänien mit 3000 Zuschauern gefüllt, eine ganz tolle Atmosphäre. Das war von Anfang der 60er Jahre bis in die 70er Jahre. Erst als mit dem Hallenprogramm von 1970 bis 1974 viele neue Hallen aus dem Boden gestampft wurden, hat die St. Ingberter Halle ihre Bedeutung verloren."

Auch an Bundesliga-Spiele mit dem TuS 1860 Neunkirchen erinnert sich Müller: "In der Vorrunde 1965/66 haben wir in St. Ingbert gespielt, weil unsere alte Halle in Neunkirchen nicht mehr zugelassen war und die neue Halle im Wagwiesenthal noch nicht fertiggestellt war."

Endgültig beendet wurde das Kapitel Handballhalle St. Ingbert 1977. Besiegelt in einem Vertrag vom 11. Oktober, geschlossen zwischen Hermann Neuberger, dem Chef beim neuen Hallen-Eigentümer LSVS, und Eligius Simon (Gersweiler), dem Vorsitzenden des Saarländischen Tischtennis-Bunds. Die Tischtennisspieler richteten sich ein, ließen die großen seitlichen Fenster verschwinden, bauten neue Funktionsräume. Auch der Eingangsbereich wurde neu gestaltet.

Dem Gros der saarländischen Tischtennisfans wurde die Halle allerdings nicht durch die alljährlich hier stattfindenden Landesmeisterschaften in allen Altersklassen, sondern durch Bundesliga- und auch Europapokal-Auftritte des von 1980 bis 1992 auf internationalem Parkett mit großem Erfolg mitmischenden ATSV Saarbrücken bekannt. Dessen Halle auf der Bellevue in der Landeshauptstadt genügte nicht den Anforderungen. So waren nach dem überraschenden Erstliga-Aufstieg 1980 der jugoslawische Weltklasse-Spieler Dragutin Surbek und Europameister John Hilton aus England die ersten Stars in der Gartenstraße. Das später nach dem Hauptsponsor Peugeot genannte "Löwenteam" von Manager Georg Rebmann wurde dank des "Tigers von Zagreb", wie Publikumsliebling Surbek von seinen Freunden genannt wurde, und dank des einstigen Versicherungsvertreters aus Manchester schnell zu einer festen Größe auf nationalem und internationalem Parkett. Später folgten Weltmeister wie die Schweden Stellan Bengtsson, Jan-Ove Waldner und Jörgen Persson, die Chinesen Li Yuxiang, Xie Saike und Chen Zhibin, der Engländer Carl Prean und deutsche Spitzenspieler wie Peter Engel, Georg Böhm und Jürgen Rebel dem Lockruf Rebmanns. Der machte Tischtennis zu einer Sportart, in der richtig gut Geld verdient werden konnte. Beispiel: St. Ingbert war Schauplatz des Finales um den deutschen Pokal 1989, dem der Saarländische Rundfunk vor dem Spiel vier Stunden Sendezeit in den dritten Programmen eingeräumt hatte. Das erhöhte natürlich den Etat und den Erlös aus der Bandenwerbung beträchtlich. So schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) zu dieser Partie: "Die ehrwürdige Halle in St. Ingbert wurde für dieses eine Spiel kräftig aufgemotzt, wovon Spieler und Zuschauer gleichermaßen profitierten. Durch zwei Zusatztribünen wurde die Wettkampfstätte zur 2800 Besucher fassenden Arena, das Beleuchtungssystem wurde so umgestellt, dass nur die Spielbox in hellstem Licht erstrahlte." Gesamteinnahmen an diesem Abend: 280 000 Mark. Der SSV Reutlingen, der Gegner des ATSV, siegte mit 5:0.

St. Ingbert sah ETTU-Pokalspiele wie etwa 1981 gegen Zagreb, 1983 gegen Cupverteidiger Vasutas Budapest (5:3 im Halbfinale, alle mit Surbek), 1988 gegen den SSV Reutlingen (3:5 im Viertelfinale). In der Halle gab es zudem Europapokalspiele der Landesmeister wie 1987. Spannend waren auch die Partien 1990 gegen Malmö FF (5:3 im Viertelfinale), das Halbfinalspiel gegen Partizan Belgrad (5:3) und das mit 3:5 verlorene Endspiel gegen UTT Levallois Paris. In der folgenden Saison gab es zwei Finalspiele, beide gingen aber in St. Ingbert am 22. März und Düsseldorf am 26. März mit 2:5 verloren. Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner hießen die Haupt-Gegner auf Düsseldorfer Seite. Und sie waren auch der Hauptgrund, warum der ATSV (Rebmann: "Düsseldorf ist auf Dauer nicht zu schlagen") danach sein Team aus dem Profisport zurückzog. "Die ehrwürdige Halle in

St. Ingbert wurde für dieses eine Spiel kräftig aufgemotzt."

Die FAZ zum deutschen Pokalfinale im Tischtennis 1989

Hintergrund

Noch nicht endgültig entschieden ist die Zukunft der STTB-Halle und des Grundstücks in der Gartenstraße. Sowohl das 2732 Quadratmeter große Grundstück als auch die Halle will der Landessportverband für das Saarland als Eigentümer nach den Worten von LSVS-Hauptgeschäftsführer Paul Hans der Stadt St. Ingbert kostenlos rückübertragen. Doch die Verantwortlichen der Stadt fürchten die Abrisskosten, die derzeit noch nicht genau kalkuliert sind und auf 250 000 bis 400 000 Euro geschätzt werden.

Die Stadt möchte, dass der Noch-Eigentümer LSVS einen Teil der Abrisskosten übernimmt. Der Landessportverband, der sich ursprünglich gegen eine Kostenbeteiligung ausgesprochen hatte, will noch einmal über das St. Ingberter Ansinnen beraten. Zuletzt gab es erneut ein Treffen von Vertretern der Stadt St. Ingbert und des LSVS in St. Ingbert.

 Tischtennisspieler Dragutin Surbek vom ATSV Saarbrücken spielte oft in St. Ingbert. Er wurde "Der Tiger von Zagreb" genannt. Foto: Hartung

Tischtennisspieler Dragutin Surbek vom ATSV Saarbrücken spielte oft in St. Ingbert. Er wurde "Der Tiger von Zagreb" genannt. Foto: Hartung

 Eine Szene aus der Saison 1966/67: Hans-Joachim Müller beim Torwurf im Bundesligaspiel des TuS Neunkirchen gegen Hochdorf in St. Ingbert. Müller wurde später Präsident des Handball-Verbandes.Foto: Hartung

Eine Szene aus der Saison 1966/67: Hans-Joachim Müller beim Torwurf im Bundesligaspiel des TuS Neunkirchen gegen Hochdorf in St. Ingbert. Müller wurde später Präsident des Handball-Verbandes.Foto: Hartung

 Tischtennisspieler Dragutin Surbek vom ATSV Saarbrücken spielte oft in St. Ingbert. Er wurde "Der Tiger von Zagreb" genannt. Foto: Hartung

Tischtennisspieler Dragutin Surbek vom ATSV Saarbrücken spielte oft in St. Ingbert. Er wurde "Der Tiger von Zagreb" genannt. Foto: Hartung

 Eine Szene aus der Saison 1966/67: Hans-Joachim Müller beim Torwurf im Bundesligaspiel des TuS Neunkirchen gegen Hochdorf in St. Ingbert. Müller wurde später Präsident des Handball-Verbandes.Foto: Hartung

Eine Szene aus der Saison 1966/67: Hans-Joachim Müller beim Torwurf im Bundesligaspiel des TuS Neunkirchen gegen Hochdorf in St. Ingbert. Müller wurde später Präsident des Handball-Verbandes.Foto: Hartung

 Tischtennisspieler Dragutin Surbek vom ATSV Saarbrücken spielte oft in St. Ingbert. Er wurde "Der Tiger von Zagreb" genannt. Foto: Hartung

Tischtennisspieler Dragutin Surbek vom ATSV Saarbrücken spielte oft in St. Ingbert. Er wurde "Der Tiger von Zagreb" genannt. Foto: Hartung

 Eine Szene aus der Saison 1966/67: Hans-Joachim Müller beim Torwurf im Bundesligaspiel des TuS Neunkirchen gegen Hochdorf in St. Ingbert. Müller wurde später Präsident des Handball-Verbandes.Foto: Hartung

Eine Szene aus der Saison 1966/67: Hans-Joachim Müller beim Torwurf im Bundesligaspiel des TuS Neunkirchen gegen Hochdorf in St. Ingbert. Müller wurde später Präsident des Handball-Verbandes.Foto: Hartung

 Tischtennisspieler Dragutin Surbek vom ATSV Saarbrücken spielte oft in St. Ingbert. Er wurde "Der Tiger von Zagreb" genannt. Foto: Hartung

Tischtennisspieler Dragutin Surbek vom ATSV Saarbrücken spielte oft in St. Ingbert. Er wurde "Der Tiger von Zagreb" genannt. Foto: Hartung

 Eine Szene aus der Saison 1966/67: Hans-Joachim Müller beim Torwurf im Bundesligaspiel des TuS Neunkirchen gegen Hochdorf in St. Ingbert. Müller wurde später Präsident des Handball-Verbandes.Foto: Hartung

Eine Szene aus der Saison 1966/67: Hans-Joachim Müller beim Torwurf im Bundesligaspiel des TuS Neunkirchen gegen Hochdorf in St. Ingbert. Müller wurde später Präsident des Handball-Verbandes.Foto: Hartung

 Tischtennisspieler Dragutin Surbek vom ATSV Saarbrücken spielte oft in St. Ingbert. Er wurde "Der Tiger von Zagreb" genannt. Foto: Hartung

Tischtennisspieler Dragutin Surbek vom ATSV Saarbrücken spielte oft in St. Ingbert. Er wurde "Der Tiger von Zagreb" genannt. Foto: Hartung

 Eine Szene aus der Saison 1966/67: Hans-Joachim Müller beim Torwurf im Bundesligaspiel des TuS Neunkirchen gegen Hochdorf in St. Ingbert. Müller wurde später Präsident des Handball-Verbandes.Foto: Hartung

Eine Szene aus der Saison 1966/67: Hans-Joachim Müller beim Torwurf im Bundesligaspiel des TuS Neunkirchen gegen Hochdorf in St. Ingbert. Müller wurde später Präsident des Handball-Verbandes.Foto: Hartung

Neu bebaut wird das Grundstück wohl nicht mehr. Im Sinne des Klimaschutzes soll die Halle einer größeren Frischluftschneise für die Innenstadt weichen. ep

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