Tennis/US Open Görges nimmt nächsten Gipfel ins Visier

New York · Bei den US Open zählt die deutsche Tennisspielerin dank ihres rasanten Aufstiegs zu den Titelanwärtern.

 Julia Görges ist die Nummer neun der Weltrangliste und extrem konstant. Deswegen ist sie bei den US Open alles andere als chancenlos.

Julia Görges ist die Nummer neun der Weltrangliste und extrem konstant. Deswegen ist sie bei den US Open alles andere als chancenlos.

Foto: dpa/John Minchillo

Bei einem Einkaufsbummel auf der weltberühmten Fifth Avenue kann sich Julia Görges derzeit selbst begegnen. Ein Sportartikelgeschäft in Midtown Manhattan wirbt im Schaufenster lebensgroß mit Deutschlands zweitbester Tennisspielerin. Es ist die Anerkennung für ihren Aufstieg, der mit dem Halbfinale von Wimbledon seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat, aber längst noch nicht enden soll. Bei den US Open nimmt Görges den nächsten Gipfel ins Visier.

Heute trifft sie zum Auftakt in New York auf die russische Qualifikantin Anna Kalinskaja. Ihre wahren Konkurrentinnen heißen jedoch Angelique Kerber oder Serena Williams. Görges weiß: Nach jahrelangem Stillstand ist sie im Kreis der Titelkandidatinnen angekommen, sie ist die Nummer 9 in der Rangliste, „ein super Ereignis“, wie sie selbst sagt, „die Bestätigung, es richtig unter die Top Zehn geschafft zu haben“.

Dieser Durchbruch hatte lange auf sich warten lassen. Zwar galt Görges seit ihrem Profidebüt vor mehr als zehn Jahren als begabt, doch weder ihr starker Aufschlag noch die wuchtige Vorhand oder die erstaunlich präzisen Volleys öffneten ihr die Tür in die Weltspitze. Bis Wimbledon im Juli war sie bei den Grand Slams in 41 Anläufen nie über das Achtelfinale hinausgekommen, einige Experten sahen in ihr sogar nur noch eine Doppelspezialistin.

„Ich habe einige Niederlagen einstecken müssen, die schmerzhaft waren, aber ich habe mir bewiesen, dass ich daraus lernen und meine Ziele erreichen kann“, sagte Görges am Samstag. Der Lerneffekt hat bemerkenswerte Resultate hervorgebracht. In den vergangenen 14 Monaten stand Görges in sieben Endspielen, in Moskau, Zhuhai und Auckland triumphierte sie. Kaum eine andere Spielerin war in dieser Zeit derart konstant erfolgreich.

Die Gründe für ihren Aufschwung im fortgeschrittenen Tennisalter von 29 Jahren kann Görges ziemlich genau benennen und tut es auch immer wieder gerne. Vor zwei Jahren verließ sie ihre Komfortzone in der norddeutschen Heimat und fand in Regensburg ein neues Zuhause. Sie wollte „neue Wege gehen“, um ihr „gesamtes Potenzial auszuschöpfen“. In Trainer Michael Geserer und Physiotherapeut Florian Zitzelsberger, mit dem sie auch liiert ist, fand Görges die Gefährten, die sie dazu brauchte. „Das Team zusammenzustellen, war der erste große Schritt, dorthin aufzubrechen, wo ich mich jetzt befinde“, sagte Görges. Gemeinsam arbeiteten sie konsequent an der Fitness und der Beweglichkeit. Ein Puzzleteil greift nun ins andere, dazu ist Görges mutig und erfahren genug, eigene Entscheidungen durchzusetzen.

Anders als viele Topspielerinnen, darunter auch Wimbledonsiegerin Kerber, trat Görges in der Woche vor den US Open noch bei einem Vorbereitungsturnier an. Das Halbfinale in New Haven brachte ihr Matchpraxis und Selbstvertrauen. „Ich habe auf dem Platz so viele neue Dinge ausprobiert, die ich eventuell am Montag schon in mein Spiel aufnehmen kann“, sagte sie. Hält Görges’ Entwicklung an, sind ihrem Aufstieg keine Grenzen gesetzt. Dann kann sie sich irgendwann auch in Flushing Meadows selbst begegnen: in der Ahnengalerie aller Champions.

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