Ringen Kaum Chancen nach vernichtender Niederlage

Burghausen · Die Köllerbacher Ringer üben sich in Zweckoptimismus. Mehr bleibt auch nicht nach dem 6:18 im Final-Hinkampf in Burghausen.

 Ein perfekter Rahmen, eine mit 2000 Fans gefüllte Halle, aber wirklich auf der Höhe ist nur einer der beiden Finalteilnehmer, nämlich Burghausen.

Ein perfekter Rahmen, eine mit 2000 Fans gefüllte Halle, aber wirklich auf der Höhe ist nur einer der beiden Finalteilnehmer, nämlich Burghausen.

Foto: Andreas Schlichter

Schwarz fließt die Salzach nachts durch Burghausen. Und ebenso schwarz scheinen die Chancen des KSV Köllerbach, doch noch zu verhindern, dass der kommende Ringer-Mannschaftsmeister nach über 50 Jahren wieder aus Bayern kommt. Die Saarländer unterlagen am Samstag vernichtend deutlich mit 6:18 beim SV Wacker Burghausen. Im Halbfinale gelang den Köllerbachern gegen den TuS Adelhausen zwar das Kunststück, einen Neun-Punkte-Rückstand noch zu drehen, doch diesmal bedarf es am kommenden Samstag in der Hermann-Neuberger-Halle in Völklingen mehr als eines Ringer-Wunders, um nach 2009 erstmals selbst wieder als Titelträger die Matte verlassen zu können.

„Wir haben es 2012 gegen den ASV Mainz geschafft, einen Zwölf-Punkte-Rückstand aufzuholen“, versuchte Köllerbachs Vorsitzender Hilmar Rehlinger, den Glauben an ein erneutes Wunder aufrechtzuerhalten. Doch es klang wie das berühmte Pfeifen im Walde. Zu deutlich war die Überlegenheit der Bayern beim 18:6-Hinkampf-Erfolg. „Wir wollen im Rückkampf ein Spektakel vollbringen“, sagte Köllerbachs Teamchef Thomas Geid: „Wir haben im Halbfinale und auch jetzt im Finale gesehen, was das Publikum ausmachen kann. Gegen Adelhausen haben uns die Zuschauer zum Sieg getragen. Das brauchen wir jetzt im Rückkampf auch. Es ist erst vorbei, wenn es rechnerisch nicht mehr möglich ist.“

Der Samstagabend begann für den KSV vor über 2000 fanatischen Zuschauern in der Sportparkhalle erwartet schwierig. Viktor Lyzen hatte in der Klasse bis 57 Kilo Freistil den übermächtigen Vladimir Egorov zum Gegner. Der deutsche Meister lag bereits nach 14 Sekunden mit 0:3 zurück, zur Pause stand es 0:11. Die Halle tobte. Die zweite Runde konnte Lyzen zwar ausgeglichener gestalten, 17 Sekunden vor dem Ende der regulären Kampfzeit musste er dennoch die technische Überlegenheit des Gegners hinnehmen.

Nun war es an Heiki Nabi, den KSV im Kampf zu halten. Der Vize-Weltmeister aus Estland hatte sich im Halbfinal-Hinkampf gegen Adelhausen einen Riss des Schleimbeutels im Knie zugezogen. Dass er in Burghausen überhaupt auf die Matte ging, grenzt an ein medizinisches Wunder und zeigt die überrragende Einstellung. „Ich habe ja schon seit über zwei Monaten Knieprobleme und konnte kaum trainieren“, sagte Nabi: „Ich dachte nur: Ich darf nicht aufs Knie fallen, dann ist alles vorbei.“ Nabi fiel nicht, bestimmte gegen Armin Majaros den Kampf und hätte im Vollbesitz seiner Kräfte sicher deutlicher gewonnen als 2:0.

Danach fegte Köllerbachs Russe Bekhan Mankiev Burghausens Andreas Maier über die Matte. Maier hatte nicht das geringste Interesse, sich dem Kampf zu stellen, versuchte nur, irgendwie über die Zeit zu kommen und damit keine vier Punkte für die Mannschaftswertung abzugeben. „Es gab viele Entscheidungen gegen uns – und das tatsächlich offensichtlich“, schimpfte Geid über die Leistung des Schiedsrichter-Gespanns: „Man sollte eine Linie haben und diese dann konsequent durchziehen. Maier ist ständig zusammengebrochen und nur weggelaufen.“

Nahezu tragisch beeinflusste die Einschätzung von Aktivität und Passivität den Kampf in der Klasse bis 98 Kilo Freistil. Köllerbachs Gennadij Cudinovic zeigte wenige Wochen nach seiner Operation am Daumen eine herausragende Leistung. Dass er nach vier Minuten gegen den völlig passiven Erik Thiele nur 2:0 führte, lag auch an Mattenleiter Mario Schmidt. Dass Cudinovic noch den 2:2-Ausgleich hinnehmen und den Kampf dadurch abgeben musste, lag an einem kleinen Stolperer, den Thiele zu seiner einzigen Aktion in sechs Minuten Kampfzeit ausnutzte. „Ich glaube schon, dass ich der aktivere Mann war“, sagte Cudinovic sichtlich enttäuscht: „Aber was nutzt das? Den Punkt hat Thiele gemacht.“

Die Schuld für die deutliche Niederlage nur bei den Schiedsrichtern zu suchen, ist aber sicherlich falsch. Auch die taktische Aufstellung des KSV ging am Samstag nicht auf. Teamchef Geid hatte Kapitän Andrej Shyyka (eigentlich 75 Kilo) in der Klasse bis 80 Kilo Freistil gegen Benjamin Sezgin aufgeboten und dafür Mihail Sava in 75 Kilo gegen Magomedmurad Gadzhiev gestellt. „Sava hatte die Aufgabe, gegen diesen Weltklasse-Mann nur knapp zu verlieren“, sagte Geid: „Bei Andrej hatten wir uns Siegchancen ausgerechnet.“

Doch beides lief anders. Shyyka lief gleich zu Beginn in einen Konter und musste anschließend drei Beinschrauben hinnehmen. Seine beherzte Aufholjagd in der zweiten Runde kam zu spät. Und Sava, im Halbfinale gegen Adelhausen noch der gefeierte und überragend kämpfende Held, ging beim 0:9 gegen Gadzhiev geradezu unter. „Wir hatten die Vorbereitung professionell geplant, waren einen Tag vorher angereist“, sagte Geid, erklärte aber auch die Probleme der auswärtigen Sportler: „Die Flüge von Sava und Nabi sind wegen des Sturms ausgefallen. Sie mussten umbuchen, kamen erst kurzfristig zum Team. Das war natürlich nicht optimal.“

 Das Trainer-Gespann Hüseyin Dincay und Thomas Geid (von links) muss die unerwartet deutliche Niederlage in Burghausen erst einmal sacken lassen.

Das Trainer-Gespann Hüseyin Dincay und Thomas Geid (von links) muss die unerwartet deutliche Niederlage in Burghausen erst einmal sacken lassen.

Foto: Andreas Schlichter
 Der Köllerbacher Timo Badusch sitzt enttäuscht am Boden, Burghausen jubelt. Im letzten Kampf des Tages verliert er gegen Michael Widmayer mit 0:2.

Der Köllerbacher Timo Badusch sitzt enttäuscht am Boden, Burghausen jubelt. Im letzten Kampf des Tages verliert er gegen Michael Widmayer mit 0:2.

Foto: Andreas Schlichter
 Der verdiente Sieger Wacker Burghausen im Final-Hinkampf feiert mit seinen Fans die Vorentscheidung im Kampf um die deutsche Meisterschaft.

Der verdiente Sieger Wacker Burghausen im Final-Hinkampf feiert mit seinen Fans die Vorentscheidung im Kampf um die deutsche Meisterschaft.

Foto: Andreas Schlichter

Optimal ist die Voraussetzung für den Rückkampf natürlich nicht. Den KSV einfach abzuschreiben, dafür ist es zu früh. Nach der Überraschung gegen Adelhausen muss nun aber ein handfestes Wunder her.

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