Höflich, aber gefährlich

Saarbrücken. "Im Ring bin ich eine Drecksau, aber ich will eben der Beste werden", tönt Jürgen Doberstein. Nein, er tönt eigentlich nicht. Diese Worte stehen völlig konträr zu diesem sympathischen Kerl, der am vergangenen Wochenende seinen elften Sieg im 13. Profi-Kampf errungen hat. Der Wahl-Friedrichsthaler ist kein klischeehafter Preis-Boxer, der lauthals Parolen ausschreit

 Jürgen Doberstein hat sich hohe Ziele gesetzt. Der saarländische Profi-Boxer will in den kommenden Jahren um die Weltmeisterschaft bei den Junioren boxen. Foto: Rolf Ruppenthal

Jürgen Doberstein hat sich hohe Ziele gesetzt. Der saarländische Profi-Boxer will in den kommenden Jahren um die Weltmeisterschaft bei den Junioren boxen. Foto: Rolf Ruppenthal

Saarbrücken. "Im Ring bin ich eine Drecksau, aber ich will eben der Beste werden", tönt Jürgen Doberstein. Nein, er tönt eigentlich nicht. Diese Worte stehen völlig konträr zu diesem sympathischen Kerl, der am vergangenen Wochenende seinen elften Sieg im 13. Profi-Kampf errungen hat. Der Wahl-Friedrichsthaler ist kein klischeehafter Preis-Boxer, der lauthals Parolen ausschreit. Doberstein drückt sich - bis auf wenige Ausnahmen - eloquent aus, ist höflich und nicht auf den Kopf gefallen. Doch er weiß auch, dass man als Boxer selbstbewusst und zielstrebig seinen Weg gehen muss, um in den Testosteron-getränkten Hallen bestehen zu können.

Aus Kasachstan nach Spiesen

Ihn überhaupt in die Box-Halle zu bringen, war hingegen eine schwere Geburt. Als Neunjähriger zog er mit seiner Familie von Kasachstan nach Spiesen-Elversberg. Gleich am Tag des Einzugs kam jemand vorbei und lud sie zum Box-Training ein. "Wir sind mitgegangen, aber als ich mir die Sache anschaute, dachte ich nur: Was machen die denn für komische Bewegungen? Da mach' ich nicht mit", gesteht der 22-Jährige seine anfängliche Abneigung gegen den Faustkampf.

Seine Geschwister blieben aber dabei, und mangels Freizeit-Alternativen ging Doberstein zwei Wochen später wieder hin - und war plötzlich fasziniert. Mit zehn Jahren bestritt er sein erstes Duell, welches sein Leben beeinflussen sollte. "Ich habe in der zweiten Runde durch Abbruch gewonnen, und mir wurde klar: Das ist es! Danach habe ich meiner Mutter versprochen, dass ich Weltmeister werde", verrät Doberstein seine kühnen Ziele in jungen Jahren.

In den besagten jungen Jahren hatte er wie einst Muhammad Ali schon einen anderen Namen angenommen - kurioserweise ohne es zu wissen. Eigentlich heißt er Juri, doch seine Eltern ließen ihn beim Passantrag in Deutschland als Jürgen einschreiben. "Bevor sie damals aufs Amt gingen, haben sie mich irgendetwas gefragt. Ich war gerade beschäftigt und hab deshalb einfach ,jaja' gesagt", erzählt der mehrmalige südwestdeutsche Meister schmunzelnd: "Als ich dann mit 16 Jahren meinen Ausweis bekam und Jürgen las, wusste ich zuerst nicht, dass ich das sein sollte."

Nachdem er sich seiner neuen Identität bewusst wurde, entschloss sich der Hobby-Angler, Profi zu werden. Mit 18 hatte er in Heidelberg schon Bundesliga-Erfahrung gesammelt und bewarb sich bei den drei großen deutschen Boxställen: Universum, Sauerland und SES. Sauerland lud den Linksausleger sogleich für ein einwöchiges Probetraining ein. "Nach zwei Tagen unterschrieb ich einen Vorvertrag. Anfang 2008 habe ich dann meinen ersten Profi-Kampf ausgetragen", blickt der Supermittelgewichtler zurück. Unter anderem wurde er von Manfred Wolke in Frankfurt/Oder trainiert. Der hatte immerhin schon Henry Maske zum Weltmeister geformt. Doch ein Streit zwischen Wolke und dem Boxstall sorgte für dessen Abgang. Auch der Kontrakt seines Schützlings Doberstein wurde nicht verlängert.

So zog es ihn Ende 2010 wieder zu seiner Familie ins Saarland - und der Weltmeister-Gürtel rückte in weite Ferne. "Ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Aber ich habe immer an mich geglaubt", sagt Doberstein. Und es ging weiter. Im Sommer bekam er einen Dreijahresvertrag von der "DOG Event und Boxing Company u. K." aus St. Ingbert unterbreitet. Mit seinem Jugendtrainer Sergej Ostrovski und dem neuen Manager Oliver Heib will er nun wieder an seiner Karriere feilen. Nach zwei Siegen in den vergangenen Monaten soll er nächstes Jahr am 26. Mai im St. Ingberter Betzental-Stadion kämpfen. Bei erfolgreichem Ausgang winkt eine WM-Chance bei den Junioren.

Aber das Endziel bleibt ein Titel bei den Herren - schließlich will er der Beste werden. "Ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Aber ich habe immer an mich geglaubt."

Jürgen Doberstein

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