Im Rallyewagen durchgeschüttelt

Piesbach. Ortsdurchfahrt Saarwellingen, der Tacho zeigt 54 an. Rein in die Rechtskurve und runter in den zweiten Gang. Langsam über den Schotter, Rückwärtsgang rein und sachte in die Parklücke. "Sie haben Ihr Ziel erreicht", lässt mich das Navi wissen

 Gut durchblutet zeigt sich auf unserem Foto das Gesicht von SZ-Mitarbeiter Marc Prams (links). Pilot Uwe Gropp ist vor dem Start seines Rallye-Renners da schon deutlich entspannter. Foto: Niegtsch

Gut durchblutet zeigt sich auf unserem Foto das Gesicht von SZ-Mitarbeiter Marc Prams (links). Pilot Uwe Gropp ist vor dem Start seines Rallye-Renners da schon deutlich entspannter. Foto: Niegtsch

Piesbach. Ortsdurchfahrt Saarwellingen, der Tacho zeigt 54 an. Rein in die Rechtskurve und runter in den zweiten Gang. Langsam über den Schotter, Rückwärtsgang rein und sachte in die Parklücke. "Sie haben Ihr Ziel erreicht", lässt mich das Navi wissen. Einen Tag vor der Litermont-Rallye treffe ich mich hier mit Uwe Gropp vom Gropp-Racing-Technology-Team im Servicepark der Rennteams. Der Neunkircher, der im Vorjahr die internationale Euro-Rallye-Trophée gewann, hat mich eingeladen, um mit ihm ein paar Runden zu drehen. Hautnah Rennluft schnuppern.

"Wer bricht, wischt", ruft mir Service-Mechaniker Sven 'Frodo' Schöde zur Begrüßung zu. Alles lacht, nur bei mir macht sich langsam Nervosität breit. Beifahrer Hans-Peter Loth drückt mir einen Zettel mit Pfeilen, Zahlen und wirren Kürzeln in die Hand. "Ich hab' dir schon mal die Anweisungen aufgeschrieben, die du später auf der Strecke geben musst. 50 links, voll über die Kuppe, sofort rechts, Schikane Eingang links. Das muss nachher sitzen."

Ich soll was machen??? Anweisungen geben? Das meint er doch nicht ernst? Ich werde vermutlich genug damit zu tun haben, nicht in Ohnmacht zu fallen. "Darauf bin ich angewiesen. Ansonsten bin ich quasi blind", sagt Gropp lachend und zeigt mir das Cockpit. Schnickschnack hat in einem Rallye-Auto nichts zu suchen. Hier kommt es auf Sicherheit und Schnelligkeit an. Vollschalensitze mit Sechs-Punkt-Gurten, Einschweißzelle und Feuerlöschanlage wirken irgendwie beruhigend. Welche Kraft in dem Citroen C2R2max steckt, wird deutlich, als der Motor zündet. 190 PS, 1593 Kubikzentimeter Hubraum, ein sequenziell betriebenes Fünf-Gang-Getriebe, 190 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit. Das macht Eindruck. Gropp, der seit 1988 Rennen fährt, tritt aufs Gaspedal.

"Wir sehen uns beim Shakedown in Piesbach", ruft er mir zu. Zwei Stunden später ist es soweit. Helm auf, rein ins Auto und Gurte sichern. Jetzt noch das Kabel einstecken und ich kann mich mit dem 42-Jährigen über Funk unterhalten. Gott sei Dank, reden beruhigt ja bekanntlich. "Ist das heiß hier", fällt mir sofort auf. Den ganzen Tag hat die Sonne geknallt. Eine Sauna ist nichts dagegen. "Die Hitze wird oft unterschätzt. Bei einem Rennen müssen die Fahrer topfit sein", sagt Gropp. Das glaube ich gerne.

Ich fasele was von Achterbahnen und Free-Fall-Towern. Das Pfeifen im Walde, sozusagen. Während Gropp extrem cool und locker ist, kommt bei mir zum Stirn- jetzt auch noch Handschweiß hinzu.

Los geht's! Vollgas auf die Strecke. Soll ich schreien? Ich ringe mir ein lautes "Wow" ab und werde in den Sitz gepresst. Vor uns rückt eine Rechtskurve immer näher! Gropp schaltet und driftet ohne merkliches Bremsen hinein. Irre. Jetzt mit Speed über den Schotter. Um uns herum nur noch Staub. Bergab Richtung Dorf. Die Zuschauer stehen an der Strecke und machen Fotos. Der absolute Wahnsinn. Mit gefühlter Schallgeschwindigkeit geht's durchs Dorf. Der befürchtete Kampf "Panik gegen Pferdestärke" bleibt aus, stattdessen schlagen meine Synapsen Purzelbaum. Adrenalin macht sich breit und Glücksgefühle überkommen mich. Rallye-Rausch pur.

Helm schlägt gegen Auto

Wie schnell sind wir eigentlich? Auf der Anzeige stehen dutzende Zahlen. Ich blicke nicht durch. Der Helm schlägt gegen die Einschweißzelle und wir donnern noch eine Runde.

So kann es weitergehen, aber nach sechs Minuten ist leider alles vorbei. "Und, hat es dir gefallen?", fragt mich Gropp. "Es war der absolute Oberhammer", antworte ich. Anweisungen hat er natürlich keine gebraucht. War alles nur Spaß. Mit breitem Grinsen verlasse ich Piesbach - mit Tempo 50. Ich werde zwar sicher kein Rennfahrer mehr, aber der Rallye-Sport hat soeben einen neuen Fan gewonnen.

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