Fußball-Weltmeisterschaft Kritik und Zweifel an Winter-WM bleiben

Frankfurt · In genau vier Jahren beginnt in Katar die erste Weltmeisterschaft mitten in der Saison und in der arabischen Welt.

 Auf dem Gelände des Stadions Ras Abu Abud wird unter Hochdruck gearbeitet. Das Stadion für die Fußball-WM 2022 wird größtenteils aus Schiffscontainern und Stahl gebaut. Es soll nach der WM abmontiert und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden.

Auf dem Gelände des Stadions Ras Abu Abud wird unter Hochdruck gearbeitet. Das Stadion für die Fußball-WM 2022 wird größtenteils aus Schiffscontainern und Stahl gebaut. Es soll nach der WM abmontiert und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden.

Foto: dpa/Sharil Babu

Während in Deutschland die Temperaturen stürzen und die Weihnachtsmärkte so langsam ihre Pforten öffnen, laufen in Katar die Vorbereitungen für das größte Fußball-Turnier der Welt auf Hochtouren. In genau vier Jahren beginnt in dem Wüstenemirat am persischen Golf die umstrittene Winter-WM. Bis dahin gilt es, Stadien aus dem Boden zu stampfen, eine angemessene Infrastruktur für Teams und Fans zu schaffen und sich nebenbei gegen die anhaltende internationale Kritik zu verteidigen.

Am 21. November 2022 wird der Anpfiff für das viel diskutierte Groß-Ereignis ertönen – vor bis zu 86 250 Zuschauern im dann nagelneuen Lusail-Stadion in Doha. Über 1,5 Millionen Fans werden laut optimistischen Schätzungen in den folgenden Wochen nach Katar strömen. Wenn der Ball erst mal rollt, so die Hoffnung der Organisatoren, sollen all die unschönen Begleiterscheinung in den Hintergrund treten und die Welt stattdessen einfach ein großes Fußball-Fest feiern – in Europa wohl inklusive Public Viewing bei Minusgraden.

Bislang jedoch reißen die Diskussionen um das Mammut-Projekt, das sich der Scheichstaat nach eigenen Angaben bisher einmalige 20 Milliarden Euro kosten lässt, keineswegs ab. Die Situation der Arbeiter auf den Baustellen der acht WM-Arenen etwa wird trotz eingeleiteter Reformen von internationalen Menschenrechts-Organisationen kritisiert. Auch die Vergabe wird wohl auf ewig von Korruptionsvorwürfen begleitet bleiben.

Dazu ist die politische Situation in der Golfregion hochbrisant. Seit 2017 besteht eine Blockade der Nachbarstaaten Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und Vereinigte Arabische Emirate gegen Katar, wegen mutmaßlicher Unterstützung terroristischer Gruppierungen. In der Vorwoche überraschte zudem WM-Chef Hassan al-Thawadi mit der Ankündigung, dass einige Teams während des Turniers im Iran einquartiert werden könnten, einem der Schlüsselstaaten im Nahost-Konflikt. Es gibt eben erhebliche Zweifel, ob genug Unterkünfte für den Fifa-Tross und Fans zur Verfügung stehen. Plätze gibt es in den Hotels, auf mehreren Kreuzfahrtschiffen im Hafen von Doha (sieben von acht Stadien sind in Doha oder in unmittelbarer Nachbarschaft) und in Zeltlagern, die in der Wüste aufgebaut werden sollen – inklusive Lagerfeuerromantik.

Zusätzlich aber sorgte Fifa-Präsident Gianni Infantino für Wirbel, als der Schweizer öffentlich über eine eigentlich erst für das Turnier 2026 vorgesehene Aufstockung von 32 auf 48 Teams nachdachte. Für das kleine Katar ist dies alleine eigentlich nicht zu stemmen. „Unsere Vorbereitungen laufen im Moment für 32 Mannschaften. Alle Vorbereitungen basieren darauf“, sagte Organisations-Boss al-Thawadi deshalb.

Für einige der so rar gesäten Positiv-Schlagzeilen sorgte dagegen zuletzt die katarische Nationalmannschaft. Gegen die Schweiz, wenn auch nur deren B-Elf, landete die Nummer 96 der Fifa-Weltrangliste einen überraschenden 1:0-Sieg. Das anschließende 2:2 am Montag gegen WM-Teilnehmer Island nährte zusätzlich die Hoffnung, dass der WM-Gastgeber bis 2022 womöglich doch noch konkurrenzfähig wird.

Die Weltmeisterschaft in Katar wird in mehrerlei Hinsicht eine Premiere: die erste in der arabischen Welt, die erste in einem muslimischen Land, die erste während des europäischen Winters und damit auch inmitten der Saison in den Topligen. Ob diese Premiere trotz aller widrigen Umstände eine gelungene wird, wird sich abschließend wohl erst in vier Jahren zeigen. Zweifel sind allerdings angebracht.

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