Jugend-Nationalspieler sind nicht zu halten

Saarbrücken. Auf die Jugendabteilung des 1. FC Saarbrücken kommt im Sommer ein beispielloser Ausverkauf zu. Fünf Leistungsträger, allesamt Jugend-Nationalspieler der U 16 und U17, verlassen den Club

 Nationalspieler Kevin Feiersinger (links, hier im B-Jugend-Bundesligaspiel gegen Offenbach) ist nicht zu halten. Nicht von seinem Gegenspieler in dieser Szene, und auch nicht vom FCS. Foto: Wieck

Nationalspieler Kevin Feiersinger (links, hier im B-Jugend-Bundesligaspiel gegen Offenbach) ist nicht zu halten. Nicht von seinem Gegenspieler in dieser Szene, und auch nicht vom FCS. Foto: Wieck

Saarbrücken. Auf die Jugendabteilung des 1. FC Saarbrücken kommt im Sommer ein beispielloser Ausverkauf zu. Fünf Leistungsträger, allesamt Jugend-Nationalspieler der U 16 und U17, verlassen den Club. Tobias Penth (16) wird in Kürze beim VfL Wolfsburg unterschreiben, Muhittin Bastürk (17, Foto: Dietze) hat bei Borussia Mönchengladbach unterschrieben, wohin es auch Patrick Herrmann (17) zieht. Kevin Feiersinger (16) geht zu Bayern München, Christian Lensch (15) zu 1899 Hoffenheim.

Bis auf Lensch haben alle Spieler so genannte Jugendförderverträge, die noch zwei Jahre gelaufen wären. Daher hat der FCS Anspruch auf die Zahlung einer Ausbildungsentschädigung. "Da müssen wir uns mit den jeweiligen anderen Vereinen einigen", sagt FCS-Vizepräsident Harry Ebertz. Die Weggänge schmerzen, die Spieler gegen ihren Willen zu halten, bringe aber nichts, so Ebertz.

Das Argument für den Weggang in die Jugend-Internate ist bei alle Spielern das gleiche: Sie glauben an eine bessere sportliche Entwicklung. Penth, der bis 2011 in Wolfsburg unterschrieben hat, sieht beim Bundesligisten Schule und Training durch das Nachwuchsleistungszentrum besser koordiniert. Sein Vater Stefan meint: "Das ist eine ganz andere Fußballwelt. Da sieht man, was möglich wäre."

Auch Lensch war begeistert - von dem Konzept in Hoffenheim. "Dort sind die Trainingsbedingungen besser. Ich hoffe, mich dort noch mehr entwickeln zu können. Mein Ziel ist es, später Profi zu sein", sagt Lensch. Das gilt auch für Muhittin Bastürk. Er hat für drei Jahre in Gladbach unterschrieben, im letzten Jahr sogar als Lizenzspieler. "Es liegt an der ersten Mannschaft des FCS", meint er, "die spielt Oberliga. Wäre sie in der 2. Liga, hätte ich mir das überlegt. Ich sehe aber keine Perspektive in Saarbrücken. Geld hat keine Rolle gespielt. Gladbachs Sportdirektor Christian Ziege hat mir gesagt, ich hätte Profi-Potenzial."

FCS-Vizepräsident Ebertz glaubt hingegen, in einem familiären Umfeld - wie beim FCS - könnten sich die Jugend-Nationalspieler ebenso entwickeln: "Bei uns sind sie Führungsspieler, tragen Verantwortung, das ist gut für die Persönlichkeitsentwicklung. Woanders sind sie einer von 18. Es hätte auch gute Argumente gegeben, hier in Saarbrücken zu bleiben. Auch die Trainingsgestaltung wird dort nicht viel anders als bei uns sein. Sonst hätten wir nicht überhaupt fünf Nationalspieler herausgebracht."

Die Abgänge müssen jetzt kompensiert werden. Um in Zukunft die Talente im Land halten zu können, müsse der FCS die Trainingsbedingungen verbessern, sagt Ebertz. "Vielleicht müssen wir auch unseren Shuttle-Service verbessern. Auf jeden Fall müssen wir eine Eliteschule des Fußballs auch bei den Jungs etablieren. Das sind alles Dinge, die im Aufbau sind. Diese Sache kann aber nicht nur der Verein allein forcieren, auch Schulen und der Verband müssen mithelfen."

Neben den fünf Jugend-Nationalspielern geht auch der Trainer der FCS-B-Junioren, Jens Kiefer - zum Oberligisten FC Homburg. Andreas Fellhauer (Foto: rup), aktuell Coach der B2 des Vereins, soll Kiefer ersetzen. Eigentlich wollte der FCS auch einen neuen Jugendkoordinator holen und diesen mit großen Vollmachten ausstatten. Einer der Namen, der im Umfeld zuletzt häufiger genannt wurde, ist Jörg Daniel (Foto: dpa), Trainer der deutschen U17-Junioren-Nationalelf. Ebertz wollte diese Personalie nicht kommentieren. Ob ein renommierter Trainer wie Daniel aber zu einem Oberligisten gehen würde, ist fraglich.

Meinung

Auswirkungen

des tiefen Falls

Von SZ-Redaktionsmitglied

Stefan Regel

Der 1. FC Saarbrücken verliert alle seine Jugend-Nationalspieler. Fünf auf einen Streich aus einem starken Jahrgang, das ist heftig. Besonders bitter: Der tiefe Fall der ersten Männer-Mannschaft ist Schuld - und weniger die Jugendabteilung, in der gute Arbeit geleistet wird. Denn viel besser den Ball zu stoppen, wird man den Jungs auch in den hochgelobten Internaten nicht beibringen können. Das Problem: Der FCS als Verein hat mittlerweile einen Klang wie Engers oder Mayen, er steht höchstens noch für Mittelmaß. Was ist Oberliga wert, wenn Namen wie Gladbach locken? Nichts.

Dass ein Wechsel zu einem großen Club aber nicht der Königsweg sein muss, beweisen Beispiele wie Benjamin Angel (FCK) und Pascal Olivier (Leverkusen), die wieder ins Saarland zurückgekehrt sind. Oder Mike Brückerhoff. Der Ex-Jugend-Nationalspieler ist beim FCS Stammspieler in der Oberliga. Damit wollen sich die fünf FCS-Talente allerdings nicht zufrieden geben. Sie wollen mehr. Ob sie es ins Profigeschäft schaffen? Wir werden es aus der Ferne beobachten.

Auf einen Blick

Die B-Jugend-Fußballer des 1. FC Saarbrücken treffen am Sonntag um 11 Uhr im Ludwigspark auf Jahn Regensburg. Für beide Teams ist es im Abstiegskampf der Bundesliga ein sehr wichtiges Spiel. Regensburg steht mit 18 Punkten auf dem ersten Abstiegsplatz, der FCS ist mit 21 Zählern Zehnter. Beim FCS werden die gesperrten Muhittin Bastürk und Kevin Feiersinger fehlen. raps

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