Fußball-WM in Russland Iniesta sagt Adios, Ramos will mit grauem Bart nach Katar

Moskau · Spanien steht nach dem WM-Aus vor dem Umbruch.

Das blasse Gesicht noch bleicher als sonst, das Haupt gesenkt – selbst Kabinengast König Felipe VI. konnte Andres Iniesta nicht trösten. Der unwürdige Abschied hatte etwas in dem großen spanischen Fußball-Idol, diesem Herzstück des goldenen Zeitalters, zerbrochen. Vom „sicher traurigsten Tag meiner Karriere“ sprach der geknickte Iniesta nach dem Achtelfinal-Aus gegen WM-Gastgeber Russland. Nach seinem 131. Länderspiel, bei dem er nur als Einwechselspieler mitwirken durfte, beendete der 32-Jährige seine Karriere im Nationalteam mit den Worten: „Ein wundervoller Zauber ist verflogen.“ Er bot damit eine treffende Analyse der gesamten spanischen Mannschaft.

Das schmerzhafte 3:4 nach Elfmeterschießen, dieser Auftritt „ohne Seele und Freude“ (Marca), bildete „das Ende einer Generation“, wie die Sportzeitung AS titelte. Zwischen 2008 und 2012 gewannen Iniesta, Xavi und all die anderen Hochbegabten noch alles, was es zu gewinnen gab. Doch seither wurde die so gefürchtete Furia Roja bei aller Ballbesitz-Dominanz Stück für Stück, Turnier für Turnier, entzaubert. Vorrunden-Aus bei der WM 2014. Achtelfinal-Aus bei der EM 2016. Achtelfinal-Aus bei der WM 2018.

Spieler wie Sergio Ramos, David Silva (beide 32) und Gerard Piqué (31), das zeigte diese Endrunde in Russland, haben ihren Zenit überschritten. Spanien muss sich, ähnlich wie der tief gefallene Weltmeister Deutschland, neu erfinden. Oder, wie die Zeitung AS schrieb: „Das spanische Modell, das ein Imperium erschuf, bedarf einer Generalüberholung.“ Die beginnt mit der Trainerfrage. Sportdirektor Fernando Hierro sprang wenige Tage vor Turnierbeginn in die Bresche, weil Julen Lopetegui nach Bekanntgabe seines bevorstehenden Wechsels zu Real Madrid Knall auf Fall entlassen wurde. Ohne ihren „Anführer“ (Koke) war „Spanien vom ersten Tag an kaum wiederzuerkennen, unsolide, ohne Dampf, erschrocken und ohne Heilige“, schrieb Marca.

„Wir werden uns diese Woche zusammensetzen und dann Entscheidungen fällen“, sagte Verbandspräsident Luis Rubiales über Hierro, der die Verantwortung für das Scheitern übernahm und sagte: „Die Entscheidung liegt nicht in meiner Hand.“

Die Namen Luis Enrique und Michel geistern bereits durch die Gazetten. Wer auch immer am 8. September im Spiel gegen England auf der spanischen Trainerbank sitzt, steht vor schwierigen Entscheidungen. Wie beim Personal. Da kündigte etwa Kapitän Ramos unmittelbar nach dem Spiel an, es bei der WM in vier Jahren noch einmal versuchen zu wollen. „Ich fliege mit großen Schmerzen heim. Falls nötig, fahre ich auch mit einem grauen Bart nach Katar.“

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