Historischer Meilenstein

Mainz. Wofür nur diese ulkigen Strickmützen? Der nicht endende Altweibersommer macht wärmende Kopfbedeckungen eigentlich überflüssig, doch der moderne deutsche Fußball-Nationalspieler hat offensichtlich ein anderes Temperaturempfinden

Mainz. Wofür nur diese ulkigen Strickmützen? Der nicht endende Altweibersommer macht wärmende Kopfbedeckungen eigentlich überflüssig, doch der moderne deutsche Fußball-Nationalspieler hat offensichtlich ein anderes Temperaturempfinden. Sami Khedira oder Jerome Boateng sorgten mit ihrem modischen Accessoire jedenfalls für einen erhöhten Geräuschpegel unter den jungen Bewunderern vor dem sonnenüberfluteten Domizil am Mainzer Rheinufer, in dem sich die deutsche Auswahl seit Dienstag für die bevorstehenden EM-Qualifikationsspiele gegen die Türkei (Freitag, 20. 30 Uhr in Istanbul) und gegen Belgien (Dienstag, 19 Uhr in Düsseldorf) versammelt hat.Die Abordnung des FC Bayern schlüpfte ohne Toni Kroos durch die verspiegelte Glastür; Münchens Mittelfeldspieler hat eine Grippe ans Bett gefesselt. "Die Entzündungswerte sind zu hoch, so dass er auch in die Türkei nicht mitreisen kann", berichtete Bundestrainer Joachim Löw. Die aus Madrid mitgebrachte Knöchelprellung von Spielmacher Mesut Özil erscheint nicht weiter schwerwiegend, zumal sich Löw nicht mal um den seelischen Ballast sorgt, der auf dem Deutsch-Türken am Freitag im Galatasaray-Stadion lastet: "Teile des Publikums werden wohl wieder pfeifen. Aber wer bei Real Madrid spielt, weiß, was auf einen einbrechen kann. Mesut ist dadurch unheimlich gereift."

Löws Auswahl liegt in der Gruppe A zehn Punkte vor den Türken und zwölf vor den Belgiern und hat bereits die EM-Quartiere gebucht, so dass die Ambitionen von dem Vorhaben getrieben sind, "einen historischen Meilenstein" zu setzen: "Zehn Siege in zehn Spielen - das ist unserer Wunsch."

Der 51-Jährige ist längst reif und routiniert genug, den auf fast allen Positionen tobenden Konkurrenzkampf innerhalb seines 23-köpfigen Kaders als "positiv und förderlich" zu beschreiben. Gut möglich, dass England-Legionär Per Mertesacker nur auf der Bank sitzt, kein Platz für Dortmund-Zauberer Mario Götze ist und auch Bundesliga-Torschützenkönig Mario Gomez nur zuschaut. Denn als Löw über Miroslav Klose sprach, hörte sich das mal wieder so an, dass der 33-jährige Neu-Römer immer noch eine höhere Wertschätzung genießt. "Er kommt auf Wolke sieben eingeflogen. Er fühlt sich wohl in der Stadt und im italienischen Fußball, obwohl das eine gewaltige Umstellung ist", lobte Klose-Fan Löw. Das Duell um den einzigen freien Frontplatz in Löws favorisiertem 4-2-3-1-System geht damit in die nächste Runde, doch Klose als "spielstarker Stürmer" (Löw) besitzt offenbar einen Vertrauensvorschuss, den Gomez sich noch erarbeiten muss. Seinem Arbeitgeber FC Bayern dürfte durchaus gefallen, dass nicht alle FCB-Stars permanent auch bei Löw auflaufen. "Wir werden die Spieler ausgewogen einzusetzen", versicherte Löw, was allerdings nicht heiße, "dass im November beim Freundschaftsspiel in Kiew alle Bayern daheim bleiben". Wäre auch schade wegen der schönen Mützen, die in der Ukraine einen wirklichen Sinn hätten. "Zehn Siege in zehn Spielen - das ist unserer Wunsch."

Bundestrainer Joachim Löw

Hintergrund

Bundestrainer Joachim Joachim Löw will sich im Wettstreit mit der Türkei um hierzulande aufgewachsene Fußballspieler türkischer Abstammung die Dienste von Ilkay Gündogan sichern. Der Bundestrainer plant, den 20 Jahre alten Mittelfeldspieler von Borussia Dortmund nach dessen Einsatz in der deutschen U 21-Auswahl am Donnerstag in der EM-Qualifikation gegen Bosnien-Herzegowina zum A-Team zu holen. Erst mit einem Punktspieleinsatz in der A-Nationalelf am kommenden Dienstag gegen Belgien wäre Gündogan für Deutschland festgespielt. dpa

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