„Ihr werdet einen neuen Jürgen sehen“

Saarbrücken · In einer Woche steigt Jürgen Doberstein in der Saarlandhalle in den Ring. Vor dem Kampf gegen William Gare überzeugte er beim Sparring mit neuen Fähigkeiten. Die wird er gegen den Südafrikaner benötigen, um zu bestehen.

Erschöpft sinkt Jürgen Doberstein in der Ringecke auf den Holzhocker. Trainer Sergej Ostrovski hält ihm die Wasserflasche an den Mund, redet auf ihn ein. Vor allem Lob ist zu vernehmen: "Du machst gerade alles richtig. Super." Der Profi-Boxer hört zu, nickt ab und an. Die Strapazen von einer Woche intensivem Sparring sind ihm anzusehen. Die Augen müde, die Arme schlaff am Köper hängend, die Beine schwer. Doch dann: Die Pause ist vorbei, nächste Runde. Klick. Der Schalter springt auf an. Das bekommt Sparringspartner Geard Ajetovic zu spüren. Hochexplosiv, schnelle Beine, viele Schlagvariationen - der "Dobermann" ist in seinem Element.

"Im Moment ist es nur noch Quälerei", gibt Doberstein zu, lässt aber ein Lächeln folgen. Schmerzen sind vergänglich. Boxen ist dagegen sein Leben. Bis Freitag musste er durchhalten, dann war das zweiwöchige Sparring vorbei - der härteste Teil der drei Monate Vorbereitung. Die nachfolgenden sieben Tage kann sich der Supermittelgewichtler erholen. Eine Woche ausruhen, bevor er seinen WBF-Intercontinental-Gürtel in der Saarlandhalle verteidigen will. Am 7. September wird in Saarbrücken Zündstoff geboten sein - das liegt nicht nur am Kampfnamen seines Gegners William "Dynamite" Gare. Der Südafrikaner ist die Nummer 44 der Welt und steht 27 Plätze vor dem St. Ingberter.

Doberstein ist der Respekt anzumerken. "Er hat das richtige Gefühl für das Boxen, ist sehr variabel und dadurch schwer ausrechenbar", sagt der 24-Jährige. Die Videos von Gare, die Doberstein mit seinem Trainer seit einer Woche analysiert, haben Eindruck hinterlassen. "Wir wollen keine Aufbaugegner, mit der man die Statistik aufbessert. Wir wollen starke Gegner, denn nur an denen kann man wachsen", sagt Ostrovski. Gewachsen ist Doberstein offenbar schon in der Vorbereitung. "Ihr werdet einen neuen Jürgen sehen. Dynamischer, kraftvoller, schneller", versprach Ostrovski kürzlich. Beim Sparring folgte der Beweis. Sehr gute Beinarbeit, ständig unterwegs, dazu eine ungewohnt hohe Variabilität in den Schlägen.

Sparringspartner Ajetovic zeigte sich angetan. Er hat Doberstein bereits vor eineinhalb Jahren auf den Kampf um die deutsche Meisterschaft vorbereitet. "Er hat sich enorm entwickelt. Sehr gute Bewegungen, mehr Kraft in den Fäusten", urteilt der Serbe, der in der Weltrangliste einen Platz vor Dobersteins Gegner Gare steht.

Klingt vielversprechend, wenn da nicht der schmerzverzehrte Gesichtsausdruck nach den sechs Sparringsrunden wäre. Immer wieder greift Doberstein sich an den linken Arm. Der Ansatz der Bizepssehne ist gereizt. "Damit habe ich immer gegen Ende der Vorbereitung meine Probleme. Aber das ist halb so wild. Bis zum Kampf ist es verschwunden", wiegelt Doberstein ab. Auch Ostrovski ist nicht besorgt: "Wir haben es untersuchen lassen, alles in Ordnung." Wie zum Beweis beendet Doberstein das Training nach dem Sparring nicht, sondern schlägt noch ein paar Minuten auf den Sandsack ein.

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