Kein anderer lebt und leidet so sehr mit der HG Saarlouis

Saarlouis · Der Handball-Zweitligist spielt heute gegen die HSG Nordhorn und braucht Punkte im Abstiegskampf. Jörg Kaiser will von der Seitenlinie aus helfen.

 Jörg Kaiser steht seit knapp 16 Jahren als Mannschafts-Verantwortlicher an der Seitenlinie. Foto: Ruppenthal

Jörg Kaiser steht seit knapp 16 Jahren als Mannschafts-Verantwortlicher an der Seitenlinie. Foto: Ruppenthal

Foto: Ruppenthal

Die Ersatzbank von Handball-Zweitligist HG Saarlouis ist das Reich des Kaisers. Seit nunmehr knapp 16 Jahren herrscht dort der Mannschafts-Verantwortliche Jörg Kaiser. Elf Trainer hat er in seiner Amtszeit schon neben sich gesehen, allein der Kaiser ist geblieben. Mit dem aktuellen "Regierungs-Chef" Jörg Bohrmann bereiten sich Kaiser und die Mannschaft der HG Saarlouis auf das Liga-Heimspiel gegen die HSG Nordhorn-Lingen vor. Die Partie findet heute um 19.30 Uhr in der Stadtgartenhalle statt.

Zum Handball kam Kaiser über seinen Großvater Hans Engler, eines von drei Gründungsmitgliedern des SC Saargold Lisdorf. Die Kaiser-Dynastie überlebte auch die später mit der DJK Roden geschaffene Handballgemeinschaft Saarlouis. Enkel Jörg, der 18 Jahre als Linksaußen in der ersten Mannschaft spielte, kümmert sich mittlerweile vornehmlich um das Organisatorische rund um die Zweitliga-Mannschaft. Mitte Februar 2004 wurde er zusammen mit Achim Jung sogar kurz Teil eines Trainer-Duos. Nach der Entlassung von Frank Künzer verhinderten die Interims-Trainer den drohenden Abstieg aus der Regionalliga. Die Rollen wechselten, den Verein wechselte Kaiser aber nie - trotz guter Angebote: "Es gibt nur ein Hobby, das ist Handball. Und es gibt nur einen Verein. Fertig", stellt er überzeugend klar.

Selbstverständlich ist das nicht. Ehrenamt nimmt viel Zeit in Anspruch. Deshalb ist der Versicherungs-Fachwirt seinem Arbeitgeber und seiner Familie für das entgegengebrachte Verständnis dankbar. Wobei: Wie es sich für eine "Erbmonarchie" gehört, ist auch des Kaisers Familie mit wichtigen Posten versorgt. Frau Martina (52) kümmert sich um die Geschäftsstelle und organisiert zusammen mit Willibald Lay die Mini-Turniere des Vereins. Während die ältere Tochter Nathalie (23) als Studentin derzeit in Mannheim lebt, mischt Natascha (17) als HG-Jugendspielerin mit.

Nur aus nächster Nähe lässt sich die Leidenschaft zu der Sportart verstehen, die Jörg Kaisers Leben bestimmt. "Nach 16 Jahren als Regionalliga-Spieler hätte ich nicht einfach aufhören können. Mir hätte was gefehlt. Das hat auch meine Frau gemerkt, die mir schnell unmissverständlich nahelegte: Mach was. Geh trainieren oder sonst was. Aber: Raus!", erinnert sich der Lisdorfer an eine klare Ansage. Mit der Funktion des Mannschafts-Verantwortlichen fand sich glücklicherweise das ideale Ventil zur Regulierung des kaiserlichen Fanatismus.

Der fußt auf zahlreichen emotionalen Erinnerungen. Zum Beispiel an das Tor, das er damals im DHB-Pokal-Achtelfinale gegen den Bundesligisten Bayer Dormagen und den legendären "Hexer" Andreas Thiel erzielte. Oder an die Regionalliga-Meisterschaft mit Zweitliga-Aufstieg im Jahr 2009. "Da haben wir uns mit der Mannschaft ein paar Kästen Bier gekauft und uns an die Halle gesetzt. Das war einfach geil", schwärmt Kaiser und setzt sein berüchtigtes, verschmitztes Lächeln auf.

Selbst Herzschlag-Entscheidungen im Kampf um den Klassenverbleib ließen ihn dieses Lächeln nicht verlieren. Apropos Herzschlag: Es bleibt die Frage, ob des Kaisers Blut nun blau oder doch eher grün-weiß gefärbt ist. Beides wäre aus medizinischer Sicht nicht normal. Aber ganz normal ist Kaiser auch nicht, munkelt man in Saarlouis. Er lebt für diesen Verein und diese Mannschaft - und will seine Emotionen auf die Spieler übertragen. Im Abstiegskampf (Saarlouis hat zwei Punkte Vorsprung auf die Abstiegszone) ist das jetzt wichtiger denn je.

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