Hummels Heldentat

Rio de Janeiro · Die deutsche Nationalmannschaft hat zum vierten Mal in Folge das Halbfinale einer WM erreicht. Im Viertelfinale gewann das Team mit 1:0 gegen Frankreich. Mats Hummels traf per Kopf zum Tor des Tages.

Jetzt wollen Joachim Löw und seine kaputten WM-Kämpfer auch den ganz großen Coup. Nach dem 13. Einzug in ein WM-Halbfinale durch das 1:0 (1:0) gegen Frankreich gönnten sich die deutschen Spieler und der Trainerstab am Freitag in Rio nur einen kurzen Moment des Jubels, denn der Brasilien-Trip der DFB-Reisegruppe um Matchwinner Mats Hummels soll erst in gut einer Woche im WM-Finale an gleicher Stätte enden. "Die Mannschaft hat bravourös gekämpft, kompakt gestanden und das klasse gelöst", lobte Bundestrainer Löw nach der Hitzeschlacht in Rio de Janeiro und berichtete aus der Kabine: "Die Spieler sind richtig platt und todmüde."

Der neue Torwart-"Titan" Manuel Neuer , der in der Schlusssekunde mit einer Glanzparade gegen Karim Benzema den Sieg festhielt, und Vizekapitän Bastian Schweinsteiger animierten die schwarz-rot-goldenen Fans in der Kultstätte Maracanã nur kurz zu einer Jubel-Welle, dann war das Halbfinale gegen Gastgeber Brasilien oder Kolumbien schon in den Köpfen. Dass Brasilien der Halbfinalgeger wird (siehe Seite D2), wusste Hummels noch nicht, als er sagte: "Das ist der nächste Traum, der in Erfüllung gegangen ist. Ich hoffe, dass unser Weg noch nicht zu Ende ist." Und auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach atmete tief durch. "Ich bin total happy. Die Mannschaft hat eine super Einstellung. Wir sind zum vierten Mal nacheinander im Halbfinale. Es ist alles drin", sagte Niersbach und stellte unabhängig vom WM-Ausgang klar: "Diese Endrunde ist für den DFB ein Erfolg." Doch die Reiseroute ist klar. "Wir wollen nach Rio zurückkommen. Wir wollen den Titel holen", betonte Teammanager Oliver Bierhoff.

Exakt 60 Jahre nach dem "Wunder von Bern" machte die DFB-Auswahl einen großen Schritt zum vierten WM-Triumph nach 1954, 1974 und 1990. Kopfball-Schreck Hummels versetzte mit seinem zweiten Turniertreffer in der 12. Minute zum 1:0-Sieg der Equipe tricolore den K.o. und sorgte bei den Fans in der Heimat endgültig für riesen WM-Euphorie. Nach einem Freistoß von Toni Kroos wuchtet er den Ball unter die Latte. "Wir haben guten Fußball gezeigt und wussten, worum es geht. Die Leistung war Halbfinal-würdig", befand Neuer.

Mit dem überzeugenden Kapitän Philipp Lahm wieder als rechtem Verteidiger schaffte Löw die Grundlage für den umjubelten Vorstoß unter die besten Vier, wo die DFB-Auswahl bereits in den vergangen drei Turnieren (2002, 2006, 2010) stand. "Glückwunsch, Jungs! 4 halbfinals in Serie... Wahnsinn", twitterte Basketball-Star Dirk Nowitzki . Nun geht es am Dienstag nach Belo Horizonte.

Nach kontroversen Diskussionen auch in seinem engsten Stab verwarf Löw sein bisheriges Personalkonzept und beorderte Bayern-Profi Lahm aus dem Mittelfeld zurück auf die rechte Seite in der Viererkette. "Ich habe immer gesagt: Wenn ich das Gefühl habe, andere Reize setzen zu müssen, mache ich das", begründete Löw seine Entscheidung.

Doch der Bundestrainer hatte im 110. Länderspiel seiner Amtszeit, an dessen Ende der 75. Sieg in seiner persönlichen Bilanz steht, noch mehr in petto: In der Innenverteidigung musste Abwehrchef Per Mertesacker für den genesenen Hummels Platz machen, Sami Khedira rückte neben Bastian Schweinsteiger und Toni Kroos ins Mittelfeld und in der Sturmspitze kam Miroslav Klose zu seinem Startelfdebüt in Brasilien. Löw sieht das neue, alte Modell für die entscheidende WM-Phase aber auch nicht in Stein gemeißelt: "Das hängt vom Zustand der Spieler ab."

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