„Ich fühle mich wie ein Sieger“

Saarbrücken · Jürgen Doberstein hat seinen Titel verloren – und damit die baldige Chance auf ein WM-Duell. Er unterlag Robin Krasniqi in einem dramatischen Kampf. „Ich fühle mich verschaukelt“, sagt er zur Wertung der Punktrichter.

 Die hat gesessen: Jürgen Doberstein (links) hat von Robin Krasniqi einen harten Schlag abbekommen. Der Lokalmatador wankte in der elften Runde, ging aber nicht zu Boden. Fotos: Wieck (2)/Schlichter

Die hat gesessen: Jürgen Doberstein (links) hat von Robin Krasniqi einen harten Schlag abbekommen. Der Lokalmatador wankte in der elften Runde, ging aber nicht zu Boden. Fotos: Wieck (2)/Schlichter

Es war der angekündigte Kampf auf Augenhöhe. Und was Lokalmatador Jürgen Doberstein und der Münchner Robin Krasniqi am Freitagabend vor 2500 Zuschauern in der Saarlandhalle von der ersten bis zur zwölften Runde abgeliefert haben, war an Dramatik kaum zu überbieten. Bundesweit sprechen Medien von einer "Ringschlacht". Von "einem bis zur letzten Runde unglaublichen Tempo". Zwölf enge Runden - mit dem besseren Ende für den Herausforderer. "Ich fühle mich wie ein Sieger", sagt Doberstein, der den Kampf im Supermittelgewicht um den von ihm gehaltenen WBA-Intercontinental-Titel sowie den vakanten WBO-Intercontinental-Titel gegen Krasniqi verloren hat. Und somit die Chance auf ein baldiges WM-Duell.

"Es ist einfach ungerecht"

113:116, 111:116, 114:114. So werten die drei Punktrichter den Kampf. Dobersteins Trainer Artur Grigorian schimpft: "111:116? Mit welchen Augen hat er das gepunktet?" Robert Stieglitz, Ex-Weltmeister im Supermittelgewicht, ist als Zuschauer da. Er zeigt sein Handy und erklärt: "Hier, ich habe jede Runde mitgewertet. Ich komme auf ein Unentschieden." Ulf Steinforth, für dessen SES-Stall der 29 Jahre alte Krasniqi boxt, sagt: "Der Mann der ersten Hälfte des Kampfes war Doberstein, der der zweiten Krasniqi." Einer der drei Punktrichter sieht das anders. Zwei werten die ersten fünf Runden mit 3:2 für Doberstein. Der dritte wertet sie mit 4:0 für Krasniqi und sieht eine Runde unentschieden. "Ich fühle mich verschaukelt", sagt Doberstein: "Es ist einfach ungerecht, wie ein Punktrichter so werten kann."

Keine unterschiedlichen Meinungen gibt es zu Runde elf. Nach einer Minute und zwei Sekunden kassiert Doberstein einen Aufwärtshaken, der Wirkung zeigt. Krasniqi legt sofort nach, trommelt eine Serie von harten Schlägen auf Kopf und Oberkörper. Doberstein wackelt im schwersten Kampf seiner Karriere, taumelt schwer, bekommt die Fäuste nicht mehr hoch. Es scheint eine Frage von Sekunden, bis er fällt. Viele fragen sich, wann sein Trainer Grigorian das Handtuch wirft. Krasniqi hämmert auf dessen Schützling ein, bis seine Muskeln durch die vielen Schläge übersäuern, er nicht mehr schlagen kann. "Jürgen hat das irgendwie überlebt", sagt Stieglitz zu der etwa 40 Sekunden dauernden Situation, in der Doberstein nicht zu Boden geht. "Riesenkompliment an Jürgen: Wie er Runde elf überstanden hat, war absolute Weltklasse", lobt Steinforth. Krasniqi zollt nach seinem 50. Profi-Kampf dem mit nun 24 Duellen unerfahreneren Gegner Respekt: "Toll, wie er das überlebt hat."

Mehr noch: Doberstein beißt sich zurück - und greift Krasniqi gegen Ende der elften Runde an. Runde zwölf gewinnt er sogar noch. Worin sich diesmal alle drei Punktrichter einig sind.

Aber Nehmerqualitäten und Kämpferherz helfen nicht. Das enge Duell wird gegen Doberstein gewertet. "Ich habe gedacht, dass ich gewonnen habe. Aber die Punktrichter haben entschieden", sagt er. Vielleicht mag es daran liegen, dass er in manchen Situationen passiv rüberkommt. Doberstein hat eine sehr gute Beinarbeit, ist im Ring viel unterwegs, um den Fäusten des Gegners auszuweichen. Krasniqi versuchte, ihm die Wege abzuschneiden, ihn zu stellen. Das kann bei Punktrichtern in engen Kämpfen ausschlaggebend sein. Sie werten für den in ihren Augen aktiveren Boxer .

"Er muss Mätzchen sein lassen"

Experten sagen, dass Doberstein auch die Führhand mehr einsetzen soll. Und: "Er hat eine interessante Art zu boxen. Noch ein paar Kämpfe auf dem hohen Niveau wie heute, und er kann ein ganz großer Weltmeister werden", sagt Stieglitz: "Aber er muss die Mätzchen sein lassen. Die lenken ihn ab von dem, was er im Ring tun soll." Doberstein provoziert des Öfteren. Er deutet zum Beispiel an sein Kinn, um zu zeigen, dass er nicht getroffen wird. So auch im Kampf gegen Krasniqi. Steinforth sagt: "Das muss er sich das abgewöhnen. Jürgen bringt sich dadurch selbst von seinem Kurs ab."

Durch die Niederlage wurde Doberstein vom WM-Kurs abgebracht. Wie es weitergeht, ist offen. Gibt's einen Rückkampf? Steinforth sagt: "Wenn wir herausgefordert werden: Warum nicht? So ein tolles Duell schreit nach einem Rückkampf." Doberstein will diesen. Er sagt: "Ich wünsche mir mehr Gerechtigkeit in meinem Sport."

 Die Saarlandhalle war mit 2500 Zuschauern ausverkauft. Die Box-Fans gingen begeistert mit und sorgten für eine tolle Stimmung.

Die Saarlandhalle war mit 2500 Zuschauern ausverkauft. Die Box-Fans gingen begeistert mit und sorgten für eine tolle Stimmung.

Nikki Adler bleibt WBC-Weltmeisterin im Supermittelgewicht. Die Augsburgerin siegte durch K.o. gegen die Georgierin Elene Sikmashvili. Lokalmatador Mirco Martin gewann im Fliegengewicht durch technischen K.o. gegen Robert Kanalas aus Ungarn.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort