Isländer spielen im Achtelfinale gegen ihre Idole

Nizza · Für das Spiel ihres Lebens verwandeln sich die "Wikinger" gedanklich in Schoßhündchen. Bei jeder Teamsitzung im Konferenzraum des Mannschaftshotels schauen die isländischen Fußball-Nationalspieler auf ein Motivationsplakat, das einen klitzekleinen Chihuahua zeigt. Er jagt ein tonnenschweres Nashorn. Frech sein, keine Angst vor den Großen - so ähnlich will der Außenseiter im EM-Achtelfinale heute (21 Uhr/ARD) in Nizza Jagd auf die "Three Lions" machen, den hohen Favoriten England. Das Poster sei "ein Symbol, wie weit dich großer Mut und große Einstellung bringen können", sagte Verteidiger Elmar Bjarnason. Die Begeisterung könnte größer kaum sein, denn die Isländer spielen im ersten K.o-Spiel bei einer EM gegen ihre eigenen Idole.

"Ich war bei großen Turnieren immer für England", sagt Abwehrspieler Kári Árnason. Der Lauterer Jon Bödvarsson, Schütze des 1:0 beim 2:1 gegen Österreich, nennt England sein "Dream-Team". Alle isländischen Fußballer schauen die englische Premier League. "Wir sind verrückt nach englischem Fußball", sagte Trainer Heimir Hallgrimsson: "Wir wissen alles über sie, aber sie nicht über uns. Ich habe keine Angst."

Bei den Engländern ist es genau andersherum. Nach 20 Jahren soll das Team endlich mal wieder ein EM-Spiel in der K.o.-Runde gewinnen. In den heimischen Medien wird schon spekuliert, dass Teammanager Roy Hodgson bei einer Niederlage gehen muss. Sorge bereitet aber nicht nur das kampferprobte Island, sondern auch die eigene Schwäche vom Punkt: Sechs von sieben Elfmeterschießen hat das Mutterland des Fußballs bei großen Turnieren verloren. Das sei ein mentaler Vorteil für Island, sagt England-Legionär Gylfi Sigurdsson: "Auf den Engländern lastet fast übermenschlicher Druck. Stellen Sie sich vor, was los ist, wenn sie gegen uns ausscheiden."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort