Kein Wort von Klassenkampf

Saarbrücken · In einer vor Dramatik triefenden Schlussphase hat 1899 Hoffenheim noch Fortuna Düsseldorf überholt und trifft nun am Donnerstag (20.30 Uhr) im Hinspiel der Bundesliga-Relegation auf Zweitligist 1. FC Kaiserslautern.

Franco Foda hatte die Kehrseite dieses Nachmittags erlebt. Der Trainer des Tabellendritten der 2. Liga, des 1. FC Kaiserslautern, war bei Hannover 96 im Stadion gewesen. Hatte gesehen, wie die Fußballer von Fortuna Düsseldorf trotz ihres 0:3 die Fäuste für einen Moment zum Jubel ballten, als die Nachricht aus Dortmund kam, dass der BVB doch noch das 2:2 gegen die TSG Hoffenheim erzielt hatte. Und er hatte gesehen, wie dieser kollektive Jubel noch auf dem Rasen erstarb, weil Schiedsrichter Jochen Drees bei Marcel Schmelzers Treffer auf Abseits entschied und es nun Düsseldorf war, das den Gang in die 2. Fußball-Bundesliga antreten muss, während Hoffenheim sich noch in die Relegation gerettet hatte.

"Fußball ist manchmal verrückt", sagte Foda und hatte damit den Kern der wahnwitzigen Schlussphase erfasst. Oder wie Hoffenheims Stürmer Sven Schipplock der dpa sagte: "Die Endphase war das Irrste, was ich je erlebt habe. So ein Adrenalin hatte ich, glaube ich, noch nie im Körper."

Und vielleicht ist es gerade diese Dramatik, die dem 1. FC Kaiserslautern Unbehagen bereitet vor dem ersten Relegationsspiel am Donnerstag (20.30 Uhr/ARD) in Sinsheim. "Hoffenheim war ja von ganz Fußball-Deutschland abgeschrieben", sagte Mittelfeldspieler Alexander Baumjohann nach der durchwachsenen Generalprobe beim 1:2 gegen den FC St. Pauli, als der FCK nach Gegentoren von Dennis Daube (15.) und Daniel Ginczek (33.) erst nach der Pause eine relegationswürdige Form gezeigt hatte, auch wenn mehr als das 1:2 von Erwin Hoffer (71.) nicht zustande kam. Hoffenheim scheint sich gerade rechtzeitig der unbestrittenen Qualität der eigenen Mannschaft bewusst geworden zu sein, die auf dem Papier ohnehin mehr zu leisten imstande ist als nur Platz 16.

Trainer Markus Gisdol, wohl einer der entscheidenden Faktoren beim Kraichgauer Aufschwung, will diese Energie nun mit in die Relegation retten. "Wir müssen die Freude und Euphorie mitnehmen, aber gleichzeitig auch den Finger heben und an gewissen Stellen Stopp sagen. Es gibt nichts zu feiern", sagte er. Zumal ja auch der FCK sein Selbstbewusstsein wiedergefunden hat, wie Foda betonte: "Wir müssen uns nicht schlechter reden, als wir sind. Wenn wir an unsere Grenzen gehen, ist alles möglich."

Und es wird in diesen beiden Spielen irgendwie auch das Duell zweier Konzepte. Hier der vor Tradition strotzende FCK, dort der junge Dorfverein, arm an eigenen Fußball-Legenden, aber mit den mehr als großzügigen finanziellen Mitteln von Club-Mäzen Dietmar Hopp im Rücken. Zum Kampf Tradition gegen Moderne will das Spiel beim FCK aber niemand erklären. "Es geht darum, was jetzt ist. Nicht darum, was in der Vergangenheit war", betonte Baumjohann. Tradition schießt eben keine Tore.

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