Krise im Saarsport Hinter den Kulissen tobt der Kampf um Posten

Saarbrücken · Der Saarsport soll personell neu aufgestellt werden. Klaus Steinbach und Heinz König werden als LSVS-Präsident gehandelt.

 Die Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken glänzt mit nahezu perfekter Infrastruktur und hält für Leistungssportler aus ganz Deutschland hervorragende Trainingsbedingungen vor.

Die Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken glänzt mit nahezu perfekter Infrastruktur und hält für Leistungssportler aus ganz Deutschland hervorragende Trainingsbedingungen vor.

Foto: Robby Lorenz

Wie soll es im Saarsport weitergehen? Wie ist der Landessportverband für das Saarland (LSVS) künftig organisiert? Welchen Einfluss kann und soll die Politik haben? Diese und andere Fragen stellen sich, wenn es um die Aufarbeitung des LSVS-Finanzskandals geht. Die Folgen der Finanzkrise sind noch lange nicht abzusehen – vor allem für die Leistungssportler im Saarland. Diejenigen also, die ihren Lebensmittelpunkt vor Ort haben, die die Gesichter der Hermann-Neuberger-Sportschule in der großen weiten Welt sind und mit ihren Leistungen dazu beitragen, dass andere Sportler auf Saarbrücken aufmerksam werden, hierher kommen und die Sportschule so am Leben halten.

Stefan Pauluhn ist einer derjenigen, die sich um die Zukunft des Leistungssports an der Saar Sorgen machen. Deswegen hat der Fraktionsvorsitzende der SPD im Saar-Landtag zu Beginn dieser Woche ein Papier veröffentlicht. „Ich sehe den Fortbestand des Leistungssportes im Saarland akut bedroht“, ließ Pauluhn verlauten. Deswegen schlägt er eine „Denkfabrik Leistungssport Saar“ vor, die „Netzwerk und Interessensvertretung für die Akteure im saarländischen Leistungssport sein soll – von Sportlern und Sportexperten für Sportler“. Ein Gremium, das „nach Kompetenz mit Experten aus dem Leistungssport besetzt ist und so größtmögliche politische Neutralität gewährleistet“, erklärt Pauluhn.

Als Experten kämen „insbesondere Vertreterinnen und Vertreter des Olympiastützpunkts Rheinland-Pfalz/Saarland, der Sportmedizin Saarbrücken, des LSVS, des Sportwissenschaftlichen Instituts der Universität des Saarlandes, der Hermann-Neuberger-Sportschule und Athletinnen und Athleten infrage“. In dieser Reihenfolge führt Pauluhn seine Kandidaten auf. Konkreter wird er nicht. Möglicherweise mit gutem Grund. Werfen wir einen Blick auf den OSP. Er ist bundesländer-übergreifend organisiert – mit OSP-Leiter Steffen Oberst an der Spitze. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Oberst bei vielen Entscheidungsträgern in der (Sport-)Politik kein gutes Standing hat. Nach SZ-Informationen wurde schon mehrfach intern nach Möglichkeiten gesucht, Oberst abzulösen.

Das Institut für Sport- und Präventivmedizin an der Saar-Uni, das seinen Sitz oberhalb der Hermann-Neuberger-Sportschule hat, wird von Professor Tim Meyer geleitet, seines Zeichens Mannschaftsarzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Meyer gehört neben Ex-Handball-Weltmeister Christian Schwarzer und der Ruderin Anja Noske, Athletensprecherin OSP Saarbrücken, auch der „Allianz für die Zukunft des Saarsports“ an, die Ende Mai ins Leben gerufen wurde und sich für einen Stimmungswandel stark macht. Beim LSVS selbst ist derzeit eine Strukturkommission am Werk, die sich mit den Fragen beschäftigt, wie der LSVS künftig organisiert sein soll, wie die Aufgaben in einem künftigen Präsidium verteilt werden können und ob die derzeitige Rechtsform des LSVS – eine Körperschaft öffentlichen Rechts – nicht vielleicht geändert werden sollte.

Viele derer, die Pauluhn gerne in der Denkfabrik hätte, sind also im Zukunftsprozess rund um den LSVS schon involviert – oder sollen gar nicht involviert werden. Manche spielen gar keine Rolle – wie etwa die Saarland Sporttoto GmbH, kurz Saartoto. Dabei ist die Tochter des LSVS und des Saarlandes (drei Siebtel zu vier Siebtel) diejenige, die mit dem Sportachtel die Mutter größtenteils finanziert – auch den Leistungssport an der Saar. Saartoto dürfte auch Mitspracherecht bei der Besetzung künftiger Präsidiumsposten anmelden – im Umfeld wird beispielsweise der Name von Ex-Weltklasse-Schwimmer Klaus Steinbach gehandelt, wenn es um den nächsten LSVS-Präsidenten geht. Der Ärztliche Direktor der Hochwald-Kliniken in Weiskirchen kennt LSVS und OSP wie kaum ein Zweiter, gilt als Persönlichkeit, die verloren gegangenes Vertrauen wiederherstellen könnte. Steinbach hatte zu seiner Zeit als Präsident des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) und regelmäßiger Chef de Mission bei Olympischen Spielen immer einen guten Draht zu den Leistungssportlern.

Ein neuer und bereits kontrovers diskutierter Name, der als künftiger LSVS-Präsident gehandelt wird, ist Heinz König. Er ist so etwas wie der „Schattenmann“ bei der aktuellen Präsidentensuche. König wurde 2017 überraschend ins Präsidium des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) gewählt, trägt dort den Titel „Vize-Präsident Wirtschaft“. Da kommt er auch her – der 62-Jährige ist Vorstandsvorsitzender der Sofis AG, die sich im Sportsponsoring bei einigen saarländischen Vereinen engagiert. König gehört auch zum Stiftungsrat der Sportstiftung Saar und ist stellvertretender Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung Saar der CDU. In der Pauluhn’schen Denkfabrik könnte König keine Rolle spielen – der SPD-Fraktionschef stellt sich ein Expertengremium unabhängig von Politik und politischen Strukturen vor.

Man sieht: Hinter den Kulissen ist mächtig was im Gange. Strippen sind längst gezogen, vielleicht schon personelle Vorentscheidungen gefallen. So gesehen, wirkt der Aufruf von Pauluhn an der ein oder anderen Stelle etwas unausgegoren. Was aber nicht verhallen sollte, ist Pauluhns Aufruf, die Athleten mit einzubinden. Denn noch immer wird nur selten bis gar nicht mit ihnen gesprochen, obwohl sie es sind, die die größte Kompetenz mit einbringen können – auch weil sie den Alltag an der Sportschule leben. Mieterhöhungen für die Bewohner des „Hauses der Athleten“ um bis zu 25 Prozent stehen im Raum, Gerüchte über die Einführung der Parkgebühren wabern über das Gelände. „Die Informationspolitik ist schwergängig“, sagt einer der Leistungssportler. Auch das ist ein Merkmal, das sich wie ein roter Faden durch den LSVS-Finanzskandal zieht.

Wie wichtig Meinungsbildung und Einfluss externer „Denker“ sind, zeigt übrigens das Beispiel Sportlermensa. Wenn es nach den Plänen von LSVS-Sanierungsberater Michael Blank gegangen wäre, hätte die Mensa längst geschlossen. Dank der Intervention vieler Fachverbände, allen voran der Saarländische Leichtathletik-Bund um Vizepräsidentin Monika Schwarz, ist sie offen geblieben.

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