"Ich glaube, ich drehe durch"

Johannesburg. Ein "Traumfinale gegen Deutschland" - das wäre es gewesen. Arjen Robben wünschte sich niemand anderen als den dreimaligen Weltmeister fürs Endspiel am Sonntag in Johannesburg. "Gegen Deutschland will ich zehnmal lieber gewinnen als gegen Spanien. Denn sonst darf ich kommende Saison nicht zurück zum FC Bayern", sagte er

 Im Blickpunkt: Nach dem 3:2 im Weltmeisterschafts-Halbfinale gegen Uruguay wurde Arjen Robben gefeiert. Foto: dpa

Im Blickpunkt: Nach dem 3:2 im Weltmeisterschafts-Halbfinale gegen Uruguay wurde Arjen Robben gefeiert. Foto: dpa

Johannesburg. Ein "Traumfinale gegen Deutschland" - das wäre es gewesen. Arjen Robben wünschte sich niemand anderen als den dreimaligen Weltmeister fürs Endspiel am Sonntag in Johannesburg. "Gegen Deutschland will ich zehnmal lieber gewinnen als gegen Spanien. Denn sonst darf ich kommende Saison nicht zurück zum FC Bayern", sagte er.

Seit Tagen stand Robben in Kontakt mit seinen Clubkollegen, per SMS neckten sie sich - bis Spanien dem Spaß ein humorloses Ende bereitete. Für Robben ist das nur eine weitere Wendung in einer surrealen Weltmeisterschaft.

"Ich glaube, ich drehe durch", sagte der 26-Jährige nach dem Halbfinal-Sieg gegen Uruguay (3:2): "Natürlich hatte ich Angst, dass ich hier gar nicht spielen kann. Oder nur halb fit werde. Und es war äußerst seltsam, sich mit der Ungewissheit vorzubereiten ohne die Mannschaft." Er schwebte vor der WM zwischen Hoffen und Bangen. Um trotz Muskelfaserriss ein Teil der WM sein zu können, begab er sich in die Hände des Physiotherapeuten Dick van Toorn. Der 77-Jährige gibt keine Interviews. In Holland nennen sie ihn einen Wunderheiler. Bei Feyenoord Rotterdam, wo er einst Johan Cruyff kurierte, sprechen sie statt vom Behandlungs- vom "Frankensteinzimmer". Van Toorn sollte Robben in Windeseile fit bekommen. "Alles ganz legal", sagte Robben: "Ich habe eine hohe Schmerztoleranz."

Für die Niederlande ist Robben ein Wunderheiler. Er ist Trainer Bert van Marwijks Königsfigur. Wie ein Porzellanpüppchen führte er ihn wieder an die Startelf heran, sagte Sätze wie: "Ich frage ihn täglich, wie es ihm geht." Oder: "Ich bin so froh, dass es ihm besser und besser geht." In den ersten zwei WM-Spielen verzichtete er auf Robben, gegen Kamerun gab er ihm die erste kleine Dosis Wettkampf, worauf Robben das 2:1-Siegtor mit einleitete. Und als Robben im Achtelfinale gegen die Slowakei (2:1) erstmals von Anfang an mittat, entlohnte er es mit dem wegweisenden ersten Tor. Alles schien gut.

Aber hier setzten Schwankungen ein. Im Viertelfinale gegen Brasilien (2:1) rollte sich Robben bei jedem Körperkontakt so theatralisch, dass bei Felipe Melo die Sicherungen durchbrannten und er ihm einen satten Stoß verpasste - Rot. Van Marwijk sagte dazu: "Chauvinismus. Die Brasilianer sollen sich schämen. Schauen sie sich doch Melos Tritt nochmals an." Man darf ihn nicht attackieren, die Wunderwaffe, obwohl er auch gegen Uruguay mit seinem Kopfballtor und seinen Dribblings ebenso auffiel wie mit leidenschaftlichen Flugrollen. Er muss sich schützen, sagen die einen. Es nervt, sagen die anderen. Robben polarisiert und verblüfft. Er ist der Antizyklische. Oft verletzt, galt er mehrfach als halber Sportinvalide. Nachdem er vom FC Chelsea zu Real Madrid wechselte, hieß es, dafür reiche sein Talent nicht. Als Abstieg wurde der Wechsel zu den Bayern angesehen, worauf er München mit seinen Toren ins Finale der Champions League trug (0:2 gegen Inter Mailand). Und als sich der Glaskörper zu einer stabilen Figur entwickelt hatte, als man auf ein WM-Wetteifern mit Argentiniens Lionel Messi freuen durfte, rissen wieder die spröden Fasern.

Als es statt Deutschland nun Spanien wurde, wiederholte Robben seine Maxime: "Ich habe vor kurzem ein großes Finale verloren. Das passiert mir nicht noch einmal." Letztlich ist es der Titel, der zählt, und da mag die ganze Welt über die Stärken der Spanier reden, das ist Robben egal: "Wir bleiben cool, wir wissen, dass wir noch nicht alles gezeigt haben, was in uns steckt. Und hey: Wir haben Brasilien geschlagen." Und am Tag, an dem die Bürde der WM von 1974 und 1978 abgeworfen werden soll, geht es selbst bei Robben nicht mehr um Ästhetik. "Wir haben nur noch dieses Ziel vor Augen, diesen wundervollen Moment. Wir wollen den WM-Pokal endlich mit nach Hause bringen und die Niederlande glücklich machen."

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