Frauenfußball Jones’ Amtszeit endet mit einem Novum

Frankfurt · Von Jana LANGE

Die Probezeit der Berufseinsteigerin ist abgelaufen – nun soll es ein alter Haudegen richten. Nach eineinhalb Jahren muss die erfolglose Fußball-Bundestrainerin Steffi Jones (45) ihren Posten räumen. Horst Hrubesch (66) übernimmt den zweimaligen Welt- und achtmaligen Europameister als Interimstrainer bei den anstehenden WM-Qualifikationsspielen im April. Wer danach kommt und das Team zur WM-Endrunde im Sommer 2019 führen soll, ist offen. Junioren-Nationaltrainerin Maren Meinert (44) wäre für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) eine erfolgreiche Frau aus den eigenen Reihen. Auch Jones’ Vorgängerin Silvia Neid (53) arbeitet nach wie vor beim Verband. Zudem werden Ralf Kellermann (VfL Wolfsburg) und Martina Voss-Tecklenburg (Schweizer Nationaltrainerin) gehandelt.

„Steffi Jones ist und bleibt ein prägendes Gesicht des deutschen Frauenfußballs, und ich würde mich freuen, wenn sie in anderer Funktion dem DFB und dem Frauenfußball erhalten bleibt“, sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel. Er brach das Experiment Jones nach den schlechten Auftritten des Olympiasiegers gegen die Weltklasseteams USA (0:1), England (2:2) und Frankreich (0:3) beim „She-Believes“-Cup Anfang März ab – und sorgte für ein Novum: Erstmals in der mehr als 35-jährigen Historie der erfolgsverwöhnten Frauen-Auswahl muss die sportliche Leitung vorzeitig gehen.

Ausschlaggebend für die Entscheidung des Präsidiums waren die Empfehlungen von Oliver Bierhoff (Direktor Nationalmannschaften) und Joti Chatzialexiou (sportlicher Leiter Nationalmannschaften) nach einer „intensiven Analyse der vergangenen Monate“. Laut Sportinformationsdienst hat sich auch ein großer Teil der Mannschaft gegen Jones ausgesprochen. „Wir wollen den Wechsel nutzen, um die Strukturen im Frauenfußball weiter zu professionalisieren, die Verzahnung mit dem Männerbereich zu verstärken und neue konzeptionelle Wege zu gehen“, sagte Bierhoff.

Viel Zeit zur Einarbeitung bleibt Hrubesch, der von der U16-Nationtaltrainerin und früheren Neid-Assistentin Ulrike Ballweg und seinem langjährigen Begleiter Thomas Nörenberg unterstützt wird, nicht. Am 7. April in Halle/Saale gegen Tschechien und drei Tage später in Slowenien müssen Siege für die WM-Qualifikation her. „Ich habe den Frauenfußball in den vergangenen Jahren verfolgt und war auch bei der EM im Sommer vor Ort“, sagte Hrubesch: „Ich helfe gerne.“

Seit Jones ohne jegliche Vorerfahrung als Cheftrainerin nach dem Olympiasieg 2016 das Zepter von Neid übernommen hatte, schaffte die DFB-Auswahl in 22 Spielen nur 13 Siege (vier Remis, fünf Niederlagen). Bei der EM 2017 in den Niederlanden begann die Krise mit einem Knall, als der Traum vom neunten EM-Titel historisch früh platzte. Bereits im Viertelfinale war Schluss für den Rekordchampion.

Nur zehn Tage später aber gab der DFB Jones und ihrem Trainerstab nicht nur eine zweite Chance, sondern verlängerte ihren Vertrag bis zur WM in Frankreich. Als die direkte Qualifikation für die Endrunde durch eine ebenfalls historische 2:3-Heimpleite gegen Island im Oktober in Gefahr geriet, schrillten dann doch alle Alarmglocken. Grindel zählte Jones öffentlich an. Nun ist Jones nach ihrem steilen Aufstieg von der Weltmeisterin 2003 über ihre Funktionärs-Karriere (OK-Chefin der WM 2011, DFB-Direktorin) zur Bundestrainerin krachend auf dem Boden der Tatsachen gelandet.

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