Josephines Stammplatz-KampfViel Lob für deutsche Frauen vor dem Test gegen Nordkorea
Bitburg. Sie war die einzige, die noch den schwarzen Trainingsanzug über dem Nationaltrikot trug. Doch kalt war Josephine Henning beim morgendlichen Training im Stadion der Bitburger Sportschule sicherlich nicht. Schon um zehn Uhr ging es zwischen den Hütchen ordentlich zur Sache. Ballführung und schnelle Richtungswechsel standen auf dem Programm
Bitburg. Sie war die einzige, die noch den schwarzen Trainingsanzug über dem Nationaltrikot trug. Doch kalt war Josephine Henning beim morgendlichen Training im Stadion der Bitburger Sportschule sicherlich nicht. Schon um zehn Uhr ging es zwischen den Hütchen ordentlich zur Sache. Ballführung und schnelle Richtungswechsel standen auf dem Programm. Eigentlich ist das nicht die Paradedisziplin einer Abwehrspielerin. Die 21-Jährige zeigte dennoch, wie dynamisch sie ist.Die Verteidigerin des deutschen Frauenfußball-Meisters Turbine Potsdam ist eine der 26 Spielerinnen im erweiterten Kader der Nationalmannschaft für die Weltmeisterschaft in Deutschland vom 26. Juni bis 17. Juli. Bis zum 27. Mai hat die 21-Jährige noch Zeit, sich für den endgültigen WM-Kader aufzudrängen. Am 27. Mai muss Bundestrainerin Silvia Neid dann fünf Spielerinnern aus dem Aufgebot streichen.
Raus ist bereits die Ex-Saarbrückerin Dzsenifer Marozsan. Die Stürmerin vom FFC Frankfurt erlitt bei einem Lehrgang einen Innenbandriss im Knie (wir berichteten). "Sie ist bei einem Zweikampf im Rasen hängen geblieben und hat sich das Knie verdreht", erzählt Henning, "wir haben versucht, sie wieder aufzubauen. Jetzt muss sie positiv denken".
Positiv denken kann Henning. Sie hat mit Potsdam 2010 die Champions League gewonnen, wurde 2010 und 2011 deutsche Meisterin. Nach dieser Saison wechselt sie zum VfL Wolfsburg - mit Nadine Keßler. Henning wechselt ablösefrei und erhält einen Zweijahresvertrag. Außerdem kommt mit Laura Vetterlein eine dritte Spielerin zum VfL, die mit Henning und Keßler beim 1. FC Saarbrücken unter Vertrag stand.
Eine Einschätzung ihrer Chancen in der Nationalelf kann Henning, die von 2005 bis 2009 beim 1. FC Saarbrücken spielte, nicht geben. "Man bekommt kaum Rückmeldung von außen, ob man auf einem guten Weg ist oder sich noch steigern muss. Man hat nur das eigene Gefühl. Ich kann nur sagen, dass ich bisher immer alles gegeben habe. Es wird sicher eng, aber ich hoffe, dass ich dabei bin", erzählt sie.
Für eine Empfehlung könnte der Lehrgang in Bitburg wie geschaffen gewesen sein. "Abwehrverhalten von A bis Z" stand auf der Tagesordnung. "Das Abwehrverhalten gilt ja nicht nur für die Abwehrspielerinnen", sagt Henning mit einem Lächeln, "aber sicherlich gibt es Themen, die einem mehr liegen als andere". Vor allem an der Umstellung der Abwehrtaktik musste sie feilen. Wo in Potsdam mit nur drei Verteidigerinnen gespielt wurde, steht bei der Nationalmannschaft eine Viererkette. "Daran habe ich mich schon gewöhnt", sagt sie. Doch ganz löschen darf Josephine Henning das alte System nicht. Denn mitten in der WM-Vorbereitung muss sie mit ihren Potsdamer Noch-Mannschaftskolleginnen nach England fliegen - zum Champions-League-Finale gegen Olympique Lyon in Fulham.
Einen Tag später fällt die WM-Kader-Entscheidung. Zuvor steht mit der Nationalmannschaft noch ein weiterer Lehrgang (bis 25 Mai) sowie ein Testspiel in Ingolstadt gegen Nordkorea (21. Mai) an.
Den ersten Technik-Lehrgang verpasste Josephine Henning auf Grund der Teilnahme mit Potsdam an der Champions League sowieso. Jetzt sollte, zwischen Lehrgang vier und fünf, Erholung auf dem Plan stehen. "Erst bin ich bei meiner Familie in Trier, dann fliege ich noch nach Potsdam", verrät sie, "und zwischendurch besuche ich noch viele Freunde". So richtig nach Erholung klingt das nicht. Muss es auch nicht, denn der Lehrgang in Bitburg war, im Vergleich zum "vollgepackten und anstrengenden" Athletik-Lehrgang in Köln im April, für Josephine Henning angenehm. "Zwar in der Einöde, aber mit Nähe zur Heimat", erklärt sie. "Man ist total fokussiert. Es gibt nur den Fußball. Das Niveau ist richtig hoch und alle Mädels geben Megavollgas", beschreibt die Fußballerin die Stimmung im Lager.
Sollte es mit der Nominierung klappen, freut sie sich auf das "Gesamtpaket WM": "Dazu gehört der Fußball, die Atmosphäre, einfach alles." Ob die WM im eigenen Land bei den Menschen ähnlich gut ankommt, wie die der Männer 2006, das bezweifelt Josephine Henning. "Das darf man nicht vergleichen. Aber ich finde es schon toll, dass es in vielen Städten ,Public-Viewing' und Fanmeilen gibt. So wird keiner darum herumkommen", glaubt sie. Für die 21 Jahre alte Abwehrspielerin wäre die Teilnahme an dieser "WM eh das Größte".Frankfurt. Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus (Foto: dpa) schwärmt von einer "tollen Mannschaft, nicht nur, was das Fußballerische betrifft - auch das Optische". Jupp Heynckes wird sich "selbstverständlich" die Spiele der deutschen Auswahl anschauen. Auch Bundestrainer Joachim Löw und Felix Magath wollen "live" dabei sein, und Oliver Kahn freut sich auf ein "Event". Keiner soll der männlichen Fußball-Prominenz vorwerfen, dass sie die Frauen-Weltmeisterschaft in Deutschland ignoriert. Und niemand würde es mehr wagen, öffentlich über das kickende andere Geschlecht zu lästern.
Es ist aber auch nicht so, dass die Profis in der Bundesliga-Sommerpause der WM vom 26. Juni bis 17. Juli entgegenfiebern - auch wenn das manchmal so scheint: Nationalspieler Thomas Müller jubelt beispielsweise in einem TV-Spot für eine Lebensmittelkette, in dem die Frauen-WM beworben wird. "Ich werde sicher nicht wegschalten, wenn ein Spiel kommt", sagt der Stürmer von Bayern München: "Aber ich habe noch nichts rot angestrichen in meinem Kalender, wann ich unbedingt vor dem Fernseher sitzen muss." Löw will hingegen ebenso wie Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff jede Möglichkeit nutzen, um die Mannschaft von Silvia Neid spielen zu sehen. "Sollte ich mal nicht im Stadion sein, werde ich es am Fernsehen verfolgen", sagt er und betont: "Die Mannschaft ist mir schon ans Herz gewachsen. Sie ist unglaublich sympathisch und hat einige absolute Weltklassespielerinnen."
Zu sehen ist dies im Testspiel gegen Nordkorea am morgigen Samstag (17 Uhr/ZDF) in Ingolstadt. "Die Vorbereitung bisher war gut und sehr schweißtreibend. Im Länderspiel können wir nun sehen, wo wir stehen", sagte Torhüterin Nadine Angerer. Die Mannschaft von Bundestrainerin Silvia Neid steckt im fünften von sieben Lehrgängen. 36 Tage vor dem Weltmeisterschafts-Eröffnungsspiel am 26. Juni in Berlin gegen Kanada steht nun der erste Härtetest für den Titelverteidiger an. Den 26 Spielerinnen umfassenden Kader wird Neid am 27. Mai, einen Tag nach dem Champions-League-Finale zwischen Turbine Potsdam und Olympique Lyon, auf 21 reduzieren. dpa
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"Diese Fußball-WM ist eh das Größte."
Nationalspielerin Josephine Henning