Jordaniens historische Chance

Amman · Jordanien ist gegen Uruguay in den WM-Playoffs der größtmögliche Außenseiter, doch ein früherer Weltrekordler lässt die „Heldenhaften“ auf Historisches hoffen. Selbst der König hat seine Schatulle geöffnet.

Am König, das wissen alle Jordanier spätestens seit vergangenen Freitag, wird es nicht liegen. Abdullah II. hat alles gegeben. Er gab den Anstoß für eine Spendengala im Staatsfernsehen, und irgendwann während dieser sechseinhalbstündigen (!) Sendung bei JRTV griff seine Majestät selbst zum Hörer. Abdullah II. spendete 350 000 jordanische Dinar für die Fußball-Nationalmannschaft, das sind 368 000 Euro, und er sprach zu seinem Volk: "Gleich, wie dieses Spiel ausgeht, ich bin voller Stolz auf unsere Spieler. Möge sich ihr Einsatz bezahlt machen!"

Dieses Spiel, wie der König es nennt, ist eine historische Chance, eine gleichsam nationale Aufgabe. Jordanien empfängt heute die Auswahl Uruguays (ab 15.45 Uhr/Eurosport), schon der Einzug in die WM-Playoffs um einen Startplatz in Brasilien 2014 ist der größte Erfolg der Verbandsgeschichte. Die "Nashama", die "Heldenhaften", sie träumen davon, ein Märchen zu schreiben.

Und das mit royaler Unterstützung. Post von Prinz Ali gibt es jedenfalls recht regelmäßig, denn Prinz Ali bin al-Hussein ist nicht nur das zweite Kind der dritten Frau des letzten Königs, des Vaters von Abdullah II., er ist auch der Präsident des jordanischen Fußball-Verbandes JFA und Vize-Präsident des Weltverbandes Fifa. In 43. Generation, heißt es, soll er in direkter Linie vom Propheten Mohammed abstammen.

"An alle Brüder und Schwestern, die stolz auf unsere Mannschaft sind", schrieb er in der "Prinz-Ali-Ecke" auf der Internetseite des Verbandes, "mit Beharrlichkeit und Stolz, Herz und Aufopferung haben wir es weit gebracht. In meinem Herzen wohnt der Glaube, dass wir uns mit der Unterstützung eines jeden Jordaniers diesen WM-Traum erfüllen können."

Hossam Hassan wird es vernommen haben. Der Nationaltrainer ist Ägypter, ziemlich berühmter Ägypter, einst war er Weltrekordhalter für Länderspiele (169). "Diese Mission ist schwierig, aber nicht unmöglich. Um den Traum aller Jordanier wahr werden zu lassen, müssen wir 200 Prozent Hingabe abrufen", sagte Hassan. Er wisse, dass eine WM großartig sei: "Ich habe es selbst erlebt." 1990 war das, Ägypten wurde trotz eines 1:1 gegen die Niederlande Gruppenletzter.

Obwohl "Jordanien vollständig im Fußball-Fieber ist", wie die Tageszeitung Jordan Times jubelt, ist der Sprung zur WM sehr, sehr unwahrscheinlich. Neben Hossam Hassans heftig umstrittener Maßnahme, den Kapitän Amer Deeb außen vor zu lassen, quälen einige Personalprobleme die "Nashama". Torhüter Amer Shafi, Held des Elfmeterschießens im Asien-Playoff-Rückspiel in Usbekistan (9:8), ist noch gesperrt, andere Stammspieler sind verletzt. Und: Uruguay war ja schon zwei Mal Weltmeister.

Stürmer Edinson Cavani, für den Paris St. Germain im Sommer 64 Millionen Euro bezahlt hat, dürfte 20 Mal so viel wert sein wie der gesamte jordanische Kader. Hinzu kommt, dass sich die Jordanier nur zu Hause wirklich wohl fühlen, sie haben sogar Japan geschlagen - allerdings nach einem 0:6 auswärts. Das mag, vermuten Experten, den arg beschwerlichen Anreisen zuzuschreiben sein.

Dies wird sich nun ändern, auch dank der Großzügigkeit seiner Majestät. Immerhin zwei Millionen Euro hat die Sechs-Stunden-Gala insgesamt eingebracht, das ist allemal ausreichend für Erste-Klasse-Flüge zum entscheidenden Rückspiel in Montevideo am 21. November. Und, wer weiß: Vielleicht gibt es ja auch danach wieder Post von Prinz Ali.

Zum Thema:

Auf einen BlickVon heute an bis zum 20. November werden die letzten elf Teilnehmer der Fußball-WM in Brasilien ermittelt (Übersicht der Partien siehe linke Spalte). Heute findet auch das Hinspiel in der Interkontinental-Relegation der Bereiche Nord-/Mittelamerika/Karibik und Ozeanien statt. Mexiko ist hier haushoher Favorit gegen Neuseeland mit dem Stuttgarter Profi Marco Rojas. Der 22 Jahre alte Mittelfeldspieler mit chilenischen Wurzeln ist als einziger spanisch-sprechender Kicker der Kiwis der beliebteste Interview-Partner für die Medienvertreter Mexikos. sid/red

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