Hoffen auf eine neue Kati Wilhelm

Ruhpolding · Denise Herrmann wagt den Wechsel vom Langlauf zum Biathlon. Ihr mittelfristiges Ziel ist der Weltcup. Aber der Weg dahin ist mühevoll, weil sie im Schießen keine Routine hat. Dafür ist ihr läuferisches Niveau stark.

 Skilangläuferin Denise Herrmann ist jetzt Biathletin. „Ich musste es tun“, sagt sie. Foto: dpa

Skilangläuferin Denise Herrmann ist jetzt Biathletin. „Ich musste es tun“, sagt sie. Foto: dpa

Foto: dpa

Denise Herrmann hat richtig viel Spaß, und das sieht man. In den sozialen Medien postete die vormals beste deutsche Langlauf-Sprinterin nach ihrem Umstieg zu den Biathletinnen zuletzt amüsante Schnappschüsse aus der Vorbereitung mit dem deutschen B-Team in der Schweiz. "Die Mädels haben mich super aufgenommen. Es macht einfach Spaß", sagt die 27-Jährige mit Begeisterung in der Stimme.

Seit einem knappen halben Jahr kommt nun neben der Schinderei im Ausdauertraining auf Herrmann vor allem eines dazu: das Schießen zu verinnerlichen. Deutschlands Waffenmeister Sandro Brislinger fertigte wie schon für Rekord-Weltmeisterin Magdalena Neuner in akribischer Feinarbeit das Gewehr für die Biathlon-Novizin.

Doch der Umgang mit der Waffe ist nicht so leicht, wie manch einer denkt. Anschlag finden und halten, Ziel anvisieren und treffen - und das bei einem Puls von 180. "Es sieht alles so einfach aus, aber es sind 1000 kleine Schritte, die man genau beachten muss. Das muss ich nach und nach lernen", sagt Herrmann, die bis zum Frühjahr noch bei den Langläufern startete. Biathleten geben pro Saison bis zu 17 000 Schüsse ab. Dadurch entwickeln sich die Routinen, die Herrmann noch fehlen, aber so wichtig sind.

Bundestrainer Gerald Hönig absolvierte die ersten Schieß-Einheiten mit dem neuen Schützling. Sein Eindruck? "Denise ist nicht ganz talentfrei. Ich bin mit der Entwicklung zufrieden, aber wir müssen noch ein paar Monate damit leben, dass sie beim Schießen nicht stabil ist", sagt Hönig. Ein erfolgreicher Wechsel könne bis zu zwei Jahre dauern: "Aber Denise ist insgesamt eine Bereicherung, vor allem was das Laufen angeht. Da tut sie unserem Damenbereich sehr gut."

Dass Wechsel vom Langlauf zum Biathlon zur Erfolgsgeschichte werden können, hat unter anderem Kati Wilhelm bewiesen, die mehrmalige Olympiasiegerin und Weltmeisterin wurde. Warum geht Herrmann das hohe Risiko ein, gewann sie doch mit der deutschen Staffel 2014 in Sotschi Olympia-Bronze und gehörte zur erweiterten Langlauf-Weltspitze? "Mich hat Biathlon einfach schon lange sehr gereizt. Und ich hätte mir mit 35 vorgeworfen, dass ich es nicht versucht habe. Ich musste es tun", begründet Herrmann ihren wagemutigen Schritt. Schon vor vier Jahren absolvierte sie in ihrer Wahlheimat Ruhpolding ein Schießtraining. Damals traute sie sich aber nicht: "Ich war mit 23 nicht bereit, hatte nicht den Mut."

Deutschlands Nummer eins im Biathlon, Laura Dahlmeier, freut sich über die neue Teamkollegin. "Sie ist sehr professionell von ihrer Einstellung. Gerade läuferisch setzt sie Bestzeiten. Es würde mich freuen, wenn sie den Sprung zu den internationalen Rennen schafft", sagt die Präzisionsschützin: "Ich glaube, beide Seiten profitieren davon, wir vor allem von ihrem Laufniveau."

Auf eine Trefferquote wie Dahlmeier von über 90 Prozent will Herrmann auch mal kommen. "Mein langfristiges Ziel ist der Weltcup. In zwei Jahren will ich dabei sein", sagt sie. Großes Ziel sind die Olympischen Spiele 2018 in Pyeongchang. Bei den deutschen Meisterschaften im September, ihren ersten Wettkämpfen, wurde sie Zwölfte im Sprint, Sechste in der Verfolgung und 13. im Massenstart. Jetzt soll sie im IBU-Cup Wettkampfpraxis sammeln. "Das Ziel ist, dass sie dort weiter lernt. Aufgrund ihrer Laufstärke ist Denise eine Athletin, die, wenn sie trifft, für vordere Plätze gut ist", sagt Hönig.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort