Höheres Niveau als bei Olympia

Berlin · Wenn die deutschen Volleyballer bei den Olympischen Spielen in Rio am Start sein wollen, müssen sie ab heute in Berlin auftrumpfen. Doch die Konkurrenz bei dem Qualifikationsturnier könnte größer nicht sein.

Vital Heynen machte seinem Ruf als Trainer der etwas ungewöhnlicheren Art wieder einmal alle Ehre. Vor dem Start des Olympia-Qualifikationsturniers in Berlin ließ der Volleyball-Bundestrainer den Ausgang des so wichtigen Wettbewerbs in einer spontanen und improvisierten Ziehung auslosen - und verglich eine Prognose aufgrund des hochklassigen Teilnehmerfelds sogar "mit einem Affen, der Börsenkurse vorhersagt".

"Das kann ein Turnier der großen Überraschungen werden. Der Zufall wird eine Rolle spielen. Das habe ich versucht, damit zu erklären", sagte Heynen, der seinem Team im Vorfeld der vergangenen EM auch schon mal ein Überlebenstraining verordnete: "Auf dem Zettel sind wir nicht der Favorit. Da kann man nicht sagen, wir schaffen es oder schaffen es nicht." Heute (18 Uhr) startet das deutsche Team gegen Belgien in den Wettbewerb.

Denn die Konkurrenz in der deutschen Hauptstadt könnte stärker kaum sein. Beim Achter-Turnier treten unter anderem Olympiasieger Russland, Weltmeister Polen und Europameister Frankreich an. Nur der Sieger qualifiziert sich direkt für Rio, die zweit- und drittplatzierten Teams erhalten eine weitere Chance bei einem Turnier in Japan im Mai oder Juni. "Es ist das beste Turnier der Welt. Selbst Olympia hat nicht diese Qualität", sagte Heynen. Nach dem Duell mit Belgien folgen die Spiele morgen (18 Uhr) gegen Serbien und am Freitag (20 Uhr/alle bei Sport1 und sportdeutschland.tv) gegen Polen. In der Gruppe B treten Russland, Frankreich sowie die Teams aus Bulgarien und Finnland gegeneinander an. Die beiden Gruppenbesten qualifizieren sich für die Halbfinals am Samstag, das Spiel um Platz drei und das Finale sind am Sonntag.

Aufgrund der knallharten Konkurrenz kommt für Heynen dem Auftakt gegen Belgien bereits eine "entscheidende" Rolle zu. Nur mit einem Sieg kann sich das Team des Deutschen Volleyball-Verbandes wohl weiter berechtigte Hoffnungen auf Rio machen. Bei einer Niederlage wird es schwer, noch einen der ersten beiden Gruppenplätze zu erreichen.

"Wir schaffen es gegen Belgien oder Serbien - oder es ist vorbei. Nach zwei Tagen weißt du es", sagte Heynen. Mit zwei Siegen wäre das deutsche Team aller Wahrscheinlichkeit nach für das Halbfinale qualifiziert: "Der Stress ist vor dem ersten Ball immer am höchsten - diesmal aber besonders."

Helfen soll dem Team dabei vor allem die Erfahrung und der Heimvorteil. Neun Spieler des 14-köpfigen Aufgebotes waren schon 2014 beim Gewinn der WM-Bronzemedaille dabei. Immerhin noch sieben Akteure bestritten bereits 2012 vor den Spielen in London das Qualifikationsturnier, das ebenfalls in Berlin stattfand. Damals schafften die deutschen Herren den Sprung zu Olympia.

Denn nicht zuletzt das heimische Publikum soll das Verletzungspech ausgleichen. Der etatmäßige Kapitän Jochen Schöps (Schultereckgelenksprengung), Robert Kromm (Bauchmuskelzerrung) und Jan Zimmermann (Meniskus-OP) können nicht in Berlin auf dem Felds stehen. Als "wichtigsten Spieler" hatte Heynen im Vorfeld die Unterstützung von den Rängen bezeichnet. "Das Publikum kann durch schwierige Momente helfen. Das ist ein Vorteil", sagte er. Die deutschen Volleyballerinnen haben gleich zum Auftakt der Olympia-Qualifikation in Ankara für eine Überraschung gesorgt. Die Mannschaft von Bundestrainer Felix Koslowski setzte sich gestern in einem spannenden Gruppenspiel mit 3:2 (26:28, 25:22, 25:22, 20:25, 15:11) gegen den EM-Zweiten aus den Niederlanden durch und haben nun eine gute Ausgangsposition für das Erreichen des Halbfinals.

Der EM-Fünfte bestreitet seine letzten beiden Spiele in der Vorrundengruppe A heute (18.30 Uhr) gegen Gastgeber Türkei und morgen (15.30 Uhr) gegen Kroatien. Nur der Turniersieger qualifiziert sich direkt für Olympia in Rio.

In der nur spärlich besuchten Baskent Volleyball Halle in Ankara standen sich gestern in den beiden Trainern langjährige Weggefährten gegenüber. Oranje-Coach Giovanni Guidetti hatte in seiner Zeit beim Deutschen Volleyball-Verband Koslowski als Co-Trainer in seinen Betreuerstab geholt. Gemeinsam führten die beiden die Deutschen 2011 und 2013 jeweils zu EM-Silber. Dann trennten sich die Wege. Als im vergangenen Herbst Guidettis Nachfolger Luciano Pedullà gehen musste, nahm Koslowski auf dem Chefsessel Platz.

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