Kiel weist Bestechungsvorwürfe von sich

Leipzig. Der THW Kiel steht am Pranger, der Handball-Welt droht ein Skandal neuer Dimension: Ausgerechnet der deutsche Vorzeige-Club soll seit dem Jahr 2000 Europacup-Spiele manipuliert haben. Noch vor der Krisensitzung des Ligaverbandes HBL gestern Abend in Hamburg erschütterten massive Korruptionsvorwürfe gegen den deutschen Rekordmeister den internationalen Vereins-Handball

Leipzig. Der THW Kiel steht am Pranger, der Handball-Welt droht ein Skandal neuer Dimension: Ausgerechnet der deutsche Vorzeige-Club soll seit dem Jahr 2000 Europacup-Spiele manipuliert haben. Noch vor der Krisensitzung des Ligaverbandes HBL gestern Abend in Hamburg erschütterten massive Korruptionsvorwürfe gegen den deutschen Rekordmeister den internationalen Vereins-Handball. "Der Vorwurf lautet: Der THW soll seit 2000 internationale Spiele beeinflusst haben", sagte Manfred Werner, Vorsitzender des HBL-Aufsichtsrates. Das Rückspiel beim Champions League-Gewinn 2007 gegen die SG Flensburg-Handewitt (29:27) sei dabei nur die herausragende Partie gewesen.

Kiels Manager Uwe Schwenker (Foto: dpa): "Der THW Kiel weist die Vorwürfe entschieden von sich. Eine Stellungnahme können wir momentan nicht abgeben, weil uns die Vorwürfe im Detail gar nicht bekannt sind." Wegen der bislang unbewiesenen Vorwürfe hat die Europäische Handball-Föderation (EHF) bis gestern keine Ermittlungen aufgenommen. Der Verband will die Ergebnisse der HBL-Sitzung und eine Empfehlung des sogenannten Initiators Jozef Ambrus (Slowakei) abwarten, ob der Fall geprüft werden soll. "Dann würden wir Videos studieren und Stellungnahmen der Beteiligten einholen", sagte Markus Glaser, Spielleiter für die Europacup-Wettbewerbe.

Bei der Staatsanwaltschaft in Berlin liegt kein Aktenzeichen vor. "Ich kann aber nicht ausschließen, dass eine Anzeige noch im Geschäftsgang ist", sagte Simone Herbeth, Pressesprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft, gestern. Nach Auskunft der HBL hat auch die Staatsanwaltschaft in Kiel "keinen Vorgang" dazu. Der ehemalige Kieler Trainer Zvonimir Serdarusic (Foto: dpa) hat unterdessen dementiert, mit einer Selbstanzeige den Vorgang initiiert zu haben. "Ich habe mich nicht selbst angezeigt", sagte Serdarusic. Er war im vorigen Jahr im Streit mit Manager Uwe Schwenker vom THW geschieden und hatte in der vergangenen Wochen seinen Drei-Jahres-Vertrag beim Liga-Kontrahenten Rhein-Neckar Löwen aus gesundheitlichen Gründen aufgelöst. Manfred Werner behauptete hingegen, dass die Auflösung des Kontrakts die Konsequenz aus den Manipulationsvorwürfen gewesen sei.

Löwen-Geschäftsführer Thorsten Storm, 2007 noch Manager der SG Flensburg-Handewitt, erhob keine Vorwürfe. "Wir haben damals nichts angefochten. Wenn man so ein Spiel verliert, ist man super, super traurig. Wenn man hinterher sieht, dass Boldsen so früh rausgestellt wird, fragt man sich, warum das so war. Das war eine spielentscheidende Situation." Die Manipulationsvorwürfe waren von HBL-Aufsichtsratsmitglied Dieter Matheis in einem Brief an Schwenker erhoben worden.

Flensburgs Präsident Frerich Eilts kann sich "Bestechung einfach nicht vorstellen." "In dem Spiel gab es nur eine umstrittene Situation", sagte Manager Fynn Holpert. Flensburgs damaliger Kapitän Joachim Boldsen hatte in der 19. Minute wegen Foulspiels von den Schiedsrichtern Miroslaw Baum/Marek Goralczyk Rot gesehen.

Das polnische Duo hatte 2004 bei den Olympischen Spielen in Athen das Frauen-Finale Dänemark gegen Südkorea geleitet. Nach Aussage des Ex-Geschäftsführers des Weltverbandes IHF, Frank Birkefeld, war das Spiel zugunsten von Dänemark verschoben worden. dpa

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