Kein Ende in Sicht

Bern. Sehr früh am Sonntagmorgen in Bern: Der geschlagene Herausforderer Tony Thompson war mit seiner Entourage längst gegangen, auch Trainer Emanuel Steward hatte die Pressekonferenz verlassen, da beantwortete Wladimir Klitschko immer noch Fragen. Jetzt waren die Gesellschaftsreporterinnen dran. Junge Damen, die Boxen gar nicht interessiert, aber der Boxer

Bern. Sehr früh am Sonntagmorgen in Bern: Der geschlagene Herausforderer Tony Thompson war mit seiner Entourage längst gegangen, auch Trainer Emanuel Steward hatte die Pressekonferenz verlassen, da beantwortete Wladimir Klitschko immer noch Fragen. Jetzt waren die Gesellschaftsreporterinnen dran. Junge Damen, die Boxen gar nicht interessiert, aber der Boxer. Tut die Schwellung unter dem Auge nicht weh? Wie sieht es mit der Familienplanung aus?Der 36-Jährige lächelt freundlich und antwortet. Nichts scheint ihn mehr aus der Ruhe zu bringen. Nicht bei Medienterminen und erst recht nicht im Ring bei seiner Arbeit. Nach 2:56 Minuten der sechsten Runde war der 51. K.o.-Sieg seiner Karriere perfekt. Thompson konnte nicht mehr. Die WM-Gürtel der Verbände WBA, WBO und IBF waren überzeugend verteidigt. "Ich hatte nie Zweifel", sagte Klitschko, "ich bin stärker und schneller."

58 Siege bei 61 Kämpfen stehen nun auf seinem Konto. Seit acht Jahren hat er nicht mehr verloren. Das Selbstvertrauen kippt nicht mehr, wie früher, in Leichtsinn um. "Man muss nur auf den Rekord schauen", sagte Trainer Steward, dessen 68. Geburtstag am Kampftag vom Berner Publikum mit einem Ständchen gefeiert wurde: "Wladimir gehört zu den besten Schwergewichtlern aller Zeiten." Steward hat Legenden wie Lennox Lewis und Evander Holyfield betreut. Er weiß, wovon er spricht: "Wladimir wäre auch für die Größten nur schwer zu schlagen, schon wegen seiner Physis. Er ist größer als Ali." "Länger", sagt Klitschko.

Neun Millionen Boxfans in Deutschland schauten sich den Kampf im Fernsehen an, 150 Länder übertrugen. In den USA aber interessiert Klitschko nicht. Das Schwergewicht dort liegt am Boden, platt gemacht von der Überlegenheit der Brüder Wladimir und Witali aus der Ukraine. Amerika will Sieger sehen - aber keine aus Osteuropa. "Man muss Wladimir den Respekt erweisen, den er verdient", sagte Thompsons Trainer Barry Hunter in Richtung seiner Landsleute, "er verdient die Krone, die er trägt."

Nach einer ausgeglichenen ersten Runde kam Klitschko mit der Rechten zunehmend gegen den Rechtsausleger durch. "Es war nicht leicht, Thompson ist schwer zu boxen und kaum zu treffen", sagte Klitschko, "ich bin zufrieden." Ein fürchterlicher Volltreffer in der fünften Runde war der Anfang vom Ende.

Und die Zukunft? Der Vertrag mit dem Kölner Privatsender RTL, der am 8. September ausläuft, wenn Witali Klitschko in Moskau gegen Manuel Charr boxt, wird sicher verlängert. "Wir sind in Gesprächen", sagte RTL-Boxchef Matthias Bolhöfer. "Ich fühle mich stärker als mit 26. Dazu kommt die Erfahrung", erklärt Wladimir Klitschko, "es ist erstaunlich, was der Körper leisten kann." Im November oder Dezember wird er wieder in den Ring steigen, bestätigte Manager Bernd Bönte. Und damit muss auch die Familienplanung noch warten. "Es ist wohl noch nicht meine Zeit", antwortete Klitschko der aufgeregt kichernden Gesellschaftsreporterin. Seine Zeit ist noch im Ring. Und es ist kein Ende in Sicht. dapd

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